Kapitel 36

Einbrüche und Hochlandhexen

 

Einige der Campingplatz-Touristen, die vormittags das Sportgeschäft von Lairg wegen der polizeilichen Nachforschungen verschlossen gefunden hatten, nutzten jetzt die Gelegenheit, hier einzukaufen. Der Geschäftsführer hatte sich darauf eingerichtet, dass zuweilen auch Kinder geparkt werden mussten und hatte eine Kinder-Sport- und Spielecke eingerichtet.

Niemand hatte bisher entdeckt, wie das mit den Tennisbällen passiert war, denn Hamstilidamst war sofort dort verschwunden. Stattdessen hatte er tolle, schwingende Kletterstangen gefunden. Bei jedem seiner Klimmzüge bewegten sie sich und stießen aneinander – das war klasse. Dann hörte er plötzlich ganz dicht neben sich eine Stimme.

"Oh, das ist ja aufregend! Was für Untersuchungen machst du denn da, Polizeihamster?"

Es war Cilly, die auf Kundschaft für Wanderstöcke wartete und nichts weiter zu tun hatte als diesen Wanderstöcken zuzusehen, wie sie herumhingen. Sie traute sich nicht, den Polizeihamster anzufassen, denn er war ja ganz sicher im Dienst. Tatsächlich näherten sich dort zwei der Scotland Yard-Beamten, und sie huschte auf die beiden zu.

"Meine Herren, Ihr Polizeihamster hat offenbar in den Wanderstöcken eine heiße Spur entdeckt."

"Hä?" fragte Dr. McCoy, aber Lt. Scott schaltete rasch und schnarrte:

"Danke, Madam, Ihr Hinweis ist eine unschätzbare Hilfe."

Leider hatte Hamstilidamst aber inzwischen die Lust an den Kletterstangen verloren, vor allem auch, weil eine aus der Halterung gerutscht und mit ihm auf den Boden gepoltert war. Da vorn war eine Treppe. Er war gerade auf die erste Stufe geklettert, da wurde er in die Luft gehoben. Hamstilidamst blickte in das Gesicht eines kleinen Mädchens. Die Haare des kleinen Mädchens standen wirr in sämtliche Richtungen ab, und es lächelte strahlend.

"Komm, wir rutschen zusammen, Hamster. Das macht Spaß."

Spaß klang gut, rutschen klang gut, darum fiepte Hamstilidamst sein Okay. Das Mädchen hielt ihn vorsichtig fest, kraxelte die Stufen hinauf und stand vor einer kleinen Rutsche. Die Rutsche ging in einen riesigen Behälter mit bunten Bällen. Hamstilidamst fand, das war eine schöne Aussicht. Dann wurde er an die Brust des Mädchens gedrückt, es setzte sich auf die Rutsche, stieß sich ab und segelte in die Masse der bunten Bälle hinein.

Unten angekommen, entwischte Hamstilidamst ihr. Das war wirklich lustig gewesen, aber er verließ sich überhaupt nicht darauf, dass das Mädchen noch einmal rutschte. Er jedenfalls wollte es und wollte sich auf den Weg zur Rutsche machen, aber er ertrank geradezu in den Bällen.

"Oh!" rief das kleine Mädchen. "Hamster, wo bist du? Ha-a-amster!"

Der Ruf brachte McCoy und Scott auf den Schauplatz. Sie erklärten der Kleinen, der Hamster gehöre zu ihnen und sei ausgerissen, ob sie ihn wohl zurückhaben dürften. Aber sicher durften sie das, wenn die Kleine nur gewusst hätte, wo er war. Sie sah zum Schießen aus, ihre Haare standen starr nach allen Seiten ab.

"Eflih!"

Irgendwo aus dem Bällemeer tauchte ein riesengroßer Hamster auf und verschwand sofort wieder.

"Aber…", stieß McCoy verdutzt hervor. "Das war er doch, oder?"

"Die Bälle", grinste der Chefingenieur. "Ihm steht das Fell so ab wie dem Kind die Haare."

"Eflih!"

"Kommen Sie, wir müssen da rein und ihn suchen", sagte Lt. Scott.

"Und hinterher aussehen wie Hamstilidamst."

"Nun stellen Sie sich mal nicht so an."

"Eflih! Kinap!"

Wenn Hamstilidamst "Panik!" schrie, wurde es ernst. Beide Männer kletterten zwischen die Bälle und wühlten herum. Das kleine Mädchen half ihnen. Inzwischen hatte Lt. Spock eine gute Taschenlampe gekauft, folgte seinen Kollegen und sah, was da ablief. Er zog es vor, in sicherer Entfernung zu warten.

Dann beobachtete er, wie ein gut gekleideter Mann sich näherte und mit grimmiger Miene ebenfalls zusah. Cilly verließ abermals ihre Wanderstöcke und trat auf den Mann zu:

"O Sir!" rief sie entzückt. "Ist das nicht aufregend? Die Herren von Scotland Yard dort haben sicher eine heiße Spur. – Sir?!"

Der Man war zusammengezuckt, dann machte er auf dem Absatz kehrt und ging mit raschen Schritten zum Ausgang. Dummerweise übersah er die herumliegenden Tennisbälle und schlug lang hin. Bei Spock wanderte eine Augenbraue in die Höhe. Dies kam ihm merkwürdig vor.

"O Sir!" Jetzt war Cilly bei ihm und fühlte sich schrecklich wichtig. "Ihre Herren Kollegen haben sicherlich eine heiße Spur!"

"Es hat fast den Anschein", gab der Vulkanier nachdenklich zurück und sah zu, wie der gut gekleidete Mann sich aufrappelte und nun schwer humpelnd dem Ausgang zustrebte. "Ich habe keine Erlaubnis zu einer Festnahme, Madam. Sie sollten die örtliche Polizei anrufen."

"O ja, o ja, das mache ich. Ganz sicher finden Sie den Rosaroten Panther!"

Zum Glück eilte sie geschäftig davon und sah nicht, dass Lt. Spock etwas verwirrt guckte: Rosaroter Panther?!

Mittlerweile krochen Scott, McCoy und mehrere Kinder mit abstehenden Haaren zwischen den Bällen umher und suchten immer noch den Hamster. Pille tastete sich systematisch vor, an den Rändern und Ecken entlang. Er fühlte plötzlich einen kleinen, harten Widerstand, aber das konnte ja nicht Hamstilidamst sein. Dann merkte er, dass in dem Widerstand eine Art Knopf eingelassen war, und auf den drückte er einfach mal.

"Ich hab ihn!" schrie in dem Moment Lt. Scott, dann schrie er noch: "He, was soll das denn?"

Der ganze Bällebehälter samt Rutsche glitt etwa einen Meter zur Seite. Die Kinder johlten begeistert! Dr. McCoy schaute über den Rand und entdeckte, dass im Fußboden eine Art Klappe war. Er kletterte hinaus, dann sagte eine Stimme:

"Wenn ich die Sachlage richtig einschätze, Doktor, sollten Sie das besser nicht tun."

"Spock?"

"Die filmbegeisterte Rothaarige ruft gerade die Polizei an."

Die Polizei, die vorhin alles aufgeschrieben hatte, was den Einbruch im Sportgeschäft anging, hatte mit blöden Anrufen gerechnet. Sie hatten Cilly schon bei der ersten Befragung erlebt, und sie war genau die Sorte Frau, die der Polizei mit schwachsinnigen Räuberpistolen den letzten Nerv raubte. Aber als sie in ihrem langatmigen, aufgeregten Geschwätz auch erwähnte, dass der Geschäftsführer sich komisch verhalten hatte und weggegangen war, wurden sie doch hellhörig.

"Eigentlich war es lustig", sagte Hamstilidamst gerade, "aber mein Fell hat sich absolut bescheuert angefühlt und…"

"Scht!" machte Scotty. "Quatsch nicht so viel!"

"Was ist denn los hier?!"

Mit inzwischen wieder geglätteten Haaren warteten die Offiziere auf die Polizei. Die Kinder hatten wahlweise auch die Bodenklappe interessant gefunden, aber Spock hatte sich mit eisigem Gesichtsausdruck mitten drauf gestellt. Er sah nicht aus als ließe er mit sich reden, so dass die Kinder nach und nach abgezogen waren.

"Hier, Constable, die Herren von Scotland Yard…"

"Ach, du lieber Gott!" murmelte Dr. McCoy.

"Der Polizeihamster hat eine heiße Spur gewittert, und sie sind ihr nachgegangen."

"Cilly!" sagte der Polizist. "Ist gut. Lass mich mit den – Herren mal allein."

"O ja, natürlich, Agentengespräch", zwitscherte sie und verzog sich.

"Darf ich fragen, was das soll?" erkundigte sich der Polizist streng.

"Wir sind nur auf der Durchreise", fing Lt. Scott an.

"Wir wollten nur eine Taschenlampe kaufen", fuhr Dr. McCoy fort.

"Korrekt", erklang die kühle Stimme des Vulkaniers. "Wir haben Zimmer bei Ehepaar Grant bekommen, und Mrs. Grant zeigte uns den Ort. Dabei trafen wir auf jene Dame, und Mrs. Grant erlaubte sich den Spaß, uns als Mitarbeiter von Scotland Yard vorzustellen."

"Oh! Verstehe!" sagte der Polizist und grinste flüchtig. "Cilly hat jedes Wort geglaubt."

"Allerdings. Ich muss feststellen, dass wir, als wir das Geschäft betraten, unseren Hamster nicht in der dafür vorgesehenen Box transportierten. Er verließ uns vorübergehend. Wir fanden ihn unter Mühen in diesem – äh – Spielzeug."

"Vermutlich haben Sie alle sehr lustig ausgesehen."

"Er nicht", grummelte McCoy mit Blick auf den Vulkanier.

"Während meine Freund hier suchten, wurden sie von einem Herrn beobachtet, der, wie ich erfahren habe, der Geschäftsführer ist. Die rothaarige Dame trat auf ihn zu und begann zu erzählen, dass wir von Scotland Yard sind und eine – äh – heiße Spur haben. Der Geschäftsführer hatte es daraufhin sehr eilig, das Sporthaus zu verlassen. Das erschien mir sonderbar."

"Ja, und ich habe in der Kiste nach dem Hamster gewühlt, da kam ich in einer Ecke an einen Kontakt. Tja, da habe ich draufgedrückt, und die ganze Kiste glitt zur Seite."

"Ich erinnere mich", sagte der Polizist nachdenklich. "Früher war dies ein Lagerhaus der Eisenbahngesellschaft. Es gab auch einen Eiskeller, aber wir hatten alle angenommen, dass er verfüllt und nicht mehr zugänglich ist. Dies könnte die Ladeklappe gewesen sein. Wenn Sie Recht haben…"

Der Polizist holte Handschuhe aus der Tasche seiner Uniformjacke, streifte sie über, winkte Spock von der Klappe weg und bückte sich. Die Doppelklappe wurde durch ein eingelassenes Schloss verriegelt, und der Polizist sah sich suchend um. Mit raschen Schritten ging Scotty zu einem Regal hinüber, in dem Bergsteiger-Pickel lagen. Er holte einen davon und reichte ihn dem Polizisten.

Der fummelte etwas unbeholfen damit herum, bis der Vulkanier sagte:

"Gestatten Sie?"

Mit einem lauten Krach brach das Schloss, und der Constable sah Spock überrascht an. In dem dünnen Kerl hätte er nicht so viel Kraft vermutet. Beide zogen die Klappe auf, und McCoy leuchtete mit der neuen Taschenlampe in das Loch. Der Polizist stieß einen Pfiff aus.

"Da liegt wesentlich mehr als für den Einbruch heute gemeldet wurde", sagte er. "Meine Herren, um das zu sichern, werde ich Verstärkung anfordern. – Mr. Deen!" rief er und winkte einem Mann zu, der in der Menge der Gaffer stand. "Er ist der Chefverkäufer. – Mr. Deen, sorgen Sie bitte dafür, dass das Haus geräumt wird. Ich fordere hier Verstärkung an."

Mr. Deen rief sofort alle Verkäuferinnen und Verkäufer zusammen, welche die Kunden wie eine Herde Schafe aus dem Geschäft trieben. Der Constable blickte die Fremden lächelnd an.

"Sie können auch gehen. Ich habe es richtig verstanden, dass Sie bei Aileen und Arthur Grant wohnen?"

"Das stimmt. Wenn Sie uns brauchen, können wir den Aufenthalt verlängern."

"Nein, nein, ich komme nur heute Abend vorbei und bitte Sie, dann dort zu sein."

"Kein Problem", erwiderte Scotty. "Die Grants werden sich über die Geschichte freuen, da gehe ich jede Wette ein."

"Die Grants?" grinste der Polizist. "Denen müssen Sie die Szenen haargenau beschreiben. Dann werden die beiden Bilder davon malen, und die gehen in die Geschichte von Lairg ein."

Zehn Minuten war Captain James T. Kirk durch die Gegend gelaufen, wütend und verzweifelt. Wütend war er auf alle – einschließlich sich selber –, die auch nur entfernt mit diesem Auftrag zu tun hatten. Ohne diesen Auftrag, wo könnte er jetzt gerade überall sein? In diplomatischer Mission auf Altair VI, bei einer Verfolgungsjagd auf Orion-Piraten, in einer Raumschlacht gegen Klingonen!

Alles, alles wäre ihm lieber gewesen, denn in jedem dieser Fälle wäre er als Commander auf der Enterprise und nicht dieser Hamsterobertrottel-Bürgermeister, von dem er noch nicht mal den Namen wusste. Und verzweifelt war er, wenn er daran dachte, dass diese Hamsterhohlbirne Befehle gab. Wenn er die Einfälle des einzigen Hamsters, den er näher kannte, hochrechnete, musste auf der Enterprise das blanke Chaos herrschen.

Er fragte sich, ob Hamster Glasfaser fraßen. Wenn sie das taten, würde er seine Enterprise nie mehr wieder sehen. Er wäre hier in Schottland für alle Ewigkeit gestrandet, und die Enterprise würde in dieser Zeit irgendwo herumirren. Sämtliche Relais wären aufgefressen…

"Jim, du bist übergeschnappt!"

Er blieb mitten auf der Straße stehen und schüttelte den Kopf. Die Replikatoren gaben Kekse, Käse und Gott weiß was ohne Ende her. Solange das der Fall war, würde kein Hamster sich an den Kabeln vergreifen. Ganz offenbar drehte er langsam durch.

Er ging zum Bootssteg zurück, aber seine Kollegen waren weg. Nun war Lairg nicht gerade der Ort, wo man einander ernsthaft aus den Augen verlieren konnte. Wahrscheinlich kauften sie ein und brachten die Sachen zu den Grants.

Aber dort war überhaupt niemand. Also suchte er die Straßen ab. Unweigerlich kam er immer wieder am Loch Shinn heraus, und irgendwann sah er sie. Sie sprachen eifrig aufeinander ein, und sie hatten keine Einkaufstüten. Was hatten die Kerle eigentlich die ganze Zeit gemacht?

"He!" rief er. "Habt ihr nicht mal eingekauft?"

"Und?" rief Pille zurück. "Hast du dich wieder beruhigt?"

Da hatten sie einander erreicht, und Kirk wandte sich an Hamstilidamt:

"Fressen Hamster Glasfaser?"

"Bist du zu lange in der Sonne gewesen?" fragte Hamstilidamst entrüstet zurück.

"Also nein?"

"’türlich nicht, du bist wohl nicht ganz gar."

"Dann wäre er zu kurze Zeit in der Sonne gewesen", merkte der Vulkanier an.

"Ha! Ha!" machte der Captain übertrieben.

"Wir haben das Verbrechen inzwischen aufgeklärt, Sir", meldete Lt. Scott.

"Hä?"

"Den Einbruch in das Sportgeschäft, Jim."

"Pille, ich weiß, welches das einzige Verbrechen in diesem Kaff war. Wieso habt ihr das aufgeklärt?"

Sie erzählten es ihm, während sie sich auf den Weg machen, Proviant einzukaufen. Der Captain fand die Geschichte herrlich und ärgerte sich, nicht dabei gewesen zu sein.

"Und wieder sind wir aufgefallen", sagte er, als sie schließlich mit Tüten beladen vor der Haustür der Grants standen. "Wohin könnten wir denn bitte mal gehen, wo wir nicht auffallen?"

"Also, wenn man in Lairg schon auffällt…", fing Scotty an, und Kirk klopfte ihm lachend auf die Schulter.

"Stimmt, dann gibt es in ganz Schottland keinen Ort, an dem wir nicht auffallen. Trotzdem sollten wir morgen früh weiter. Wie wäre es mit der Nordküste?"

"Da wir straßenmäßig von Lairg aus eine große Auswahl haben…", begann Lt. Spock, und der Captain nickte.

"Richtig, es ist vollkommen egal. Aber ich schätze, weiter im Norden werden wir Landschaften finden, die so einsam sind, dass die ganze Enterprise landen könnte, ohne dass es jemand bemerkt."

"Aber Captain, das ist doch unmöglich", stieß der Chefingenieur hervor. "Nur mit Lieutenant Uhura und Chekov an Bord!"

"Scotty, ich habe einen Witz gemacht. Und jetzt schließen wir diese Tür auf und stellen unsere Einkäufe ab. Und dann gehen wir zum Kanu-Schuppen und verdienen uns Geld."

"Ay, Sir", erwiderte Dr. McCoy und nahm zum Spaß Haltung an.

"Hat Hamstilidamst das Gefühl, wir könnten ihn hier allein lassen, während wir Kanus verladen gehen?" fragte Kirk.

"Es klingt langweilig", gab der Hamster zu. "Was wir eingekauft haben, ist viel interessanter."

"Gut, aber mach hier keinen Unsinn."

"Jim, ich mache doch nie Unsinn. Manche Sachen passieren einfach", sagte Hamstilidamst treuherzig.

Abgesehen davon, dass Hamstilidamst sich einmal in den Tiefen des Rucksacks verirrte, ging wirklich alles gut. Es war ja nicht seine Schuld, wenn die Offiziere die angebrochene Kekspackung so weit nach unten packten. Hinterher vergnügte er sich damit, auf dem Einschaltknopf der Taschenlampe zu sitzen und gleichzeitig die Lampe herumzurücken, um einmal das ganze Zimmer auszuleuchten. Wenn die Leute mit dem Blubber-Baby ein Bild hinter Glas an die Wand hängten, so dass der Schein der Lampe ihn plötzlich blendete, dann war das ja auch nicht seine Schuld. Da konnte es eben passieren, dass die Lampe runterfiel und unter das Bett kullerte.

Als die Offiziere vom Kanustapeln zurückkamen, sah jedenfalls alles ganz harmlos aus. Und wenn seine Freunde sich anstellten wie die sieben Zwerge in Schneewittchen, dafür konnte er ja schließlich nicht.

"Wer hat die Taschenlampe weggeräumt?" fragte Spock.

"Wer hat in meinem Rucksack gewühlt?" wollte Kirk wissen.

"Wer hat die Geldscheine durcheinandergebracht?" fragte McCoy.

"Wer hat, verdammich, mein T-Shirt vollgekrümelt?" wetterte Scott.

Hamstilidamst saß auf dem Nachttisch, hörte sich dies blöde Gejammer an, dann stemmte er die Vorderpfoten in die Seiten.

"Und ohne wen hättet ihr das schreckliche Verbrechen nicht aufklären können?!"

"Na ja", gab der Captain zu, "so schlimm ist das alles ja nicht."

"Im Vergleich zu dem…", fing Pille an.

"… was du heute an Polizeiarbeit geleistet hast", setzte Scotty fort.

"Und wo ist die Taschenlampe?" beharrte der Vulkanier.

"Unterm Bett."

"Hast du dort nach Monstern gesucht?"

Hamstilidamst wollte es gerade erklären, da klopfte es an die Tür.

Aileen Grant hatte in einem der Gästezimmer Stimmen gehört. Eigentlich galt ja, dass die B&B-Gäste erst wieder zum Schlafengehen aufkreuzten, aber so war es ihr ganz recht. Der flüchtige Gedanke, den Hamster als Modell zu nehmen, hatte sich festgesetzt. Heute Abend ein paar Skizzen, und sie könnte eine kleine Serie davon machen. Dann könnten die Touristen so etwas als Andenken für die Zimmer ihrer Kinder mitnehmen, und das war vielleicht eine richtig gute Idee.

Auch Hamstilidamst fand, dass es eine richtig gute Idee war. Und da er sich ja vorhin schon begeistert gezeigt hatte, baten die Offiziere jetzt nicht um Bedenkzeit, sondern nahmen Hamstilidamst mit nach unten ins Wohnzimmer.

"Wenn Sie skizzieren, müssen da alle um Sie rum schweigen?" erkundigte sich der Captain.

"Ja, klar, ich gebe immer Pattex aus zum Lippenverkleistern", grinste Aileen. "Nee, natürlich nicht. Erzählen Sie, wie war Ihr Tag in Lairg?"

"Sind Sie schon immer hier im Ort?" fragte Lt. Scott.

"Nein, meine Heimatstadt ist Oban."

"Wo, oben?" fragte McCoy. "An der Nordküste?"

"Oder in Grönland?" fragte sie feixend zurück.

"Die Stadt heißt Oban, Leonard", grinste Kirk, der sich ja schon mal genau so dusselig angestellt hatte.

"So ist es. – Kann ich den Hamster unter die Lampe setzen?"

"Da Hamster ursprünglich Wüstentiere sind, sollte das kein Problem sein", sagte der Vulkanier. Er nahm Hamstilidamst, setzte ihn unter den Lichtkegel und sprach: "Könntest du für ein sehr wichtiges Gemälde eine kleine Weile stillsitzen? Es dauert sicher nicht lange."

"Da wird er ganz sicher drauf hören", sagte Aileen trocken. "Wieso wollen Sie wissen, woher ich stamme?"

"Ich dachte, Sie wissen vielleicht Bescheid, was Sporthaus McBean ursprünglich mal war", meinte der Captain. "Es war ein Lagerhaus der Eisenbahngesellschaft. Und es hatte einen Eiskeller."

"O mein Gott, ist das aufregend!" sagte sie in sehr unglaubhaftem Ton.

"In dem alten Eiskeller kann man sehr schön Dinge einlagern und dann als gestohlen melden."

"Hä?" machte sie und blickte von ihrem Skizzenblock auf.

"Die alte Ladeklappe wurde mit einer Bällekiste – oder wie immer es heißen mag – für Kinder zugestellt", erklärte Spock. "Beim Auslösen eines in der Kiste befindlichen Kontaktes gleitet der ganze Aufbau zur Seite und der Zugang zu dem ehemaligen Eiskeller wird sichtbar."

Aileen saß mit offenem Mund da, ihr Stift zog langsam eine lange Linie über das Papier.

"He, ich sitze hier nicht die ganze Nacht, und pass auf, was du da machst. Du verpfuschst mein wertvolles Gemälde", meckerte Hamstilidamst.

Drei der Offiziere beugten sich vor kümmerten sich sehr plötzlich darum, ob ihre Schuhe richtig saßen. Aileen kam bei dem Gefiepe wieder zu sich, riss das Blatt ab und zerknüllte es.

"Ha-haben Sie den Einbruch aufgeklärt? Wie echte Yard-Leute? Ich krieg die Krise!"

"Ohne Hamstilidamst wäre das überhaupt nicht möglich gewesen", grinste Scotty.

"Ein Superhamster!" stieß sie hervor. "Wow! Magst du Nüsse?"

"Noch nie ’n Hamster gehabt, oder?" fragte Hamstilidamst abfällig zurück.

"Er mag Nüsse", schloss sie aus dem Fiepen. "Warten Sie mal. Und das will ich alles ganz genau wissen."

Wenige Minuten später konnte sich Hamstilidamst mit einer Mischung aus Erdnüssen und Käseplätzchen vergnügen. Während Aileen das vorbereitet hatte, war auch Arthur nach Hause gekommen. Nun konnten die Offiziere ihre Erfolgsstory beiden erzählen und hatten begeisterte Zuhörer. Der Polizist hatte Recht gehabt, sie hielten den ganzen Aufklärungsfall in Bildern fest.

Dabei kümmerte sich Arthur Grant um den wirklichen Ablauf der Geschichte. Aileen gab ihrer Hamsterbilder-Idee eine ganz neue Richtung. Hamstilidamst brauchte nicht mehr Modell zu sitzen. Die Malerin skizzierte das, was er seinen Freunden über das Sporthaus-Abenteuer erzählt hatte: den Aufstieg auf den Wanderstiefel, die Reise im Inlineskater, die Landung in den Tennisbällen, die Flucht in die Bällekiste. Die Krönung war ein riesengroß aufgeplusterter Hamstilidamst, der mit grimmig anklagender Miene auf jemanden zeigte.

Fasziniert und lachend sahen die Offiziere zu, wie eine Zeichnung nach der anderen entstand. Auch Hamstilidamst vergaß ganz, dass er nur ein stinkgewöhnlicher Durchschnittshamster sein sollte. Mit riesigen Augen hockte er auf dem Rand des Tisches und starrte auf die unglaublichen Gemälde, die da von ihm entstanden.

Er bedauerte ehrlich, dass Aileen schließlich aufstehen und sich um Baby Schnucki kümmern musste. Während sie draußen war, klingelte es, so dass auch Arthur aufstand und ging.

"Ist das nicht toll?!" stieß Dr. McCoy begeistert hervor. "Hamstilidamst, du bist ein echter Held."

"Hier, wir sind alle Helden, wir in Hamsterhausen. Aber keiner ist bis jetzt gemäldet worden. Hast Recht, Pille, es ist absolut toll!"

Im nächsten Moment traten alle wieder ein: Aileen mit Schnucki auf dem Arm, Arthur mit dem Polizisten im Gefolge. Constable McBoot warf einen Blick auf den mit Zeichnungen übersäten Tisch und fing an zu lachen.

"Genau das habe ich mir gedacht. Gib ihnen ein Thema, und sie fangen an, Bilder davon zu malen und Figuren daraus zu töpfern."

"Äh, da habe ich noch gar nicht dran gedacht", grinste Arthur. "Das ist ja eine richtig gute Idee. – Meine Herren, Constable McBoot hat sich bei Ihnen angemeldet."

"Setzen Sie sich doch", lud Aileen ein. "Wenn du mal Schnucki nimmst, hole ich Bier für alle. Oder sind Sie noch im Dienst?"

"Auf dem Weg nach Hause. Ich darf ein Bier."

Alle außer Schnucki und Hamstilidamst durften ein Bier. McBoot sah sich die Skizzen an und lachte und lachte. Schließlich sagte er:

"Das Allerbeste wissen Sie noch gar nicht. Zur Ergreifung des Täters wurde eine Belohnung ausgesetzt. Hundert Pfund."

"Hey!" rief Aileen und grinste ihren Gästen zu.

"Vom Geschäftsführer bei McBean", fügte der Polizist hinzu.

"Was?!" stieß Kirk hervor. "Er hat das alles beiseite geschafft, einen Überfall vorgetäuscht, selber die Belohnung ausgesetzt, und jetzt…"

"Und jetzt sitzt er auch selber in der Zelle!" krähte McBoot.

Nachdem sich das grölende Gelächter wieder gelegt hatte, sagte der Vulkanier sachlich:

"Diese Belohnung steht tatsächlich dem Hamster zu, Sir."

"Ay, das stimmt", nickte Scotty. "Wenn der uns nicht mal wieder ausgerissen wäre, hätten wir ihn überhaupt nicht in der Kiste da gesucht."

"Meine Herren, das können Sie halten, wie Sie wollen", kicherte McBoot und blätterte einige Scheine auf den Tisch. "Ich habe keine Ahnung, was Ihr Hamster mit hundert Pfund anfängt, aber ganz bestimmt können Sie für ihn einkaufen ohne Ende."

"Scones!" trompetete Hamstilidamst, und Scotty sagte unwillkürlich:

"Für hundert Pfund Scones?! – Äh, ich meine… Er frisst schrecklich gerne Scones."

"Aber nicht für hundert Pfund", lachte McCoy und steckte das Geld ein.

Am nächsten Morgen beim Frühstück erfuhren sie, dass sie berühmt waren. Und wenn sie es noch nicht waren, so sollten sie es im Laufe des Vormittags doch werden. Das fing damit an, dass Aileen ihnen die Zimmer zwanzig Pfund billiger ließ, denn:

"Dank Ihnen kann ich damit rechnen, Schnucki nach Eton zu schicken", sagte sie.

Arthur führte gerade eine Gabel voll Rührei zum Mund, ließ sie aber auf halbem Wege in der Luft.

"Ist Ihnen das schon mal passiert, dass jemand etwas sagt, und Sie verstehen irgendwas, was absoluter Blödsinn ist?" wandte er sich an seine Gäste. "Ich habe eben verstanden, dass meine Frau damit rechnen kann, Schnucki nach Eton zu schicken."

"Das sagte sie", nickte Spock, der Porridge löffelte.

"He, das sagtest du?!" fragte Mr. Grant fassungslos.

"Eure Künstlerschaft haben sich nicht verhört", gab Aileen zurück. "Ich kann damit rechnen, so reich zu werden wie ein Lordschaft-Spießer, der seine Kids durch all die Schulen laufen lässt."

"Oh!" machte Arthur und aß sein Rührei weiter.

"Na ja, wahrscheinlich eher weniger als eher mehr", schränkte Aileen ein. "Aber ich habe die ‚Weekly’ angerufen. Die haben übermorgen Umbruch. McBean wird natürlich der Aufmacher sein. Da kann ich die Serie unterbringen. Und ich schließe jede Wette ab, das geht überregional."

Die Stabsoffiziere der Enterprise kauten Frühstück und hüllten sich in Schweigen. Sie hatten aber auch nicht die Spur einer Ahnung, was Aileen Grant da eben erzählte. Es schien etwas zu sein, was in dieser Zeit einfach jeder verstehen würde. Arthur nickte ihnen zu.

"Die Weltstadt Lairg hat tatsächlich ein Nachrichtenblättchen, das wöchentlich erscheint. Das hätten Sie nicht gedacht, oder? Wenn Aileen neben dem Bericht die Hamster-Skizzen unterbringen kann, werden meine Tatortdarstellungen vollkommen den Bach runtergehen. Ich versuche es erst gar nicht."

Dem Captain dämmerte, worum es ging. Natürlich war für Lairg der Einbruch in das große Sportgeschäft so wichtig, dass er die Schlagzeilen der einzigen Zeitung am Ort beherrschen würde. Und wenn Aileen…

"Ich habe schon mit Jim telefoniert", sagte sie jetzt, und Jim guckte.

"Tatsächlich?!" fragte er verblüfft.

"Ja, er… Ach, Quatsch, nicht mit Ihnen, das hätten Sie ja gemerkt, oder? Nee, das ist ja kein Geheimnis mehr, und die Aufklärungsgeschichte ist einfach zu gut, um wahr zu sein. Oh, er kommt nachher mal vorbei und macht ein paar Fotos von Ihnen. Wenn die neben die Hamsterbilder kommen, sind wir allesamt schrecklich berühmt."

"Super Idee", nickte Lt. Scott, und die Offiziere wechselten rasche Blicke.

Wenn sie eines nicht gebrauchen konnten, dann waren das Fotos von ihnen in einer Zeitung. Nachdem sie ihre Zimmer bezahlt hatten, gingen sie ziemlich eilig die Treppe hinauf. Zum Glück wollten die beiden Maler sich eifrig damit beschäftigen, ihre Hamster-Skizzen auszuarbeiten, und würden sich gleich auf den Weg in ihre Atelier machen. Die Gäste sollten unbedingt hier warten, bis der Fotoreporter kam.

"An dieser Stelle möchte ich einen voraussehenden Protest einlegen", sagte der Vulkanier, als sie unter sich waren.

"Was, bitte, ist ein voraussehender Protest?" fragte McCoy.

"Jim, wenn Sie wieder per Anhalter reisen, steige ich nicht ein, ehe ich weiß, welche Ladung der Wagen hat."

"Kein Problem. Als ich euch alle gestern gesucht habe, entdeckte ich, dass man hier hinten durch zwei Nebenstraßen zur Hauptstraße kommt. Scotty, Pille, räumt euer Zimmer auf, bringt eure Klamotten her. Zehn Minuten, nachdem da unten die Tür ins Schloss gefallen ist, sind wir hier weg."

"Ey, müsst ihr schon wieder flüchten?" fragte Hamstilidamst aufmüpfig, der sein Frühstück hier im Zimmer eingenommen hatte.

Während Lt. Scott und Dr. McCoy nebenan ihre Sachen zusammensuchten, erklärte der Captain dem Hamster, was ihnen drohte. Hamstilidamst hatte überhaupt keine Einwände, fürchterlich berühmt zu werden.

"Du wirst gewiss berühmt werden", sagte Lt. Spock. "Wir dagegen dürfen hier nicht berühmt werden. Die Bilder von dir kommen in die Zeitung, Aileen wird sie an Touristen aus aller Welt verkaufen. Vermutlich wirst du eines Tages in Hamsterhausen davon hören."

"Okay!" sagte Hamstilidamst. "Dann ist es in Ordnung. Weil ihr ja geheim hier seid, und wenn ihr in die Zeitung kommt, seid ihr nicht mehr agronom."

"Hanno Nühm", korrigierte Kirk feixend, und der Hamster fauchte:

"Verarsch mich nicht!"

Da kamen die beiden anderen herein. Ihr ganzer Besitz wurde in den Rucksack gestopft, und eine Viertelstunde später schlichen sie aus dem Haus. Aileen Grant sollte ihren Hamster-Ruhm haben, sie gönnten es ihr. Aber wenn irgendwo in den Archiven des 23. Jahrhunderts ein Zeitungsfoto der vier Führungsoffiziere des Flaggschiffes der Sternenflotte auftauchte, bekämen sie richtig Ärger.

Sie wanderten an einem Wald entlang, und das war ihnen sehr recht. Schotten waren zäh, und wenn sich einer vornahm, sie auf Biegen und Brechen in die Zeitung zu kriegen, würde man sie womöglich suchen. Sollte das der Fall sein, konnten sie immer in den Wald abtauchen.

In Lairg ergab es sich jedoch, dass zunächst der Reporter zu spät kam. Als er bei den Grants im Haus niemanden traf, versuchte er es im Atelier, blieb bei Aileen und ihren Hamsterbildern hängen und wurde schließlich aufgefordert, es abends noch einmal zu versuchen. Als Arthur Grant schließlich entdeckte, dass das Gepäck der Gäste weg war, war es Nachmittag geworden. Da war klar, dass die Fremden genau das getan hatten, was sie getan hatten: Sie waren abgehauen.

Dass in Lairg bis zum Nachmittag die vier Männer mit Hamster nicht einmal vermisst wurden, konnten jene vier Männer natürlich nicht wissen. Ihr Glaube an die schottische Zähigkeit – immerhin kannten alle den Chefingenieur lange genug – und ihre Angst vor Berühmtheit in dieser Zeit blieb stundenlang ungebrochen. Bei jedem Auto, das sich aus südlicher Richtung näherte, hasteten sie zwischen die Bäume, bis Lt. Scott schließlich sagte:

"Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir ist das zu blöd."

"Der Gepflegtheit der Wege nach ist dies ein Wandergebiet", teilte Lt. Spock seine Beobachtungen mit.

"Also, dann wandern wir doch einfach im Wald weiter. Irgendwo werden wir schon rauskommen", entschied der Captain.

"Dann müsst ihr Beeren und Pilze essen", kündigte eine düstere Stimme aus der Transportbox an.

"He, wir haben gestern Großeinkauf gemacht", sagte McCoy. "Schon vergessen?"

"Außerdem ist noch gar nicht die Zeit für Pilze", meinte der Schotte.

"Du bist ein alter Besserwisser!" meckerte Hamstilidamst. "Ich gehe jetzt schlafen."

"Wird durch einen wunderschönen Wald getragen und geht schlafen", meckerte Scotty zurück.

Jedenfalls bogen sie in den nächsten Waldweg ein und wanderten da weiter. Es war, als wären sie hier vollkommen allein. Die Vögel zwitscherten, einmal flitzte ein Stück vor ihnen ein Wiesel über den Weg, aber Menschen trafen sie nicht. Es war einfach schön. Sie redeten nicht viel, und der Hamster war tatsächlich eingeschlafen.

An einem Bach machten sie Mittagsrast. Nachdem Hamstilidamst hoch und heilig versprochen hatte, die ganze Zeit bei ihnen zu bleiben, durfte er aus der Box. Alle saßen friedlich zusammen und aßen, dann kühlten sie sich im eisigen Wasser des Baches die Füße. Nur Hamstilidamst saß auf einem Stein am Ufer, sah ihnen zu und erinnerte sich, wie er das letzte Mal in Schottland mit Frido und dem Lord im Wald übernachtet hatte. Damals waren all seine Freunde dabei gewesen, und er wünschte, sie wären jetzt auch wieder dabei.

Die ganze Truppe Hamster hier zu haben, wünschten sich die Offiziere ganz bestimmt nicht, aber auch sie dachten mit Sehnsucht an die Enterprise. Fast zwei Wochen und kein Zeichen. Kirk unterdrückte mit Macht den Gedanken an den Hamster-Bürgermeister, der womöglich dort das Kommando hatte. Das hätte ihn wieder zu sehr aufgeregt.

"Ellebil!" schrie Hamstilidamst auf einmal.

"Tatsächlich!" stieß McCoy hervor. "Guck mal, Jim, so eine große."

"Ich vermute, Hamstilidamst fühlt sich angegriffen", sagte der Vulkanier und erhob sich. "Im Vergleich dürfte eine Libelle über seinem Kopf auf ihn die gleiche Wirkung haben als würde auf uns ein Steinadler zufliegen."

"Ay, das kann schon sein", nickte Lt. Scott und dachte an die Eule auf Schloss Dunrobin, die ihm so einen Schreck eingejagt hatte. "Wenn du jetzt noch einmal versprichst, dich hier im Wald nicht irgendwie dünn zu machen, mein Kleiner, nehme ich dich auf die Schulter."

"Und wohin nimmst du mich, wenn ich mich hier im Wald dünn mache?" fragte Hamstilidamst.

"Wenn ich dich dann wieder finde, nehme ich dich übers Knie, damit das klar ist."

"Ay, soweit klar", gab der Hamster zurück.

Von dem Bach aus wanderten sie weiter nach Norden. Es war merkwürdig, dass jetzt Nebel aufkam. Erstens war so dicker Nebel im Wald merkwürdig, zweitens um diese Tageszeit, und drittens war das Wetter überhaupt nicht danach. Aber der Weg nach Norden ging nun mal in den Nebel hinein.

"Wenn es so bleibt, sehen wir besser zu, dass wir wieder Richtung Straße kommen", schlug der Captain vor.

"Da vorn wird es heller. Ich glaube, der Wald ist zu Ende", vermutete McCoy.

"Nein, er setzt sich fort", sagte Spock, der seinen Tricorder herausgeholt hatte, um das festzustellen. "Vor uns liegt ein Sumpf."

"Ich will in keinen Sumpf!" stellte Hamstilidamst sehr entschieden fest.

"Wir wollen alle in keinen Sumpf", gab Scotty zu. "Also sehen wir zu…"

Er verstummte. Alle blieben stehen. Aus dem Nebel tauchte eine Gestalt auf. Es war eine Frau, eine alte Frau. Sie musste sehr alt sein, denn ihr Gesicht war ganz runzelig, und sie war sehr klein. Genau vor ihnen blieb sie stehen und blickte einen nach dem anderen an. Ihre Augen waren ganz unglaublich strahlend blau.

"Verlaufen?" fragte sie mit erstaunlich schöner Stimme.

"Nicht wirklich, Madam", erwiderte Captain Kirk. "Wir wandern einfach nach Norden. Da hier jetzt Nebel aufgekommen ist, wollen wir zur Hauptstraße zurück.

"Wohnen Sie hier?" fragte Lt. Scott. "Hier im Sumpf?"

"Ja, ich wohne hier. Ich bin Frida."

Die Offiziere stellten sich höflich vor, und Frida lud sie zum Tee ein. Hamstilidamst hatte irgendwie ein komisches Gefühl dabei.

"Ich glaube, die ist nicht ganz echt", sagte er leise zu Scotty.

"Was meinst du mit nicht ganz echt?" fragte Frida. "Denkst du, ich löse mich gleich in Luft auf?"

"Siehste, was hab ich gesagt!" stellte Hamstilidamst triumphierend fest. "Und die hat keinen Übersetzer."

"Äh…", sagte McCoy. "Entschuldigung, Madam, aber…"

"Mein Lieber, Sie werden doch von Hochland-Hexen gehört haben", sagte Frida auf sein Gestammel leicht erstaunt. "Ich bin aber eine weiße Hexe."

"Eine weiße Hexe", echote der Captain, und Scott erklärte:

"Das sind freundliche Hexen, Sir. Warum sollen wir nicht ein Tässchen Tee bei ihr trinken?"

"Verstehe ich richtig, dass Sie eine Hexe sind?" erkundigte sich Spock und klang etwas ungläubig.

"Ja, mein Lieber, Sie sind nicht schon wieder von einer Krankheit befallen, und Ihr Gehör ist immer noch besser als das jedes Menschen."

"Ä-ä-ä-ä-bw!" machte Captain Kirk. "Ja, also… Warum sollten wir eigentlich nicht eine Tasse Tee bei Ihnen trinken?"

Nun mochte es in dieser Zeit außer im schottischen Hochland nur sehr wenige Gegenden auf der Erde geben, in denen Menschen an Hexen glaubten. Bei den Enterprise-Offizieren war das anders. Sie waren schon auf Planeten gestoßen, wo die Bewohner wirklich magische Fähigkeiten hatten. Und irgendwo in den Tiefen des Universums gab es eine Rasse von Gestaltwandlern, die von jetzt auf eben eine vollkommen andere Form annehmen konnten.

Die Offiziere selbst verfügten nicht über solche Fähigkeiten, obwohl der Vulkanier ein paar telepathische Tricks auf Lager hatte. Jedenfalls war für sie die Begegnung mit einer Person, sie sich selbst als Hexe bezeichnete, so ungewöhnlich, dass sie noch einmal nachfragten – aber nicht so ungewöhnlich, dass sie es ins Reich der Märchen abschoben.

"Es ist gar nicht weit", sagte Frida freundlich.

"Ich weiß nicht, ich habe das Gefühl, ich gehe durch Watte", sagte Dr. McCoy.

Das Gefühl hatten sie alle, aber sie kamen dabei sehr schnell voran, viel schneller als sie es selbst wussten. Plötzlich war der Nebel wie abgeschnitten. Nun waren sie mitten im Sumpf. Unter ihren Füßen machte das Moor schmatzende Geräusche. Frida drehte sich um und schaute auf die Füße ihrer Gäste.

"Ach, Sie werden wohl zu schwer sein", sagte sie und schnipste mit den Fingern.

Aus dem Morast hob sich ein triefender Holzsteg. Über den konnten sie weitergehen, und nach kurzer Zeit sahen sie, dass der Steg an einem winzigen Häuschen endete.

"Madam, bei Ihrer Einladung haben Sie offenbar die Menge ihrer Gäste unterschätzt", teilte Lt. Spock ihr mit.

"Hm? O ja, aber das macht nichts. Warten Sie bitte hier, ich gehe voraus."

Das tat sie, und endlich traute sich Hamstilidamst, wieder etwas zu sagen.

"Ich weiß, wie Hexen sind. Sie sperrt euch in ihr Gefängnis, und ihr müsst Krötensuppe mit Fliegenpilzeinlage essen. Geht da bloß nicht mit", zischelte er.

"Du kennst dich also aus, ja?" schmunzelte der Captain.

"Ja, natürlich. Jenseits von Hamsterhausen liegt der Zauberwald. Da gibt es eine schreckliche Hexe, ab-so-lut schrecklich! Auf…"

Weiter kam er nicht, sondern machte einmal "Hick!" und verstummte. Die Hexe tat da irgendwas an ihrem Haus. Es gab ein Geräusch, das wie "ftftftftft" klangt. Bei jedem "ft" wurde das Häuschen ein bisschen größer. Der Vulkanier, der genau hinschaute, entdeckte, dass Frida selbst, die vor ihrer Haustür stand, "ftftft" machte. Seine rechte Augenbraue wanderte nach oben.

"Faszinierend", gab er zu. "Frida pumpt offenbar ihr Haus auf."

"Sie sind wohl nicht ganz…", fing Dr. McCoy an.

Aber er sagte das eigentlich nur so, denn er sah schließlich selbst, wie das Haus immer größer wurde. Endlich trippelte Frida ihnen wieder entgegen, lächelte Spock strahlend an und fragte:

"Passt es jetzt?"

"Der Rauminhalt dürfte angemessen sein", erwiderte er.

"Ich hoffe, der Inhalt des Raumes ist auch für eine Teestunde angemessen", sagte Frida und schmunzelte.

Hamstilidamst klammerte sich an Lt. Scotts Ohrläppchen, bis es dem Chefingenieur so wehtat, dass er den Hamster von der Schulter holte und in seine Hände setzte. Hamstilidamst schien wirklich Angst zu haben, aber als sie eintraten, gab es nichts zu sehen, wovor man Angst haben musste. Es war unglaublich gemütlich, blitzsauber, und der Teetisch war gedeckt.

Der Hamster hatte sich in Scotts Hand eingerollt und war sozusagen nicht da. Das war im Moment auch ganz gut so, denn zwei Katzen tobten durch das große Zimmer.

"Meine Mädels", lächelte Frida. "Sie lieben es, wenn ich Gäste habe, dann haben sie immer so schön viel Platz zum Spielen. Bitte setzen Sie sich doch." Dann wandte sie sich zu einer der Katzen um und sagte in strengem Ton: "Mi wää mawa! – Nur damit das klar ist, Schätzchen."

Die Katze guckte nachdenklich, erwiderte: "Weaau!" und trollte sich.

"Und was war das?" erkundigte sich Lt. Scott.

"Ach, ich musste ihr sagen, dass Sie meine Gäste sind und dass wir zu netten Gästen freundlich sind – auch zu Hamster-Gästen. Vielleicht sollten Sie ihn aber doch auf den Tisch setzen und im Auge behalten."

Hamstilidamst krallte sich an den Finger von Scotty und kniff fest die Augen zusammen. Als er doch blinzelte, ließ er den Finger augenblicklich los und blieb vollkommen freiwillig auf dem Tisch sitzen. Hatte er doch richtig gerochen: frisch gebackene Scones. Frida schien eine ganz andere Art von Hexe zu sein als dies Biest im Zauberwald.

Alle saßen gemütlich um den Tisch. Frida schenkte Tee ein, hielt aber plötzlich inne und sah Lt. Spock an.

"Ich fände es höflich, wenn Sie bei Tisch die Mütze abnähmen."

"Es gibt Dinge, an die man sich sehr schnell gewöhnt", erwiderte der Vulkanier und zog die Wollmütze vom Kopf.

"Oh!" sagte Frida belustigt und musterte seine Ohren. "Peter Pan?"

Spock blinzelte einmal und wusste nicht, worum es ging, aber seine Kollegen prusteten vor Lachen. An Hamstilidamst vorbei griff der Captain in die Schale mit den Scones, biss ab und schloss genüsslich die Augen. Das waren die besten Scones seines Lebens – weiße-Hexen-Scones. Dann sagte er vorsichtig:

"Sie wissen eine Menge über uns, Frida."

"Nun ja, bei mir kam ein sehr starkes Gefühl von Sehnsucht nach Freunden an. Das interessierte mich, und so warf ich einen Blick in die Kugel."

"Tatsächlich eine Kristallkugel?!" stieß Scotty fasziniert hervor.

"Sehen Sie auch in die Zukunft?" fragte Dr. McCoy, und der Captain blickte rasch auf.

"An was dachten Sie da so?" gab Frida lächelnd zurück. "Heute um 15.36 Uhr stolpern Sie über einen Stein? – Um 16.12 Uhr lässt ein Vogel einen Klecks auf Ihren Kopf fallen?"

Die Männer schmunzelten, denn an so etwas hatten sie nicht gedacht. Es war Hamstilidamst, der genau das aussprach, woran sie alle gedacht hatten – oder zumindest so ähnlich.

"Wann sehe ich meine Schwester Flecki wieder?"

"Und deinen Freund Goldi und Tuffi und Teeblättchen? Was für ein entzückender Name übrigens, ebenso wie deiner."

"Und wann sehe ich die alle wieder?" fragte Hamstilidamst, denn wenn er etwas wissen wollte, war ein Hamster mit schottischen Vorfahren beharrlich.

"Lassen Sie das!" sagte Frida plötzlich scharf und schaute den Vulkanier an.

"Was ist los?" fragte Kirk alarmiert.

"Ich bin eine weiße Hexe, ich zaubere Freundliches und helfe mit meiner Kraft. Aber", fügte sie streng hinzu, "niemand guckt mir in den Kopf. Haben wir uns verstanden, Vulkanier?"

Spock hob unvermittelt von seinem Stuhl ab und knallte wieder darauf. Er hatte verstanden. Die Hexe hatte gemerkt, dass er eine telepathische Verbindung aufnehmen wollte, und sie hatte augenblicklich die Fronten geklärt. Sein Hintern wusste das jetzt – sein Hirn auch.

"Ich werde also versuchen, Ihnen zu helfen, aber ich muss vorher einiges wissen. Ich weiß, dass Sie mit einem Raumschiff aus der Zukunft gekommen sind und aus irgendeinem Grund nicht zurück können. Möchten Sie mir mehr erzählen?"

"So viel dazu, anderen Leuten in die Köpfe zu gucken", kommentierte Jim Kirk trocken, und Frida lachte.

"Stimmt. Und wenn Ihnen das nicht gefällt, lassen Sie mich doch einen halben Meter in die Luft aufsteigen."

 

Auf und Davon (Kapitel 37) - Landung auf Fernbert-Land