Kapitel 29

Golspie

 

Der Lkw, mit dem die Enterprise-Offiziere in Schottland unterwegs waren, bog in eine Auffahrt ein und kam vor einer Gärtnerei zum Stehen. Einer der Gärtner kam heraus, und der Fahrer stieg aus.

"Hallo, Pete. Gut, dass du es heute noch geschafft hast."

"Hallo, Kev. Ich habe mir verdammt den Hintern breitgesessen auf dem Bock. Wie ist es mit einem Bier nach dem Ausladen?"

"Steht schon kalt, Laddie. – Ich sage Sandy Bescheid, dass sie mit dem Stapler kommt."

"In Ordnung. Ich mache schon mal auf."

Der Fahrer hebelte die Ladetüren auf, dann ging er zurück zum Fahrerhaus und betätigte den Hebel für die Rampe. Als er wieder nach hinten ging und gemütlich wartete, dass die Rampe sich absenkte, hörte er von drinnen ein kratzenden Geräusch.

"Was ist das denn? – Ey, wer bist du denn?!"

Auf der vordersten Sackreihe hockte ein Hamster! Der Hamster stellte sich auf die Hinterbeine und kratzte verzweifelt, wie es schien, an der Laderampe, die schon gar nicht mehr da war. Und weil der Hamster sich an keiner Laderampe mehr abstützten konnte, fiel er einfach um.

"Du armer kleiner Kerl", sagte der Fahrer mitleidig. "Du musst doch in Fort William da reingeraten sein. Und die ganze Zeit in dem Gestank. O Mann, das tut mir echt leid."

Er bückte sich, nahm den Hamster hoch. Der Hamster fiepte kläglich, und Pete hatte ein weiches Herz. Er hatte zu Hause drei Kinder, und jedes Kind hatte einen Hamster. Mit den kleinen Nagern kannte er sich einigermaßen aus. Stundenlang nichts zu futtern, das haute den stärksten Hamster um. In der Gärtnerei gab es unter Garantie etwas.

"Hi, Pete! – Was hast du denn da?"

"Hallo, Sandy. Mir ist ein Hamster zugelaufen. Muss schon seit Fort William im Wagen sein."

"Ach Gott, ist der süß. Der ist völlig erledigt, oder?" fragte Sandy, die mit dem Gabelstapler gekommen war. "Sieh mal, wie niedlich er guckt. Och, mein Kleiner, du hast bestimmt Hunger. Komm mal mit, Pete. Wir geben ihm was zu fressen, und dann überlegen wir, was wir mit ihm machen."

"Ay, das ist nett von dir, Sandy. Ich meine, ich habe ja schon drei, da kann ich…"

Die Stimmen verloren sich in der Ferne. Ganz hinten im Dunkel des Laderaums hatten die Offiziere sich zusammengekauert. Jetzt pirschte der Captain als erster nach vorn und hielt Umschau. Es war schon etwas dämmerig, und niemand war zu sehen. Kirk drehte sich halb nach hinten und winkte den anderen, ihm zu folgen.

Sie hatten nicht den blassesten Schimmer, wo sie hier waren. Viel wichtiger war, dass es viele Büsche gab, hinter denen sie in Deckung gehen konnten. Hamstilidamst hatte ihm versichert, dass er sie schon finden würde, wenn sie nicht zu weit weggingen. In geduckter Haltung rannten sie zu den nächsten Büschen hinüber. Kirk prüfte, ob man sie von der anderen Seite würde sehen können. Wahrscheinlich nicht, und er atmete auf.

Alle atmeten auf und atmeten durch. Die Luft war herrlich. Sie war nicht einfach nur herrlich, weil sie aus dem stinkigen Wagen raus waren – es roch nach Salzwasser. Sie mussten ganz dicht am Meer sein.

"Darf ich immer noch nichts sagen?" fragte Spock.

"Doch, aber ganz, ganz leise", erwiderte Dr. McCoy.

"Was machen die Leute mit Hamstilidamst?"

"Sie werden ihm etwas zu fressen geben und sehr nett zu ihm sein."

"Und dann?"

"Dann wird er ausreißen und zu uns kommen. Bis dahin bleiben wir hier in der Nähe."

"Das ist aber schön", sagte der Erste Offizier zufrieden.

Scott und Kirk wechselten einen verzweifelten Blick. Der Vulkanier war in einem schrecklichen Zustand. Dr. McCoy schenkte sich seine Spitzfindigkeiten. Jetzt war der Vulkanier sein Patient, und noch dazu ein Patient, dem er überhaupt nicht helfen konnte. Der Vulkanier hatte eine Vergiftung des Gehirns, etwas, was es bei Menschen überhaupt nicht gab.

"Ich glaube, wir sollten zu dem Gebüsch da vorrücken", sagte Kirk leise. "Das ist ziemlich dicht und noch nahe genug dran."

"Kommen Sie mit, Spock?" fragte McCoy freundlich. "Wir setzen uns da hin und warten auf Hamstilidamst."

"O ja. Da ist es bestimmt gemütlich."

Wenn Spock es gemütlich haben wollte, konnte er nur schwer krank sein. Vulkanier verweichlichten sich nicht, und vor allem Gemütlichkeit war etwas Unlogisches, womit ein Vulkanier nicht das Geringste anfangen konnte. Vorerst aber verschanzten sie sich hinter dem riesigen Rhododendron-Gebüsch. Sie konnten nur warten, aber der Captain verließ sich unbedingt darauf, dass Hamstilidamst sie finden würde.

Der spielte inzwischen immer noch den Benommenen und hielt ganz still. Aber es war ein echt schwieriges Spiel. Nein, im Ernst, so schwer war in seinem ganzen Leben noch keine Rolle gewesen. Er war ein absoluter Schauspieler-Held. Da stand diese Sandy, mischte Getreidekörner, Mais und Sonnenblumenkerne zusammen. Und er schaffte es, er schaffte es wirklich, ganz teilnahmslos rumzusitzen.

"So, Schätzchen, hier ist was für deine Lebensgeister", sagte Sandy. "Du hast Glück, dass wir hier Hühner haben, sonst könnte ich dir so was nicht anbieten."

Damit nahm sie Hamstilidamst hoch und setzte ihn vor den Napf. Endlich, endlich konnte er sein Spiel aufgeben. Ach, war das lecker! Davon würde er einiges in seinen Backentaschen verstauen und mitnehmen.

"Na, der wird schon wieder", sagte Pete lachend. "Komm, lass uns abladen. Ich nehme ihn nachher mit zu mir in die Koje. Meine Kinder werden sich freuen."

"Das glaubst aber auch nur du", sagte Hamstilidamst zwischen zwei Maiskörnern, und Sandy lachte.

"Das ist wahrscheinlich auf Hamsterisch ‚Dankeschön’. Okay, Pete, gehen wir."

"Äh, ja, Dankeschön, wirklich ehrlich", nuschelte Hamstilidamst verlegen.

Kaum waren die beiden draußen, schob er einiges aus dem Napf in die Backentaschen, dann sah er sich um. Kinderkram, hier rauszukommen. Das Fenster stand einen Spalt offen, und nur Menschen würden sich einbilden, dass da keiner raus oder rein konnte.

Vom Fensterbrett konnte er leicht auf einen Ast springen. Leider war der Ast sehr morsch und brach unter seinem Gewicht ab, aber er fiel in weiche, frisch gelockerte Erde und schüttelte nur einmal kurz den Kopf. Dann rückte er seine Vorräte zurecht, pirschte am Haus entlang und orientierte sich. Da hinten stand der Lkw, dem konnte er durch einiges Gebüsch gut in die Nähe kommen.

"Tockto-o-oak", machte es auf einmal unmittelbar neben ihm. "Tocktockto-oak!"

Ein riesengroßes Untier stellte sich ihm in den Weg. Hamstilidamst starrte empor und sah einen fürchterlichen Schnabel auf sich zukommen.

"Pass auf, ich tu dir nicht, also tu mir auch nichts", sagte Hamstilidamst mit einer Stimme, die fest und tapfer klingen sollte. "Ein Freund von mir ist der Bezwinger des Loch Ness-Monsters. Nur damit du weißt, mit wem du es zu tun hast."

"Tockto-oak", machte das Untier und hob einen mit grauenhaften Krallen bewaffneten Fuß.

Das genügte. Hamstilidamst sauste zwischen den Beinen des Untiers durch, stürzte sich in ein Gebüsch und blieb schwer atmend sitzen. Vorsichtig lugte er zwischen den Zweigen hindurch. Das Untier stand noch da, ruckte mit dem Kopf – dann ging es.

"Ha, so leicht ist es nicht, einen Hamster zu schlagen", fiepte Hamstilidamst hinterher. "Ich brauche nicht immer Jim, ich kann mich auch alleine retten. – Ach so, Jim!"

Da es hier überall von schrecklichen Monstern wimmelte, zumindest wimmelte es von einem, bewegte er sich noch vorsichtiger. Jetzt war er auf der Höhe des Lkws. Sie würden sich, ganz genau wie ein kluger Hamster, hinter Büschen verstecken, aber die Büsche müssten natürlich größer sein. Da hinten war ein Gebüsch, das war so groß wie ein halber Wald. Als er näherkam, drang hinter dem Gebüsch ein wohlbekanntes "Ay, Sir", hervor, und Hamstilidamst machte einen kleinen Hüpfer. Sie hatten auf ihn gewartet!

Sie wussten immer noch nicht, wo sie waren, aber im Moment hatten sie auch das Gefühl, dass ihnen das vollkommen Wurscht war. Die frische Luft nach den langen, stinkigen Stunden tat einfach gut. Hamstilidamst war wieder da und meckerte ausnahmsweise nicht, dass er Hunger hatte.

"Wir müssen mal wieder irgendwo übernachten", sagte Lt. Scott.

"Na, da sollten wir uns nicht zu schnell drum kümmern", grinste der Captain. "Wir stinken allesamt noch wie ein Megamisthaufen. Das sollte erst mal aus den Kleidern raus sein."

"Warum gehen wir nicht spazieren?" fragte Spock milde.

"Ay, das ist eine gute Idee. Solange es noch nicht dunkel ist."

"Es ist bestimmt ganz undunkel, wenn wir aus diesen Riesenbüschen raus sind", vermutete Hamstilidamst, und Kirk betrachtete ihn interessiert.

"Hast du ‚undunkel’ gesagt?"

"Ähä. Nicht mehr richtig hell, aber nicht so dunkel wie hier. Wie nennst du das?"

"Undunkel – auch wenn es das Wort gar nicht gibt."

"Hamstilidamst ist ein Worterfinder", sagte der Vulkanier erfreut.

Dann erhoben sie sich, schauten sich um, ob jemand zu sehen war, und gingen in die Richtung, in der es am undunkelsten war. Sie kamen auf eine riesige Rasenfläche. Hier und da gab es kleine Huckel, da war etwas wie ein großer Sandkasten. Kirk, McCoy und Scott blieben stehen und blinzelten im Terzett.

"Golf", sagten sie gemeinsam.

Tatsächlich war es ein riesengroßer Golfplatz, viel länger als breit. Tagsüber war hier mit Sicherheit einiges los. Die Offiziere hielten sich ein wenig im Schutz von Bäumen und Büschen, aber sie konnten die Fläche ungestört überqueren. Dann hielten alle für einen Augenblick die Luft an: Vor ihnen lag das Meer.

"Warum gehen wir nicht schwimmen?" fragte Spock.

"Wir setzen Sie öfter mal in einen Mistwagen", grinste der Doktor. "Hinterher fangen Sie an, richtig gut Ideen zu kriegen. Und zwar steigen wir da in Kleidern rein. Dann sind wir zwar nass, aber der Gestank ist raus."

Damit konnten alle gut leben. Hamstilidamst, der es für keine gute Idee hielt, schwimmen zu gehen, versprach, am Strand auf den Rucksack aufzupassen. Er setzte sich mitten drauf, stemmte die Vorderpfoten in die Seiten und blickte so drohend, wie er nur konnte. Jetzt sollten sie mal kommen, die Untiere, er würde sich gegen alles verteidigen.

"Kalt, aber herrlich", stellte der Captain fest, als sie im Wasser waren. "Und danach einen schönen langen Strandspaziergang. Ich kriege langsam das Gefühl, ich habe Urlaub."

"Ay, Sir, und ich kann Ihnen auch sagen, wo Sie den machen."

"In Schottland, Scotty, das ist schon bei mir angekommen."

"In Golspie, Sir. Drehen Sie sich mal um. – Da!"

Ein Stück weiter nach Norden erhoben sich die Türme eines gewaltigen Schlosses. Das war, so wusste Lt. Scott, Dunrobin. Dunrobin gehörte den Grafen von Sutherland. Und wenn es denen noch in ihrer eigenen Zeit gehörte, dann gehörte es ihnen jetzt unter Garantie auch. In ihrer eigenen Gegenwart war es das Touristenschloss, aber Scott wusste nicht, ob es das heute auch schon war.

Golfplatz und Schloss, dann war jedenfalls anzunehmen, dass es eine Möglichkeit zum Übernachten gab. Die Offiziere beendeten ihre Wasserplanscherei und wateten gemächlich dem Ufer zu. Irgendwie hatten sie etwas die Richtung verloren, aber da vorn war der Strand, und wenn sie erst dort waren…

"Hamstilidamst ist in Gefahr!"

Das war Spocks Stimme, und die Stimme hatte fast wieder einen normalen Tonfall. Kirk blickte in die Richtung, in die auch der Vulkanier blickte, dann stieß er einen kurzen Schreckensruf aus.

Hamstilidamst, der den Rucksack und sich gegen alles verteidigen wollte, was da kam, war ein bisschen eingeschlafen. Aber plötzlich hatte ihn wildes Gekreisch geweckt, und er war hochgehüpft. Möwen, riesige Möwen auf Futtersuche. Eine hatte Beute entdeckt und kreischend die anderen informiert. Als Hamstilidamst begriff, dass er die Beute war, krabbelte er in Windeseile von dem Rucksack herunter und wollte sich darunter im Sand einbuddeln.

Aber so schnell gaben die Möwen nicht auf. Einige landeten, einige flatterten direkt über ihm. Es war grauenhaft! Jetzt fasste ein harter Schnabel nach einer seiner Pfoten, und er konnte sich nur mit Mühe losreißen. Verzweifelt grub er eine Kuhle, so dass er unter dem Rucksack verschwinden konnte.

Er hatte nicht mal Zeit, um Hilfe zu schreien. Immer wieder zwickte ihn eines dieser Biester. Und dann war er sicher, dass seine letzte Stunde gekommen war. Eine der Möwen holte ihn mit einem kräftigen Ruck aus seiner viel zu kleinen Kuhle. Jetzt schrie er, aber gegen die Möwenschreie kam seine Stimme nicht an. Scharfe Krallen legten sich um seinen Kopf, gruben sich ein. Gerade, als er das Bewusstsein verlor, spürte er noch, dass der riesige Vogel zusammenzuckte, dann wusste er nichts mehr.

"Diese verdammten Biester!" fluchte der Captain. "Wie sieht es aus, Pille?"

"Kann ich noch nicht sagen, sei still", gab der kurz angebunden zurück.

Diesmal war Lt. Scott der Retter gewesen. Das Laufen aus dem Wasser heraus war langsam und mühselig gewesen. Sie hatten alle Angst, zu spät zu kommen. Und dann hatten sie gesehen, wie eine der Möwen Hamstilidamst packte. Wie der Blitz hatte sich Scotty gebückt, einen vom Wasser flachgeschliffenen Stein aufgehoben, kurz über die Flugbahn nachgedacht und den Stein geschleudert. Auf die Entfernung hatte das Geschoss die Möwe nicht ernsthaft verletzt, aber es hatte weh genug getan, dass sie von ihrer Beute abließ.

Dann hatten sie sich endlich frei bewegen können und waren mit Gebrüll auf den Möwenschwarm zugerannt. Nun waren Möwen ganz sicher nicht ängstlich, aber der geballte Angriff von vier Männern hatte sie doch verscheucht. Hamstilidamst lag leblos und blutend da, und der Doktor hatte sich sofort in den Sand gesetzt und ihn untersucht. Jetzt kramte der Captain das kleine Medo-Kit aus dem Rucksack. Nicht anzunehmen, dass der Inhalt für Hamsterbehandlungen gedacht war, aber…

"Ja, gut, Jim, ich brauche was zum Desinfizieren. Und gib mir das Stirnband."

Er brauchte Licht, denn inzwischen war es zu dunkel geworden als dass er noch ordentlich hätte sehen können, was er tat. In dem Stirnband war eine starke Leuchtzelle, und nun konnte er sich die Verletzungen richtig ansehen. Kirk hielt das offene Medo-Kit, so dass der Arzt sich mit allem bedienen konnte, was er hier brauchen würde.

"Nichts Ernstes", sagte er schließlich erleichtert. "Alles nur Fleischwunden. Spock, halten Sie Hamstilidamst mal, damit ich die Hände frei habe."

"Gern, Dr. McCoy. Wird Hamstilidamst wieder gesund?"

"Aber ja, spätestens übermorgen ist er wieder der Alte. Wir müssen sehen, wie er die Schmerzen aushält. Ich kann einem Hamster keines von meinen Medikamenten geben. Eventuell müssen wir morgen zum Tierarzt."

Während er sprach, tupfte er jede einzelne Wunde mit einem Desinfizierungsstäbchen ab. Er würde den Hamster heute Nacht bei sich behalten. Wenn Hamstilidamst aufwachte, jammerte er bestimmt über Schmerzen, und wenn der Arzt sonst nichts anbieten konnte, dann doch Trost und Streicheleinheiten.

Jetzt kamen mit lautem Gebell zwei Hunde an, wunderschöne Border-Collies. Sie stürmten begeistert auf die Gruppe der Offiziere zu, so dass Scott und Kirk sich automatisch schützend vor McCoy und den Hamster stellten. Ein schriller Pfiff, und die Hunde standen. Im Dauerlauf kam ein Mädchen näher, das offenbar zu den Hunden gehörte.

"Hi", grüßte sie und blieb in sicherer Entfernung stehen. "Was machen Sie hier?"

"Macht es dir was aus, deine Hunde zurückzurufen?" fragte der Captain. "Wir haben unseren Hamster hier am Strand zurückgelassen, als wir ins Wasser gegangen sind. Er ist von Möwen angegriffen worden."

"O Mist!" sagte das Mädchen teilnahmsvoll. "Lebt er noch?"

"Ja, wir behandeln ihn gerade."

"Okay! – Sir! Lady! Bei Fuß!" befahl sie streng, und die Hunde, die auf diese Namen hörten, gehorchten augenblicklich. Dann kam das Mädchen näher. "Stimmt das auch?"

"Ja", erwiderte Spock und hielt ihr den immer noch bewusstlosen Hamster hin.

"Mist", wiederholte sie ehrlich.

"Danke", lächelte der Captain. "Geh ruhig weiter. Wir müssen auch los. Brauchen noch eine Unterkunft für die Nacht."

"Ey, warum kommen Sie nicht mit?"

"Wohin?"

"Zu uns. Meine Mum macht B&B. Wir haben vier Zimmer."

"Also… Das ist echt super. Wir packen nur unsere Sachen zusammen, okay?"

"Bingo", gab sie zurück und ging zu den Hunden.

Hastig suchte der Captain den Tricorder, rief die Datei auf, die sie schon so oft befragt hatten, und wollte wissen, was um alles in der Welt B&B war. Als er las, dass es in dieser Zeit und in diesem Land üblich war, für Übernachtung und Frühstück private Zimmer zu vermieten, grinste er breit. Etwas Besseres konnte ihnen gar nicht passieren.

"Ich heiße Tony", stellte das Mädchen sich vor, als sie zu ihr kamen.

"Also Tony, das ist unheimlich nett von dir. Wir sind per Anhalter gekommen und wussten nicht mal so genau, wo wir gelandet sind."

"Kein Problem", gab sie zurück.

Er stellte sich und seine Kollegen vor, und sie kicherte, als sie hörte, dass der Hamster Hamstilidamst hieß. Auch Tonys Weg führte quer über den Golfplatz, weil es von hier aus der schnellste Weg zu ihr nach Hause war. Ihren Eltern gehörte ein schönes, altes Haus mit Erkerfenstern, aus denen helles Licht schien.

Das Haus war so hübsch, dass es Kirk ziemlich unangenehm war, mit mal wieder feuchten Klamotten voll Sand dort aufzukreuzen. Er erwartete nicht, dass ein Mädchen in Tonys Alter – er schätzte sie auf elf Jahre – so etwas besonders kümmerte. Ihre Eltern würden schon eher die Nasen rümpfen.

"Warten Sie hier?" fragte sie. "Ich sage kurz Bescheid."

"Danke, Tony", gab Kirk zurück.

Um das Haus herum war ein Garten. Soweit sie erkennen konnten, blühte es dort wild durcheinander. Sie freuten sich schon darauf, das morgen bei Tageslicht zu sehen. Ein Fenster nahe bei der Haustür stand offen, und jetzt hörten sie Stimmen.

"Ey, wieso bist du schon wieder hier, ey? Du wolltest doch mit den Hunden."

"Hier, war ich auch, also quatsch mich nicht von der Seite an." Das war Tonys Stimme. "Am Wasser waren ’n paar Typen mit ’nem Hamster."

"Dich hat wohl ’n Kühler geküsst!"

"Ey, die Möwen haben sich über den Hamster gemacht. Verletzt! Soweit in deinem Blödschädel angekommen?"

Weiter konnten sie das Gespräch nicht verfolgen, aber sie gingen davon aus, dass dies eine liebevolle Unterhaltung zwischen Bruder und Schwester war. Die Haustür öffnete sich, und eine äußerst gepflegte Dame stand im Türrahmen. Sie sah einmalig gut aus, und Kirk hatte plötzlich das Gefühl, sie zu kennen.

"Guten Abend. Meine Tochter hat Sie als Strandgut gefunden?"

"So kann man es sagen, Madam", erwiderte der Captain und trat vor. "Meine Freunde und ich sind per Anhalter gekommen. Bevor wir uns Zimmer suchten, wollten wir noch ins Meer. Tja…"

"Und da ist Ihr Hamster angegriffen worden? Ich vermute, Sie haben ihn heldenhaft gerettet?"

"Ja, das haben wir, und äußerst heldenhaft noch dazu", grinste Kirk, denn ihm gefiel die Art, wie sie sprach. "Leider sind wir alle ziemlich feucht und ziemlich sandig."

"Er kommt zu sich", war die Stimme von Dr. McCoy zu hören, und die Dame trat näher.

"Was für ein Häufchen Elend. – Wenn ich es mir recht überlege, gilt das für Sie alle. Ich bin Cora MacLean. Bitte kommen Sie doch herein."

Von Lt. Scott war ein tiefes Durchatmen zu hören – und nicht nur von ihm. Als sie in den Flur und ins helle Licht traten, studierten die Offiziere unwillkürlich das Gesicht ihrer Gastgeberin.

"Brian!" rief sie, entschuldigte sich und ging in das nächste Zimmer.

"Brian, Sohn der Cora", murmelte Kirk. "Das ist doch kein Zufall."

"Und die grünen MacLean-Augen", murmelte Scotty hinterher. "Also, das ist mir jetzt etwas unheimlich."

Patrick MacLean war Captain in der Sternenflotte und ein guter Freund von Kirk. In den ersten Ausbildungsjahren waren die beiden unzertrennlich gewesen. Kirk war oft bei den MacLeans in Los Angeles zu Besuch gewesen, Admiral Brian MacLean und seiner Frau. Die Mutter des Admirals war damals schon eine alte Dame gewesen, ebenfalls Captain, und ihr Name war Cora gewesen. Wie sie erzählt hatte, war sie nach ihrer Ururgrossmutter genannt worden.

Jetzt standen die Enterprise-Offiziere feucht und schmutzig im Flur des Hauses jener Ururgroßmutter. Und jetzt kam Brian, gefolgt von Tony. Er grüßte nur, und die Kinder gingen die Treppe hinauf. Die Offiziere sahen ihm gebannt nach. Wenn sie das richtig verstanden, war dieser freche Bengel der Ururgroßvater von Admiral MacLean.

"Es ist auch etwas unheimlich. Ich war mal mit seinem Urgroßenkel auf Sauftour", sagte Dr. McCoy leise.

"Ooooh!" jammerte es in seiner Hand. "War ich auch auf Sauftour?!"

"Schsch!" zischte der Doktor. "Du bist schlimm verletzt, mein Kleiner. Bleib einfach ruhig liegen, dann wird es wieder gut."

Jetzt kam die heutige Cora MacLean zurück und bat die Offiziere in die Küche. Sie wollte diesen sandverklebten Jeans nicht gerade ihr Wohnzimmersofa anbieten, aber die Männer sahen aus, als könnten sie etwas zu essen gebrauchen. Auf dem Herd stand eine Pfanne mit Rührei, daneben wurde Toast vorbereitet, und im Boiler würde gleich das Wasser für den Tee kochen.

Kurze Zeit später setzten sie sich zum Essen. Cora MacLean übernahm inzwischen Hamstilidamst und fing an, ihm vorsichtig mit einer feinen Bürste das Fell sauberzumachen. Kirk blickte lächelnd zu ihr hinüber. Immer geschäftig, immer praktisch, immer mit hervorragendem Überblick. Diese Cora hatte Captain Cora MacLean mehr vererbt als die katzengrünen Augen.

Der Ururgroßvater des künftigen Admirals MacLean bereitete inzwischen gemeinsam mit seiner Schwester Tony die Zimmer vor. Sie arbeiteten zügig, vergaßen dabei aber nicht ihren üblichen Austausch von Freundlichkeiten. Satt und müde kamen die Offiziere die Treppe hinauf, da hörten sie Brian sagen:

"Und dass du zur Hundeprüfung mitkommst, das kannst du total streichen, das sage ich dir", worauf seine Schwester giftete:

"Kein Problem, dann hast du gestern zum letzten Mal bei den Falknern mitgemacht. Für dich quatsch ich mir da doch nicht noch mal den Mund fusselig."

"Falkner?" fragte der Captain interessiert und lehnte sich an den Türrahmen. "Meinst du eine richtige Jagd mit Falken?"

"Boa, nee, Schrott. Aber oben im Schloss richten wir Raubvögel ab. Show für die Touris."

"Ich kann Sie mal mitnehmen", bot Brian an.

"Vergiss es!" fauchte Tony und zog die Bettdecke mit einem letzten heftigen Ruck glatt. "Fertig. Was macht der Hamster?"

"Sehr gut geht’s ihm nicht", erwiderte McCoy. "Mal sehen, wie die Nacht wird. Ihr habt doch bestimmt einen Tierarzt, oder?"

"Ey, logo", sagte Brian. "Hier ist nicht nur Golf, falls Sie das denken."

"Ich denke, wir würden gern schlafen gehen", schlichtete der Captain. "War ein ziemlich lausiger Tag, bis wir Tony getroffen haben."

"Tja", machte sie spitz, streckte ihrem Bruder die Zunge heraus und schob ihn aus der Tür. Dann drehte sie sich noch einmal um. "Die nächsten drei Zimmer hier den Gang runter."

Die Enterprise-Offiziere saßen nicht mehr lange zusammen, bis jeder den Gang runter in sein Zimmer ging. Sie waren in Golspie, weit weg, wie sie entdeckt hatten, von Fort William. Hier kannte sie niemand, sie würden keinem über den Weg laufen. Sie mussten sich auch keine besonderen Rollen für sich selbst ausdenken. Der Zimmerpreis war nicht hoch, Cora MacLean hatte ihnen gesagt, dass sie auch für zwei oder drei Nächte bleiben konnten.

Was den Ort anging, so mochte er klein sein, aber für Gelegenheitsarbeiten gab es bestimmt reichlich Möglichkeiten. Wo ein Golfplatz war, da gab es auch stundenweise Arbeit. Das war in ihrer eigenen Zeit so, das war ganz sicher jetzt auch so. Außerdem mussten sie abwarten, wie es Hamstilidamst ging. Wenn sie wirklich weiter wollten in eine noch abgelegenere Gegend, dann musste der Hamster wieder fit sein.

Dr. McCoy hatte keine sehr angenehme Nacht. Hamstilidamst hatte wirklich Schmerzen, und das ließ er den Rest der Welt auch wissen. Der Arzt kam sich vor wie in der Steinzeit oder noch früher, aber er konnte nur die primitivsten Möglichkeiten einsetzen. Er hätte die Wunden gern gekühlt, wusste aber nicht, ob ein Hamster dann womöglich unterkühlte. Also verbrachte er viel Zeit damit, auf die Verletzungen zu pusten.

"Am Kopf ist es richtig fies", klagte Hamstilidamst. "Wie kann man bloß so gemein sein?!"

"Wird es nicht besser, wenn ich darauf puste?"

"Und da oben fliegt das Wehweh? Ich bin doch kein Baby. Es fliegt kein bisschen, das Wehweh, es klebt wie drei Tage alter Kaltleim, wo die Schraubzwinge noch drauf sitzt. Es tut WEH!"

"Was ist mit Kamille?"

"Ich trinke keinen Kamillentee, ich hab doch nix mit dem Magen!"

"Grrrm! Ist es für dich als Hamster in Ordnung, wenn ich deine Wunden mit Kamillentee wasche?"

"Äh?" machte Hamstilidamst erstaunt. "Kräuterheilkunde? Macht ihr das auch?"

"Aber klar. Heilkräuter sind doch dazu da, dass wir sie zum Heilen nehmen. Es verträgt nur nicht jeder alles."

"Kamille ist okay."

Aber das konnte McCoy erst für den nächsten Morgen versprechen. Er konnte ja nicht gut in einem fremden Haus herumspuken und die Küchenschränke nach Kamille absuchen. Schließlich wurde Hamstilidamsts Gejammer aber immer leiser und undeutlicher. Er schlief ein, und der Doktor nutzte die Gelegenheit, ebenfalls zu schlafen.

Zwei Zimmer weiter saß Lt. Spock am offenen Fenster und brauchte ebenfalls sehr lange, bis er Schlaf fand. In seinem Kopf herrschte ein merkwürdiges Durcheinander. Sein vulkanischer Verstand machte sich alle Mühe, wieder an die Oberfläche zu kommen, aber die Gedanken, die Spock wirklich dachte, waren sehr simpel. Irgendwie ahnte er, dass etwas nicht in Ordnung war, und irgendwie wusste er auch, dass er sich selbst helfen konnte. Er kam nur nicht darauf. Es war alles sehr verwirrend.

Aber auch er schlief endlich ein, und am nächsten Morgen sah die Welt ganz anders aus. Besonders, wenn man aus dem Fenster guckte. Der Regen, von dem sie gestern im Lkw nichts mitgekriegt hatten, war jetzt in Golspie angekommen. Wie es aussah, würde es eher ein Ruhetag für die Offiziere werden.

"Morgen! Morgen! Morgen! Morgen!"

Das war ihr Weckruf, und er wurde von je einem Faustschlag Tonys an jede Tür begleitet. Dr. McCoy drehte sich knurrend im Bett um, Lt. Spock reagierte überhaupt nicht, aber die beiden anderen waren sofort aus ihren Betten.

"Grrm, verdammt", grummelte Kirk, als er aus dem Fenster in den Regen sah.

"Ay, was für ein herrlicher schottischer Tag", sagte hingegen Lt. Scott, als er aus dem Fenster seines Zimmers blickte.

"Frühstück in einer halben Stunde!"

Diesmal stand Tony einfach mitten auf dem Flur und brüllte die Botschaft in die Gegend. Lt. Scott öffnete seine Tür

"He, hast du keine Schule?"

"Kommen Sie vom Mond? Doch nicht vor dem Frühstück!"

Damit drehte sie sich um und verschwand nach unten. Jetzt kam auch der Captain heraus und machte sich auf die Suche nach dem Bad. Die Tür gegenüber seinem Zimmer führte in ein Büro, und er wollte sie rasch wieder schließen. Dann blieb er aber stehen und sagte:

"Scotty, kommen Sie."

Der Chefingenieur ging rasch hin, denn Kirks Stimme hatte sehr merkwürdig geklungen. Gegenüber der Tür stand ein Schreibtisch, über dem Schreibtisch hing das Foto eines Mannes in Uniform. Es war das Gesicht von Admiral Brian MacLean.

"Das Bad ist zwei Türen weiter. Guten Morgen", sagte Cora direkt hinter ihnen.

"Entschuldigen Sie bitte", stammelte Kirk.

"Tony hätte es Ihnen sagen sollen."

"Madam, verzeihen Sie, aber… Wer ist der Mann auf dem Foto?"

"Mein Mann Patrick. Er ist bei der Royal Airforce und dienstlich unterwegs."

"Er hat die gleichen grünen Augen wie Sie. Ist das hier so häufig?"

"Nein. Wir sind beide MacLeans, aber aus unterschiedlichen Linien. Es sind die MacLean-Augen, wissen Sie."

"Ich weiß", lächelte Lt. Scott, dann räusperte er sich rasch. "Ich – habe davon gehört."

"Ah ja. Jedenfalls ist das Bad dort, und Sie können dann zum Frühstück herunterkommen. – Was ist mit Ihren Freunden? Langschläfer?"

"Scotty, ab ins Bad. Ich sehe mal nach den beiden."

Zuerst schaute er bei Dr. McCoy hinein, und weiter kam er auch nicht mehr. Der Arzt blinzelte verschlafen, Hamstilidamst dagegen machte schon wieder ein ganz zufriedenes Gesicht. Als er sah, wer hereinkam, jammerte er aber augenblicklich los:

"Alles tut mir weh, Jim. Pille wollte meine schweren Wunden mit Kamille auswaschen, und jetzt liegt er hier rum und pennt, der faule Sack. Alles wird sich entzünden, und ich werde Fieber kriegen und sterbenskrank sein und ins Krankenhaus müssen. Dann werdet ihr mich verlassen, und ich werde verhungern. Und wenn wir gerade von Hunger sprechen…"

"Warum habe ich das Gefühl, dass es dir schon wieder ganz gut geht?" unterbrach Kirk. "Komm, Pille, aufstehen, waschen, anziehen, Frühstück."

"Ja, Papa", knurrte McCoy. "Hörst du diesen respektlosen Hamster? Er nennt mich tatsächlich Pille. Das hat er von dir."

"Äh? Jim nennt dich doch auch Pille!" beschwerte sich Hamstilidamst.

"Das darf aber auch nur Jim. – Na ja, und du, mein Kleiner. Jim, kann der Erste, der runtergeht, Mrs. MacLean mal bitten, Kamillentee aufzusetzen? Zur Desinfizierung und Beruhigung sollte das jetzt reichen, aber ich sehe mir die Wunden gleich noch mal genau an."

"Bad ist frei!" rief Lt. Scott von draußen und polterte gegen die Tür.

Kirk ging hinaus und gab den Auftrag des Doktors weiter, dann verschwand er selbst im Badezimmer. Schließlich waren alle um den Frühstückstisch versammelt. Die Kinder waren inzwischen zur Schule aufgebrochen, Mrs. MacLean hatte ihnen gesagt, sie gehe einkaufen, und am Abend könnten sie wiederkommen. Damit war das B&B-Prinzip klar, wonach dies kein Hotel war, in dem man sich auch tagsüber aufhalten konnte. Es gab nur Übernachtung und Frühstück.

Also mussten sie aus den Räumen raus und entschieden, Schloss Dunrobin einen Besuch abzustatten, bevor sie hier wieder Gelegenheitsarbeit suchten. Daher blieben sie nur, bis Hamstilidamsts Wunden mit Kamillentee abgetupft waren. Das einzige, was sie von ihren Habseligkeiten in Fort William gelassen hatten, war der Wiegewander-Transporter. Da Hamstilidamst noch nicht kräftig genug war, den ganzen Tag auf irgendeiner Schulter zu sitzen, wurde vor dem Schlossbesuch eingekauft.

Bei dem Wetter bekam jeder eine Schirmmütze, und Hamstilidamst bekam eine Transportbox aus durchsichtigem Plastik mit großen Luftlöchern, so dass er sich die Landschaft ansehen konnte. Er fühlte sich noch nicht besonders und döste viel vor sich hin. So sah nicht er das große Schild, sondern Lt. Scott blieb davor stehen.

"Wenn wir von Geldverdienen sprechen wollen…"

"Hm?" machte der Captain, der damit beschäftigt war, sich über das Wetter zu ärgern.

"Sehen Sie mal. Heute Nachmittag Amateur-Golfturnier."

"Oh!" rief der Captain und wurde munter. "Anmeldung bis heute Mittag. Also, wie gut sind wir in Golf? Mitmachen kann ich, aber wenn wir einen Preis gewinnen wollen…"

"Wenn der Preis ein Silberteller ist, können wir damit auch nichts anfangen", meinte Dr. McCoy. "Es muss schon Geld sein."

"Ich kann das aber nicht", bemerkte der Vulkanier.

"Brauchen Sie auch nicht, Spock", sagte Kirk beruhigend. "In Fort William habe ich gar kein Geld verdient, und Scotty und Pille nur sehr wenig. Wissen Sie noch, da haben Sie das meiste verdient."

"Ich war der Fürst der Hölle", verkündete Spock. "Das hat Spaß gemacht."

"Das glauben wir Ihnen", erwiderte Dr. McCoy.

"Und ich war der Höllenhamster", tönte es aus dem Transporter. "Das hat auch Spaß gemacht."

"Dann hatten wir beide viel Spaß", nickte Spock zufrieden.

Der Captain biss sich auf die Lippen. Was sein Chefingenieur gesagt hatte, stimmte vollkommen. Die gesamte Crew hatte immer darauf gewartet, dass Spock sich endlich benehmen würde wie ein Mensch. Jetzt tat er es, und es war schrecklich. Aber sie durften ihn das nicht spüren lassen, und darum sagte er munter:

"Gucken wir doch erst mal, wo wir uns anmelden müssen. Ich glaube, Scotty und ich, oder?"

"He, wieso ich nicht?!" protestierte der Arzt.

"Weil du vielleicht irgendein Papier zeigen müsstest, auf dem drauf steht, dass du es bist. Das riskieren wir gar nicht erst."

"Mist", brummte McCoy. "Einmal spiele ich die Krankenschwester, einmal darf ich gar nichts machen. Irgendwann werdet ihr mich nicht mehr mit essen lassen."

"Das ist Folter, das gilt nicht", kam es entrüstet aus dem Transporter.

"Keine Angst, so schlimme Strafen verteilen wir nicht", beruhigte der Captain ihn.

Sie suchten und fanden den Eingang zum Golfplatz und das Büro, in dem sie sich zum Turnier anmelden mussten. Die Anmeldung kostete ein Pfund, aber wenn einer von ihnen den ersten Preis nach Hause trug, wären das 500 Pfund. Der Captain und sein Chefingenieur fassten entsprechende Pläne. Mit einem solchen Betrag hätten sie hier ausgesorgt.

Jetzt machten sie sich auf den Weg nach Dunrobin. Es war eine kleine Wanderung, fast immer mit Blick auf das Meer, und bis sie am Schloss ankamen, hatte der Regen wieder aufgehört. Lt. Scott war der einzige, der dies Schloss kannte und hatte schon mehrmals "Ay!" gesagt, als sie sich genähert hatten. Es hatte sich offenbar nicht sehr verändert - besser gesagt, es würde sich nicht sehr verändern bis in ihre Gegenwart.

"Ay!" machte Scott wieder, als sie den Eingang erreichten, und er grinste breit.

Vor dem Eingang dieses beeindruckenden Schlosses stand ein Dudelsackpfeifer. Wenn man Scotts Miene richtig deuten wollte, würde der Dudelsackpfeifer in 200 Jahren immer noch da stehen und die Touristen begrüßen. Gerade war ein Reisebus vorgefahren, dem eine große Menge Japaner entstiegen. Alle fotografierten den Dudelsackspieler, und die Offiziere drängten sich durch die Masse.

"Nur Schloss oder auch Gärten?" fragte der Captain, der die Preistafel studierte.

"Gärten auf jeden Fall!" stieß Lt. Scott hervor. "Das müssen Sie gesehen haben."

In Erwartung eines großen Geldregens nach dem Golfturnier gönnten sie sich die Besichtigung von Schloss und Gärten. Der Transporter mit Hamstilidamst wurde so gehalten, dass er möglichst nicht zu sehen war, weil die Männer nicht wussten, ob sie ihn überhaupt mit rein nehmen durften. Außerdem war Hamstilidamst wieder eingeschlafen und machte sich zum Glück nicht bemerkbar.

Die Räume des Schlosses waren so eingerichtet, wie irgendwann in der Vergangenheit die Lords of Sutherland gelebt hatten. Der Captain schickte verschiedene Dankgebete zum Himmel, dass Hamstilidamst in seinem Transporter lag und schlief. Er selbst fand das alles sehr interessant, aber er malte sich lieber nicht aus, wie interessant Hamstilidamst das gefunden hätte, wenn er topfit gewesen wäre. Wahrscheinlich hätten sie ihn nie wieder gefunden…

"Scotty!"

Kirk wusste gar nicht, wie oft er seinen Chefingenieur schon zum Weitergehen ermahnt hatte. Dicht hinter ihnen folgte eine Schar schnatternder Japaner, die regelmäßig daran gehindert werden mussten, mit ihren Kameras ein Blitzlichtgewitter auf die historischen Räume abzuschießen. Der Captain hatte keine Lust, von denen eingeholt zu werden.

Dann zeigte ein Hinweisschild auf Shop und Imbiss, und weil sie nicht wussten, wann sie wieder etwas zu essen bekommen würden, schlugen sie die Richtung ein. Nachdem das Schloss erst vor kurzem geöffnet hatte, waren sie heute die ersten im Shop, wurden sehr freundlich begrüßt und beobachtet, als sie sich alles ansahen.

"Sieh dir diesen Kitsch an", murmelte Dr. McCoy. "Kauft das jemand?"

"Wenn nicht, würde der Laden wohl nicht laufen", gab der Captain zurück.

Er behielt Spock im Auge, der sich hier alles sehr interessiert betrachtete. Der Vulkanier nahm ein sonderbares Halbkugelgebilde in die Hand, in dem eine Miniaturausgabe des Schlosses steckte. Als er die Kugel bewegte, sah man, dass sie mit Wasser gefüllt war und kleine weiße Flocken wie Schnee aufstoben. Spock schaute etwas verwirrt, dann schüttelte er, und in der Kugel gab es Schneegestöber.

"Das möchte ich haben!" sagte er begeistert.

"Spock, für unnütze Sachen haben wir gar kein Geld", mahnte Dr. McCoy ihn. "Sehen Sie mal, hier ist ein sehr schönes Stück Seife, das wirklich gut riecht. Das können wir kaufen."

"Unser Doktor", murmelte Lt. Scott. "Hauptsache, die Hygiene stimmt."

Dann brachen die Japaner über den Shop herein, und die Offiziere diskutierten nicht länger. Sie kauften die Schüttelkugel und die Seife, dann flüchteten sie in den Imbiss. Dort tat ein Schild kund, dass es täglich eine andere Suppe gab. Heute war Möhrensuppe im Angebot, und Dr. McCoy grummelte. Die gesunde Ernährung hörte für ihn da auf, wo es ihm nicht schmeckte.

Aber es war die einzige warme Mahlzeit, und die Suppe war nicht teuer. Tatsächlich war die Suppe sehr lecker und sehr viel besser als alles, was Dr. McCoy in seinem Leben als Möhrensuppe kennen gelernt hatte. Ehe die Japaner auch diesen Ort überfluteten, kauften die Offiziere noch einige abgepackte Scones und Shortbread, dann gingen sie hinaus.

"Hier geht es in die Gärten runter", wusste Lt. Scott. "Aber da ist auch so eine Art großer Balkon."

"Ich habe Hunger!" erklang ein festes Fiepen aus dem Transporter.

"Das trifft sich gut, wir haben für dich eingekauft", sagte Dr. McCoy.

Sie waren Lt. Scott in Richtung einer großen Terrasse gefolgt. Es war eine gute Gelegenheit, den Transporter zu öffnen und Hamstilidamst etwas von den Keksen zu geben. Aber dann vergaßen sie es bei dem Anblick, den sie von der Balustrade der Terrasse hatten.

Unter ihnen lagen große, wunderschöne Gartenanlagen, und direkt dahinter erstreckte sich das Meer. Für einige Augenblicke raubte es ihnen die Sprache.

"Was ist denn nun mit meinem Hunger?" fragte Hamstilidamst, der sich vorerst für nichts Anderes interessieren konnte.

"O ja, klar", sagte der Captain.

Er hatte die Einkäufe in den Rucksack gesteckt, den er jetzt abnahm und auf die steinerne Balustrade stellte. Hamstilidamst wurde aus dem Transporter gelassen, bekam ein Shortbread und war bereit, sich während des Essens die Landschaft anzusehen. Inzwischen schien wieder richtig die Sonne, die Blumen unten leuchteten, das Meer dort hinten glänzte und flimmerte.

"Das sieht echt stark aus", kommentierte der Hamster.

"Ay, das tut es", erwiderte Lt. Scott mit einem Stolz als sei dies sein Schloss.

"Ey! Das ist mein Keks!"

Der Captain drehte sich um und sah, dass aus dem Nichts ein Eichhörnchen aufgetaucht war und Hamstilidamst den Keks geklaut hatte. Spock griff sich den Hamster schnell, ehe der anfangen konnte, das Eichhörnchen zu verfolgen.

"Es sind noch ganz viele Kekse da", sagte er. "Du sollst mit deinen schweren Verletzungen keine Eichhörnchen jagen."

"Wenn noch ganz viele Kekse da sind… Dann bin ich großzügig", sagte Hamstilidamst, dann schrie er hinter dem Eichhörnchen her: "Ey, hau ab mit dem Keks, ich nehme den gar nicht mehr, wenn du den vollgesabbert hast. Ich kriege hier was viel Besseres!"

"Übermäßig krank kommt er mir nicht mehr vor", kommentierte der Captain. "Und jetzt gehen wir mal runter. Hamstilidamst, in die Box."

"Nö!"

"O doch!"

"Nö!"

"Da unten sind doch auch die großen Vögel…", begann Lt. Scott.

Hamstilidamst saß in der Box und klappte selbst das Türchen zu, ehe einer der Offiziere "Butterkeks" sagen konnte. Der Captain grinste Scotty an und überreichte ihm die Box feierlich. Dann wurstelte er sich wieder in seinen Rucksack, und sie stiegen über zahlreiche Stufen zu der Gartenanlage hinunter.

Also, das war nun wirklich Urlaub, und da waren auch alle einer Meinung. Es war traumhaft schön hier unten, und der Blick auf das Schloss haute einen geradezu um. Die Ansichten teilten sich krass, als die Offiziere beschlossen, sich die Falkner-Show anzusehen. Allerdings konnten sie gut verstehen, dass bei Hamstilidamst der Schock nach der Begegnung mit den Möwen noch so tief saß, dass er erst mal von großen Vögeln überhaupt nichts mehr wissen wollte.

"Ich setze mich hier mit Hamstilidamst auf eine Bank", schlug Dr. McCoy vor. "Uns wird schon nicht langweilig werden."

"Das ist in Ordnung, aber behalt die Kekse hier", sagte Hamstilidamst bereitwillig.

Der Captain entdeckte, dass die Show mit den Greifvögeln eine ganze Weile dauerte und im Freien stattfand. Keiner war auf seiner Bank festgenagelt, man konnte kommen und gehen, wann man wollte. So entschied er, dass er Pille nach einer Weile ablösen würde, damit der auch noch was davon hatte.

Es war wirklich ziemlich beeindruckend zuzusehen, wie Falken, Bussarde und Adler in die Lüfte aufstiegen, auf Pfiff reagierten und punktgenau auf dem Arm des Falkners landeten.

"Wieso kommen sie immer wieder zurück?" fragte Lt. Spock verwundert.

"Das ist der Sinn des Trainings, dass sie immer wieder… Whoahaha!" Scotty fiel fast von der Bank. Vollkommen lautlos war von hinten eine Schleiereule an ihn herangeflogen und ganz knapp über seinen Kopf hinweggestrichen. "O Gott! Jetzt weiß ich, wie sich Hamstilidamst gefühlt hat."

"Wissen Sie gar nicht", gab der Vulkanier zurück. "Wer hat Ihnen denn Krallen in den Kopf gebohrt?"

"Stimmt auch wieder. Jetzt tut er mir noch mehr leid. Ich löse Pille mal ab."

Der Captain nickte grinsend. Offenbar hatte der Chefingenieur nach dieser sehr persönlichen Begegnung mit einer Schleiereule die Nase voll von Raubvögeln – so wie Hamstilidamst. Als Scotty sich der Parkbank näherte, sah er, dass der Doktor in Gesellschaft war. Eine alte Dame und ein kleiner Junge saßen rechts und links von ihm. Auf Pilles Schulter hockte Hamstilidamst, vor ihren Füßen kloppten sich vier Eichhörnchen um Kekse und Nüsse.

"Sieht aus, als wollten Sie lieber hier bleiben", sagte Lt. Scott – Pille wandte den Kopf.

"Hat’s Ihnen nicht gefallen?"

"Gute Show da drüben. Lohnt sich. Kommen Sie aus Ihrem Kuddelmuddel da raus?"

"Wenn du in die Show gehst, nimmst du mich mit?" fragte der kleine Junge.

"Liebchen, so viel Zeit haben wir gar nicht", wandte die alte Dame ein.

"Ich will aber, ich will aber. Du bist doof!" brüllte ‚Liebchen’ los. "Ich will in die Show. Und ich will den Hamster."

"Und ich will, dass du die Klappe hältst", sagte Lt. Scott energisch, und dem Kleinen blieb der Mund offen stehen.

"Das finde ich aber auch", hörte er Hamstilidamst grummeln. "Unglaublich, wie dieser Idiot die ganze Zeit nervt."

"Hören Sie, ich möchte nicht, dass Sie so mit meinem Enkel reden", sagte die alte Dame entrüstet, aber Lt. Scott sah keinen Grund, seine Meinung zu ändern.

"Kann sein, Lady. Vielleicht sollten Sie öfter mal so mit ihm reden."

"Komm, Brucy, wir gehen. Das ist kein netter Onkel."

"Ich will aber den Hamster! Gähä-ä-ä-ä-ä! Ich will den Hamster!!!"

"Ach, geben Sie ihm doch den Hamster", sagte die Oma hilflos zu Dr. McCoy

"Wenn du das wagst!" fauchte Hamstilidamst.

McCoy holte ihn von seiner Schulter und stupste ihm leicht mit dem Zeigefinger auf die Nase. Brucy-Liebchen sah das und es hielt es für eine Abschiedsgeste. Blitzschnell grabschte er nach dem Hamster, sprang von der Bank und – stolperte mit voller Wucht über ein Eichhörnchen. Kind, Hamster und Eichhörnchen flogen in verschiedenen Richtungen in die Botanik. Oma schrie entsetzt auf und stürzte zu Liebchen, Scott und McCoy hechteten in ein Blumenbeet hinter Hamstilidamst her. Die Eichhörnchen verschwanden auf schnellstem Wege irgendwo hin.

Das Geheule von Brucy hatte schon einige Leute aufmerksam gemacht, unter anderem auch das Aufsichtspersonal des Schlossgartens. Zur gleichen Zeit in der Raubvogelshow hatte sich der Captain gewundert, dass Pille nicht kam. Und da er Spock nicht aus den Augen lassen wollte, nahm er ihn am Arm und ging mit ihm zu den Blumenanlagen zurück. Sie kamen gerade an, als ein Wachmann mit strenger Miene fragte, was der Lärm solle und was die beiden Männer im Blumenbeet trieben.

Hamstilidamst war zwischen mehreren Hundert Löwenmäulchen gelandet. Da er im Leben schon Schlimmeres erlebt hatte, probierte er einfach nur, wie Löwenmäulchen schmeckten. Die Probe dauerte aber nicht lange, dann hatte Lt. Scott ihn entdeckt und aus dem Blütenmeer gefischt. Der Wachmann sagte mittlerweile:

"Madam, könnten Sie bitte das Kind zum Schweigen bringen? Oder ist es von diesen Männern verletzt worden?"

"Ich will den Hamster!" brüllte Brucy.

"Was für einen Hamster?" fragte der Wachmann.

Brucy streckte den Arm aus und deutete auf Lt. Scott, der gerade aus dem Blumenbeet trat. Die Oma, die alles für ihren Enkel tun, aber auch möglichst wenig Aufsehen erregen wollte, erklärte die Sache auf ihre Weise:

"Dieser nette Herr wollte meinem Liebchen einen Hamster schenken. Und dann ist mein lieber kleiner Enkel gestolpert, und der Hamster ist ihm aus der Hand gefallen. Dieser nette Herr hat den Hamster aus dem Blumenbeet geholt, das sehen Sie ja. Und jetzt schenken Sie meinem Liebchen doch den Hamster, nicht wahr?"

Alle sahen Lt. Scott erwartungsvoll an, dem nach dieser Lügengeschichte erst mal die Kinnlade runterfiel. Dann blinzelte er zweimal, und dann war Spock da. Er nahm Hamstilidamst an sich, drückte ihn gegen seine Brust und sagte:

"Das ist mein Hamster, den kriegt keiner."

"Ganz genau", fügte Dr. McCoy hinzu. "Ich habe den Hamster gehalten, weil er nicht in die Raubvogel-Show sollte. Und dieser – dieses Liebchen hat ein Riesengebrüll gemacht und mir den Hamster geklaut."

"Du bist ein ganz fieses, gemeines Kind!" sagte Spock. "Hau bloß ab hier."

Jetzt war endlich auch der Captain zu seinem Ersten Offizier vorgedrungen, nahm ihn am Arm und sprach beruhigend auf ihn ein. Der Wachmann hatte eine ziemlich genaue Idee, was da abgelaufen war. Der Lange mit der Mütze war etwas schwach im Kopf, und jetzt kümmerten sich seine Wärter um ihn. Das war schon in Ordnung, und die sollten jetzt besser verschwinden. Und was die Oma mit ihrem Enkel anging, so sollten die besser noch schneller verschwinden und nicht so bald wiederkommen.

Die Männer mit dem Hamster waren schon wieder auf dem Weg nach oben und sahen zu, dass sie auf die Straße nach Golspie kamen. Hamstilidamst sagte:

"Ich finde, ihr habt das alle prima gemacht. Wobei möchtet ihr mich das nächste Mal retten?"

"Wir können dich doch nicht immerzu retten, Hamstilidamst. Aber ich glaube, das haben wir wirklich gut gemacht."

Ganz langsam wandten drei Menschen die Köpfe, um einen Vulkanier zu betrachten. Jetzt blinzelte Dr. McCoy.

"Spock, Sie haben diesem Rotzbengel was vorgespielt und der Oma und dem Wachmann – und uns?"

"Ihnen?" fragte Spock verwundert. "Sind Sie da drauf reingefallen? Dann ist es ja noch lustiger!"



[1] Da kann das schon mal zu so was kommen.

 

Auf und Davon (Kapitel 30) - Der große Khan