Um mal wieder besonders toll dazustehen, wollen die Hamster einen riesigen Dom, den 'Pleasure Dome' bauen. Dafür brauchen sie den alten McShredder aus dem fernen Schottland. Die üblichen Katastophen sind hier vorprogrammiert, da Bauleiter Murksel und sein Team im Dauereinsatz sind.
Das Projekt Pleasure Dome- Buch 5
@copyright McNass

Kapitel 1
Hamstermarkt in Hamsterhausen
Es war ein warmer Frühlingstag in Hamsterhausen. Die Bewohner dieser kleinen Stadt gingen ihren Tätigkeiten mehr oder weniger nach, und es herrschte ausnahmsweise eine friedliche Stimmung. Die meisten Straßen waren recht leer, denn an diesem Tag fand auf dem Rathausplatz ein Markt statt. Der Bürgermeister war persönlich gekommen und tippelte von einem Stand zum anderen. Mal unterhielt er sich freundlich mit den jeweiligen Verkäufern, mal befummelte er neugierig die Waren, worauf er das eine und andere Mal etwas auf die Pfoten bekam. Vor einem Stand mit der Aufschrift "Fleckis und Sasies Viktualienmarkt" bliebt der Bürgermeister neugierig stehen.
"Was 'n das?" fragte er freundlich lächelnd. "Kann man das essen?"
Flecki glotzte ihn entgeistert an.
"Das sind Stick- und Strickwaren. Heute haben wir auch ein paar schöne Lametta-Knoten, die machen sich besonders gut im Wohnzimmer, nur 5 Sickel!"
Der Bürgermeister lächelte verlegen, drehte sich um und ging zu einem Stand mit der Aufschrift "Trampels Fressbude", um sich ein wenig zu stärken.
"Toidi",1 schimpfte Flecki, und ihre Schwester Sasie nickte zustimmend.
Der Bürgermeister tat, als beträfe ihn das nicht und biss herzhaft in einen der saftigen Hamburger, nachdem er Trampel 10 Sickel dafür gegeben hatte.
"Total ungesunde Ernährung", grölte Flecki und deutete auf den Bürgermeister. "Mit solch einer Wampe wie der würde ich mich schämen!"
In diesem Moment ging Goldi, nichts ahnend von dieser Diskussion, an dem Stand vorbei und betrachtete neugierig die Lametta-Knoten.
"Und für dich gilt das Gleiche!" hörte er Flecki brüllen und sah sie total erstaunt an.
"Das Gleiche was?" fragte Goldi und griff nach den Lametta-Knoten.
Es klatschte laut, als Fleckis Hand die von Goldi traf.
"Finger weg!" rief Flecki. "Erst bezahlen, dann kannst du an den Knoten von mir aus herumfummeln und sie kaputt machen."
"Was kostet das Lametta-Zeug denn?" fragte Goldi und nahm eine Stickdecke in die Pfote.
"8 Sickel, weil du es bist", antwortete Flecki und riss ihm die Stickdecke aus der Pfote. "Aber was willst ausgerechnet du mit Lametta?"
'"Naja", druckste Goldi verlegen, "man kann schöne Kugeln daraus machen und als Kanonenfutter nehmen. Die fliegen ganz schön weit."
"Du, du, du...." Flecki war kurz davor, über den Ladentisch zu springen und sich auf Goldi zu stürzen. "Raus! Verschwinde!"
"Aber ich bin doch draußen, und...."
Als Flecki Anstalten machte, über den Ladentisch zu klettern, sah Goldi zu, dass er weiterkam.
"Männer!" fauchte Flecki. "Die lungern nur herum und denken ans Fressen. Schau dich doch mal um, Sasie! Überall Fressbuden und sonst nichts! Das soll ein Hamstermarkt sein?"
"Immerhin versuchen sie schon seit Stunden, das Riesenrad aufzubauen", antwortete Sasie und zeigte auf die Gruppe der Reparaturhamster, die unter Leitung von Bauleiter Murksel versuchten, das Riesenrad in die Verankerung zu schieben.
In der Tat war das geplante Riesenrad die einzige Attraktion, die Hamsterhausen auf dem jährlichen Hamstermarkt zu bieten hatte. Oder besser gesagt: wäre es gewesen, wenn es gelungen wäre, das Teil aufzustellen. Nachdem der Technische Hamstische Überwachungsverein (THÜV) das Projekt genehmigt hatte, waren nunmehr seit Tagen die Hamstische Feuerwehr, die Hamstische Polizei und die Bauleitung unter Führung von Bauleiter Murksel damit beschäftigt, das Riesenrad in der Mitte des Marktplatzes aufzustellen. Nach vielen Fehlversuchen kamen die Hamster auf die Idee, es doch mal mit einem großen Kran zu versuchen. Zu diesem Zweck musste leider die Hälfte der Marktbuden wieder abgebaut werden, damit ein Kran herangefahren werden konnte. Es dauerte Stunden, bis HAMFE1 und HAMPO2 die aufgebrachten Budenbesitzer beruhigen konnten. Nach zahlreichen Verletzungen und Verhaftungen stand der Kran nun dicht an dem Riesenrad, das noch immer platt neben den riesigen Halterungen lag. Während hektisch alle Buden um den Bauplatz wieder aufgebaut wurden, war der Leiter des Bauamtes, nämlich Purzel, damit beschäftigt, mit einem Maßband den Mindestabstand festzustellen.
"Leider befinden sich sämtliche Buden innerhalb des notwendigen Abstandes von 3,50 Metern. Alle Buden müssen mindestens einen Meter zurück!"
Da alle Buden dicht an dicht standen, war das natürlich nicht ohne weiteres zu bewerkstelligen. Es kam zu Tumulten und Aufruhr, als es hieß, alle Buden sollten wieder abgebaut werden. Nach einer Stunde hatte die HAMPO den Aufruhr beendet, allerdings wurden bei den Kloppereien die Hälfte aller Buden zerstört.
"Auch nicht schlecht", meinte Bauleiter Murksel, "jetzt stimmt der Sicherheitsabstand wenigstens."
Der Bauleiter persönlich stieg nun auf den Kran, und tatsächlich gelang es ihm im ersten Versuch, das Riesenrad an einem Haken in die Höhe zu ziehen. Fast wäre es gelungen, das Rad in die dafür vorgesehenen Halterungen zu hieven, doch leider geriet die ganze Sache in Schieflage, das Riesenrad löste sich vom Haken des Krans und fiel krachend auf den Boden. Dabei wurden wieder etliche Buden platt gemacht.
"Äh, da es nun keinerlei Probleme mit den Sicherheitsabständen gibt, werde ich wohl nicht mehr gebraucht", rief der technische Leiter Purzel und verschwand.
"Tuffi, mach den Haken wieder fest, wir versuchen es noch einmal!" brüllte Bauleiter Murksel von seinem Kran herunter, und der kleine Reparaturhamster beeilte sich hektisch, diesen Auftrag auszuführen.
"Alles klar, Chef", rief Tuffi, "der Haken ist befestigt!"
Zufrieden nickte der Bauleiter und legte den Hebel für den Zugmotor auf "volle Kraft" um. Ein lautes Knirschen und Rumpeln folgte, und ein Aufschrei aus der Richtung der Hamstischen Feuerwehrtruppe war zu hören. Dann ging alles blitzschnell: ein großer Feuerwehrwagen erhob sich in die Luft, das Seil des Krans riss mit einem lauten Knall und der Feuerwehrwagen fiel krachend zu Boden.
"Tuffi, du Idiot, du hast den Haken falsch befestigt! Noch so eine Schlampigkeit, und du bist wieder ein Reparaturhamster 3. Klasse!"
Während nun auf dieser Seite des Marktes heftige Diskussionen begannen, wuchs die Nervosität der Besitzer der verbleibenden Marktbuden. Flecki und Sasie sahen mit großen Augen aus sicherer Entfernung zu, wie die Reparaturhamster das gerissene Seil des Krans flickten. Dasie, die gerade eine neue Patchworkdecke an "Fleckis und Sasies Viktualienmarkt" bewunderte, sagte mit zitternder Stimme:
"Da haben wir ja noch einmal Glück gehabt. Wenigstens ist den Buden auf dieser Seite nichts passiert."
"Abwarten", knurrte Flecki, "die sind ja noch nicht fertig."
Tatsächlich sah es so aus, als wenn Bauleiter Murksel es noch einmal versuchen würde. Dieses Mal befestigte Tuffi den Haken auch wirklich am Riesenrad und gab Murksel ein Zeichen. Ganz langsam ließ der Bauleiter nun den Motor kommen, und staunend sahen alle zu, wie das Riesenrad majestätisch in die Höhe glitt. Vorsichtig wurde es in die Richtung der Halterung rangiert und ebenso vorsichtig in die dafür vorgesehenen Aufhängungen hinab gelassen. Der Knoten, mit dem das Seil geflickt worden war, zog sich enger und enger zusammen. Bauleiter Murksel sah das, und schwitzend beeilte er sich, das Rad herunterzulassen, um die ganz Sache zu beenden. Fast hatte er es geschafft, doch das Rad hing nun neben den Halterungen. Der Bauleiter wurde nervöser, und hektisch zog er die ganze Sache ein Stück höher. Leider zu heftig, denn durch den starken Druck wurde der Knoten zusammengezogen, und weil er zu kurz gebunden war, fielen Riesenrad und Haken im freien Fall auf die Halterungen und von dort aus auf den Marktplatz.
Bauleiter Murksel fühlte sich überhaupt nicht gut, als er sah, wie das Riesenrad nun auf die letzten heilen Marktbuden auf dem hinteren Teil des Platzes zu rollte. Entsetzt beobachtete er, wie das Rad einen kleinen Stand mit Stick- und Strickwaren und danach einen Imbiss platt rollte. War es nun vorbei? Nein, das Riesenrad rollte gnadenlos weiter, es neigte sich zur linken Seite, machte einen kurzen Schlenker und halbierte das Rathaus. Dann rollte es zurück auf den Marktplatz, und Baumeister Murksel glotzte mit großen Knopfaugen auf das riesige Killer-Rad, das sich nun langsam seinem Kran näherte.
"Brauchst du das Lametta noch?" fragte Goldi, während er auf der anderen Seite des Marktes die jammernde Flecki aus den Trümmern ihres Viktualienmarktes zog.
"Du bist unmöglich, Goldi", fauchte Flecki. "Sieh bloß mal! Das Riesenrad rollt auf den Kran zu! Bauleiter Murksel schwebt in Lebensgefahr! Wo ist Superhamster? Los, tu doch was!"
Goldi blickte entsetzt auf den Kran, dann blickte er auf das völlig außer Kontrolle geratene Riesenrad, das ganz Hamsterhausen plattzumachen drohte. Er ballte die Pfoten und rannte los. Als er einen der Feuerwehrwagen erreicht hatte, lief er zu der Trommel mit dem Löschschlauch, rollte ihn ab und kletterte mit dem Schlauch auf den Kran. Während Goldi nun den Schlauch um das Gestänge des Krans wickelte, sah er, wie Bauleiter Murksel immer noch völlig bewegungslos auf das näherkommende Riesenrad starrte. Superhamster-Goldi beeilte sich, sprang von dem Kran herunter, lief zur Fahrerkabine des Feuerwehrwagens, kletterte hinein und ließ den Motor an. Dann gab er Vollgas. Das wild gewordene Riesenrad hatte den Kran nun erreicht, doch der kippte in diesem Moment langsam zur Seite und fiel krachend auf den Feuerwehrwagen, während das Riesenrad am Horizont verschwand.
"Schöne Grüße an Hamsterhusen", murmelte Goldi und blickte dem Rad hinterher, das sich nun tatsächlich in Richtung Nachbarstadt Hamsterhusen bewegte.
"Wo ist der Bauleiter?" hörte Superhamster in diesem Moment eine vertraute Stimme. "Wo steckt der? Er muss mir den Viktualienmarkt reparieren und meine Sachen ersetzen!"
"Tja", brummte Goldi, "ich glaube, Flecki, der repariert die nächste Zeit nichts mehr, den habe ich nämlich gerade gerettet."
Während die ersten Sirenen die Ankunft der Rettungswagen des AKH - des Allgemeinen Krankenhauses Hamsterhausen - ankündigten, war der völlig zerzauste Bürgermeister am Ort des Geschehens eingetroffen. Sein Fell war voller Ketchup und Gurkensalat, und auch ansonsten sah er recht mitgenommen aus.
"Was'n mit dem Bauleiter passiert?" fragte er neugierig, als der bewusstlose Murksel von mehreren Sanitätshamstern unter den Trümmern des zerschmetterten Krans hervorgezogen wurde.
"Superhamster hat ihn gerettet!" rief Tuffi mit glänzenden Augen.
"Naja", knurrte Flecki. "Man müsste nur wissen, wie er aussehen würde, wenn er nicht das Glück gehabt hätte, gerettet zu werden!"
Als der Bauleiter unter Blaulichtgeheul weggefahren wurde, trat der Polizeioberkommissar Schnuffel auf den Bürgermeister zu.
"Brauchen Sie uns noch, Herr Bürgermeister?"
"Äh, danke, nein. Sie haben erstklassige Arbeit geleistet."
Flecki glaubte ihren spitzen Ohren nicht trauen zu können.
"Erstklassige Arbeit, Herr Bürgermeister? Der Marktplatz ist völlig platt gemacht und wir haben keinen Hamstischen Markt mehr. Außerdem rollt das Riesenrad nun auf Hamsterhusen zu!"
"Nun, äh", stotterte der Bürgermeister, "ich werde selbstverständlich sofort in Hamsterhusen anrufen und den dortigen Behörden einige Tipps im Umgang mit dem Riesenrad geben. Was den Marktplatz betrifft, so werden wir selbstverständlich keinerlei Mühen und Kosten scheuen, Hamsterhausen ein neues Gesicht zu verleihen. Selbstverständlich werden wir etwas Besseres, Neueres, sozusagen Modernes errichten."
"Ach", spottete Tati, während Flecki den Bürgermeister scharf ansah. "Soll das heißen, dass wir nun 11 statt 10 Fressbuden bekommen?"
"Nein, äh, nun, äh", stotterte der Bürgermeister und Schweiß lief ihm über die Schnurrbarthaare. Eine große Hamstermenge hatte sich um ihn versammelt und starrte ihn erwartungsvoll an. Es war eine unangenehme Situation und der Bürgermeister überlegte fieberhaft. "Mensch, Heinz-Georg", dachte er, "lass dir was einfallen, die halten sich sonst für eine Flasche." Dann kam ihm eine großartige Idee, ja, sogar die Idee des Jahrhunderts. Er trat einen Schritt vor, hob die kleinen Pfoten in die Luft und sprach:
"Meine Damen und Herren, wir werden den Hamstischen Pleasure Dome bauen!"
Kapitel 2
Erste Planungen
"Einen Hamstischen Pleasure Dome?" rief Teeblättchen verwundert, und sprach genau das aus, was alle dachten.
Die Hamster hatten sich inmitten der Hälften des Rathauses zu einer Beratung zurückgezogen, um Näheres von der Idee des Bürgermeisters zu erfahren.
"Nun, kraft der mir verliehenen Position denke ich, dass es an mir liegt, eine schlagkräftige Truppe auf die Beine zu stellen, die mit der Durchführung der Arbeiten beginnen wird. Natürlich werde ich die Dings, äh, die Organisation nicht nur leiten, sondern auch führen."
Die Hamster glotzten den Bürgermeister verständnislos an.
"Äh, die Vorbereitungen werden sofort beginnen, denn wie ich immer zu sagen pflege, sollten Dinge nicht auf die lange Bank geschoben werden, weil sonst irgendwann kein Platz mehr da ist. Auf der Bank meine ich, und, äh, natürlich bin ich offen für Vorschläge."
Der Bürgermeister blickte erwartungsvoll auf die Hamsterschar, doch niemand meldete sich.
"Nun, natürlich beginnen wir mit den Plänen für den Hamstischen Pleasure Dome und überlegen uns erst einmal, woraus er bestehen soll. Also?"
Der Bürgermeister blickte erneut erwartungsvoll auf die Hamsterschar, doch niemand sagte etwas.
"Ich dachte da an einen riesigen Park mit vielen tollen Möglichkeiten, wie Karussell, Wasserbahn, Achterbahn, Schlittschuhbahn.... was könnte es noch geben?"
"Ach so", warf Dodo ein, "dann ist ein Pleasure Dome also ein Vergnügungspark. Aber warum sagen wir dann nicht gleich Vergnügungspark?"
"Weil Pleasure Dome besser klingt", erklärte Tuffi.
"Aber das versteht doch keiner."
"Naja, Dodo, es soll aber cool klingen, auch wenn es keiner versteht."
Der Bürgermeister wartete ungeduldig, bis diese Diskussion beendet war und blickte erwartungsvoll auf die Hamsterschar, doch nun schwiegen alle.
"Keine Vorschläge?" fragte der Bürgermeister mit leichter Panik in der Stimme.
Goldi räusperte sich.
"Ja, bitte", rief der Bürgermeister, "aller Anfang ist schwer, lieber Goldi! Immer her mit den Vorschlägen!"
"Was ist mit Fressbuden?"
"Fressbuden! Hast du denn nichts Anderes im Kopf? Hübsche Gärten zum Beispiel? Schöne Sachen zum Kaufen?" fauchte Flecki.
"Aber in Fressbuden kann man doch schöne Sachen zum Fressen kaufen und..."
"Trampolin springen!" unterbrach Dodo.
"Geisterbahn!" rief Trampel begeistert.
An dieser Stelle artete die Diskussion wie üblich aus. Jeder schrie seine Vorstellungen heraus so laut es ging, und es kam zu den ersten Prügeleien.
Nach vielen Stunden war es dem Bürgermeister gelungen, wieder Ruhe in die Versammlung zu bringen.
"Nachdem wir also die verschiedenen Standpunkte eingehend erläutert haben, sollten wir nun das "Pleasure-Team" bilden. Wir brauchen jemanden, der für die Durchführung der Planungen verantwortlich ist. Jemand, der bereit ist, sich Tag und Nacht für dieses Projekt einzusetzen, jemand, der es aus Freude am Gelingen und nicht des Geldes wegen macht!"
Der Bürgermeister blickte erwartungsvoll auf die Hamsterschar, doch alle betrachteten entweder interessiert den Boden, oder sie schauten auf eine der Hälften des zerstörten Rathauses, das wirklich einen interessanten Anblick bot.
"Ich schlage Bauleiter Murksel vor", piepste Reparaturhamster Tuffi. "Der macht das bestimmt gerne!"
"Ja, Murksel soll es machen, hoch mit Murksel, Murksel baut den Pleasure Dome!" rief die Hamsterschar begeistert.
"Fein", freute sich der Bürgermeister. "Nachdem das geklärt ist, wird Tuffi die ehrenvolle Aufgabe haben, Bauleiter Murksel zu beglückwünschen, nachdem dieser im Krankenhaus wieder aufgewacht ist. Ich werde noch heute mit der Krankenhausverwaltung telefonieren, damit Herr Murksel eine Sondergenehmigung erhält, das Krankenbett vorzeitig zu verlassen. Wir wollen ja schließlich fertig werden!"
Begeisterte Rufe und Pfotengetrampel begleiteten seine Worte.
"Dann, äh", fuhr der Bürgermeister fort, "brauchen wir weitere engagierte Mitarbeiter."
Die Hamster betrachteten interessiert den Abendhimmel.
"Ich denke daher, und da werden mir sicherlich alle zustimmen, zunächst einmal an die verantwortungsvolle Position des Schichtführers. Seine Aufgabe, liebe Hamster, besteht darin, alle notwendigen Dinge zu besorgen und heranzuschleppen. Sozusagen eine tragende Rolle. Nun, wer möchte?"
"Netter Abendhimmel, was?" flüsterte Goldi zu Dodo.
"Ja, und so tolle Wolken!"
"Also, liebe Hamster", wiederholte der sichtlich nervöse Bürgermeister seine Frage, "wer möchte diese tragende, überaus wichtige Position ausfüllen?"
"Wo sind Wolken?" fragte Goldi mit einem hinterhältigen Grinsen.
"Na, da!" rief Dodo und zeigte mit ausgestreckter Pfote zum Himmel.
"Ah, ein Kandidat! Herzlichen Glückwunsch, lieber Dodo", rief der Bürgermeister erleichtert. "Deine Bewerbung ist hiermit angenommen. Somit nähern wir uns unserem Hamstischen-Pleasure-Dome-Kompetenzteam mit großen Schritten, äh, Pfoten. Lediglich die Stelle des Architekten ist noch zu vergeben. Diese Aufgabe umfasst die Aufteilung des Pleasure-Domes, also wo welche Bude hinkommt, wie viele Fressbuden oder Karussells aufgestellt werden..."
"Das mit den Fressbuden mache ich!" rief Goldi und hüpfte auf und ab.
"Prima, prima", rief der Bürgermeister, "dann sind wir also komplett. Somit stelle ich kraft meines Amtes fest, dass..."
"Moment mal!" Flecki war auf einen Mauervorsprung geklettert und hatte die Pfoten in ihre Hüften gestemmt. "Wenn Goldi das übernimmt, dann haben wir 99 Fressbuden und ein Karussell! Ich erhebe Einspruch!"
"Nun, öh. Öh..." Der Bürgermeister wirkte ratlos. "Ja, was machen wir dann? Was machen wir denn bloß?"
"Du bist der Bürgermeister, also entscheide gefälligst!" rief Flecki empört.
Der Bürgermeister fühlte sich auf einmal unwohl und wäre gerne nach Hause gegangen, aber als die gesamte Hamsterschar erwartungsvoll vor ihm saß und auf Entscheidungen, nämlich auf seine Entscheidung wartete, musste er Führungsqualitäten zeigen.
"Tja, ähem, ich fasse dann mal zusammen, liebe Hamsterfreunde, denn gerade in Zeiten wie diesen kommt es immer wieder auch darauf an, zu erkennen, was man hat und was nicht. Natürlich ist es nicht einfach, solch eine gewichtige Entscheidung zu fällen, doch wie ich schon immer gesagt habe und zu sagen pflege..."
"Sabbel nicht dumm rum, sondern komm zur Sache!"
Der Bürgermeister blinzelte verlegen und versuchte zu erkennen, welcher der Hamster das gerade gesagt hatte, doch er sah nur ungeduldige Gesichter vor sich, und er hätte alles dafür gegeben, wenn ihm eine Lösung eingefallen wäre. Goldi oder Flecki? Flecki oder Goldi? Oder...? Ja, das war es!
"Nun, selbstverständlich werde ich nun zur Sache kommen, mein ungeduldiger Freund. Meine Entscheidung lautet nach reiflicher Entscheidung ohne Wenn und Aber: Beide sollen es machen! Mit dem geballten Wissen, mit der geballten Kompetenz dieser beiden Hamster muss das Projekt klappen!"
"Kompetenz? Geballtes Wissen? Ist der Kerl wieder gegen eine Telefonzelle gelaufen, oder wie? Goldi, sag, dass er dich nicht gemeint haben kann!"
"Naja", murmelte Goldi und grinste Flecki an. "Er hat auch etwas davon gefaselt, dass das Projekt klappen muss. Hat er sich denn jemals geirrt?"
"Hat er sich jemals nicht geirrt? Hat denn jemals irgend etwas mit dem Kerl geklappt?
"Nö", meinte Goldi, "eigentlich nie. Dafür gab es aber immer nette Katastrophen. Fangen wir also damit an."
Kapitel 3
Aufräumarbeiten
Nachdem sie zwei Tage völlig ratlos hin- und hergelaufen waren, kamen die Hamster auf die Idee, Planungsgruppen zu bilden. Die nächsten Tage und Wochen verliefen somit in hektischer Geschäftigkeit. Inzwischen war Bauleiter Murksel gegen seinen ausdrücklichen Wunsch, aber auf Druck des Krankenhausdirektors, aus dem AKH entlassen worden. Angeblich war kurz darauf Reparaturhamster Tuffi mit einem Schild um den Hals gesichtet worden. Es hieß, Bauleiter Murksel habe Tuffi mit einer Degradierung zum Reparaturhamster unterster Klasse gedroht, wenn sie dieses Schild nicht eine Woche lang tragen würde. Es hieß weiterhin, dass auf dem Schild die Worte stünden: "Ich bin eine hirnlose Plappertasche".
Leider ließ es sich nicht feststellen, ob dieses der Wahrheit entsprach, denn Tuffi war plötzlich verschwunden, und Bauleiter Murksel nicht bereit, irgendwelche Fragen dazu zu beantworten. Als Tuffi nach einer Woche wieder auftauchte, war auch sie nicht bereit, irgendwelche Fragen zu beantworten.
Nach drei Wochen hatten die Hamster es endlich geschafft und die hamstischen Pleasure-Dome-Kompetenzteams erweitert. Es wurden folgende Gruppen aufgestellt:
Durchführung der Planungen: Bauleiter Murksel
Assistenten: Tuffi, Dasie
Position des Schichtführers: Dodo
Assistenten: Trampel
Architektenteam: Flecki und Goldi
Assistenten: Tati, Teeblättchen
Nachdem das Rathaus behelfsmäßig repariert worden war, fand die erste Planungssitzung des Hamstischen-Pleasure-Kompetenzteams unter Vorsitz des Bürgermeisters statt. Leider gab es einige Probleme mit dem Fahrstuhl, und da die Treppen noch nicht wieder benutzt werden konnten, dauerte es, bis alle Hamster versammelt waren. Das Architektenteam sollte als erstes seine Vorstellungen erläutern. Tati durfte den Vortrag halten, während Goldi und Flecki sich aus der Sache heraushielten.
Nachdem der recht kurze Vortrag beendet war, gab es einige lange Gesichter unter der Hamsterschar.
"Sehr schön," tönte aber der Bürgermeister. "Es zeigt sich immer wieder, wie viel ein jeder zu einem erfolgreichen Gelingen beitragen kann. Der Plan ist meisterhaft, und ich bin sicher, es wird ein Meilenstein in der Geschichte Hamsterhausens werden!"
"Warum habt ihr denn so wenig Fressbuden geplant?" fragte Dodo, und Sasie fügte hinzu: "Und wieso gibt es auf der einen Hälfte Buden und auf der anderen Hälfte Grünanlagen?"
"Das sind nicht nur Grünanlagen," keifte Flecki, "das sind wunderschöne Rabatten, die farblich aufeinander abgestimmt sind. Die Terrassen bilden einen wunderschönen Kontrast zur Landschaft. In der Mitte wird ein Springbrunnen stehen, an dem sich geplagte Hamster ausruhen können. Die andere Hälfte ist auf Goldis Mist gewachsen, da gibt es Autoskooter, eine Mondrakete, sowie Schieß- und Ballerstände. Ach ja, und zwei Fressbuden.
"Nur zwei?" fragte Dodo enttäuscht.
"Das langt," entgegnete Flecki, "es gibt eine vegetarische Fressbude und eine nicht-vegetarische Fressbude."
"Wir wollten auch gerne bunte Lose verkaufen, aber leider haben wir kein Geld für Preise," fügte Teeblättchen hinzu.
Das Architektenteam einschließlich der Assistenten guckte umher, sodass der Bürgermeister sich genötigt fühlte, etwas zu sagen.
"Nun, kraft meines Amtes und der von mir repräsentierten Aufgabe denke ich, dass wir auch dieses Problem lösen können. Selbstverständlich werde ich gerne auch meinen Teil dazu beitragen, dass wir Preise anbieten können. Wie ich schon immer gesagt habe...."
"Hurra," grölte Goldi mitten in die Rede, "der Bürgermeister spendiert die Preise!"
Nun waren alle Hamster aufgestanden und applaudierten minutenlang dem Bürgermeister, der doch nur daran gedacht hatte, auf diesem Wege sein altes, rostiges Fahrrad loszuwerden. Verzweifelt versuchte er, sich Gehör zu verschaffen, doch schon bald musste er feststellen, dass kein Ankommen gegen den Lärm der Hamster möglich war. Resigniert setzte er sich in eine Ecke und lauschte dem nächsten Beitrag, der von Bauleiter Murksel kam.
"Wichtig ist zunächst mal, das Gerümpel vom Marktplatz zu schaffen. Das wird die Aufgabe des Schichtführers sein. Wenn das fertig ist, beginnen wir mit den Bauarbeiten."
"Öhm, Öh!"
"Ja, Dodo?"
"Also, wie mach ich das denn, Bauleiter? Das ist doch viel zu viel, das schaffe ich nicht!"
Bauleiter Murksel überlegte und guckte zum Bürgermeister hin. Der Bürgermeister überlegte und betrachtete den Teppich. Schweigen und Ratlosigkeit breiteten sich im Raum aus. Plötzlich nieste Goldi, und alle Augen waren sofort auf ihn gerichtet.
"Ja, Goldi?" riefen Bauleiter Murksel, Dodo und der Bürgermeister wie aus einem Munde.
"Äh, nichts. Ich habe doch nur geniest."
Als sie ihn alle weiterhin anstarrten, glaubte Goldi, noch etwas sagen zu müssen und fuhr fort:
"Aber, so schwer ist das doch nicht, Dodo. Du musst nur den Schrott beiseite räumen."
"Kannst du mir nicht dabei helfen, Goldi?"
Bevor Goldi auch nur den Mund öffnen konnte um dankend abzulehnen, hatte Flecki schon die Hand auf seine Schulter gelegt und flötete:
"Sicher wird Superhamster gerne helfen. Mit Schrott kennt er sich bestens aus!"
Goldi schob Fleckis Hand beiseite und protestierte, dass er doch mit Architektenaufgaben beschäftigt sei, doch schon klang es von allen Seiten: "Superhamster! Superhamster! Superhamster!"
Am nächsten Tag standen Dodo und Trampel auf dem Marktplatz und warteten auf Goldi. Nach einer halben Stunde Verspätung kam er dann mürrisch angelatscht. Gemeinsam sahen sie sich um. Überall lag zerschmettertes Holz und mittendrin ein kaputter Kran auf einem verbeulten Feuerwehrwagen.
"Die HAMFE hätte wenigstens ihren Wagen mitnehmen können", schimpfte Goldi.
"Sie haben gesagt, dass sie den nicht mehr brauchen", erklärte Trampel.
"Was sollen wir denn nun machen? Wo fangen wir an?" jammerte Dodo.
Goldi überlegte lange, während ihn der Schichtführer und sein Assistent erwartungsvoll mit großen Augen anstarrten.
"Ich hab's, wir nehmen den Wagen", rief Goldi.
"Das habe ich irgendwo schon einmal gehört", meinte Dodo, "aber wohin fahren wir denn?"
"Wir doch nicht, du Blödmann", fauchte Goldi. "Wir binden das ganze Gerümpel an den Feuerwehrwagen und ziehen es weg."
"Und wohin wollen wir das ziehen?" fragte Trampel.
"Nach Hamsterhusen natürlich. Wenn das Riesenrad dort gelandet ist, fällt es sowieso nicht auf, wenn wir noch etwas Gerümpel dazuschieben."
Goldi begann nun, an Vergaser und Motor des Feuerwehrwagens herumzufummeln, damit der Wagen stärker würde, wie jedenfalls Goldi behauptete. Dodo und Trampel dagegen waren in den nächsten Stunden schwer damit beschäftigt, alle Teile zusammenzuschieben und irgendwie am Fahrzeug zu befestigen. Dann hieß es aufsteigen, und die holperige Fahrt nach Hamsterhusen begann.
Während Goldi, Dodo und Trampel immer wieder von Hamsterhausen nach Hamsterhusen und von Hamsterhusen nach Hamsterhausen fuhren, schliefen die Bewohner dieser beiden Städte tief und fest und bekamen nichts von den Räumungsarbeiten mit.
Nach vielen Stunden und vielen Fahrten war alles aufgeräumt und die drei Hamster legten sich total erschöpft schlafen.
Kapitel 4
Planungen I
Der Bürgermeister war genervt. Nicht nur, dass er in seinem Schlaf gestört worden war, nein, er musste sich wütende Beschimpfungen anhören. Seufzend legte er das Telefon auf und überlegte, was er tun sollte. Der oberste Polizeihamster und der Bürgermeister von Hamsterhusen hatten sich soeben beschwert, dass in einer nächtlichen Aktion riesige Mengen von Müll aus Hamsterhausen in den Dorfteich von Hamsterhusen gekippt worden waren. Das würde ein Nachspiel geben, dachte er und gab einem kleinen Botenhamster den Befehl, sofort den Schichtführer Dodo samt Assistenten kommen zu lassen. Sein Blick fiel auf die Zimmerdecke, durch die er den blauen Himmel sehen konnte. Solange kein heftiger Regen einsetzte, war es recht angenehm, an der frischen Luft zu sitzen. Er nahm sich fest vor, demnächst mit Bauleiter Murksel über die Reparatur des Rathauses zu sprechen. Dann setzte er sein Nickerchen fort.
Laute, schwere Schritte vor seiner Tür rissen den Bürgermeister nach einigen Minuten erneut aus dem Schlaf. Blinzelnd schaute er zur Tür und richtig, im nächsten Moment klopfte es. Gerade, als er 'herein' sagen wollte, zerbarst die Tür, und Holzteile flogen durch die Luft. Entsetzt starrte er auf Dodo, der von Goldi und Trampel begleitet wurde. Der Bürgermeister blickte mit offenem Mund auf die zerschmetterte Tür und hörte Goldi sagen:
"Warum hast du Idiot denn die Tür eingetreten?"
"Weil das da stand", entgegnete Dodo erstaunt.
"Was stand da?" fragte Goldi nicht minder erstaunt.
"Naja", druckste Dodo, "da steht doch: 'Bitte klopfen und eintreten'. Genau das habe ich gemacht!"
Der Bürgermeister starrte weiterhin auf die kaputte Tür, dann glitt sein Blick langsam zu Dodo.
"Was gibt es, Herr Bürgermeister, ich habe nicht viel Zeit."
"Äh", krächzte der Bürgermeister, "ich, äh". Dann starrte er wieder auf die Tür und fuhr fort:
"Wer hat den Müll in den Dorfteich von Hamsterhusen gekippt?"
"Dorfteich? Ach deshalb hat es so geplatscht", antwortete Dodo und duckte sich ängstlich.
"Ich habe gleich gesagt, dass das nicht gut ist", jammerte Trampel.
"Goldi hat gesagt, das ist egal", wimmerte Dodo, "er hat gesagt, Hauptsache, wir sind den Schrott los."
"Wir tun das auch nie wieder!" heulten nun Dodo und Trampel im Chor.
Dem Bürgermeister wurde die Sache langsam peinlich. Aber er musste Führungsstärke zeigen und den Verantwortlichen irgendwie bestrafen, sonst würden ihn alle für einen haltlosen Schwächling halten, der seine Leute nicht im Griff hatte.
"Äh, Goldi, äh, was machen wir denn nun?"
"Wir schicken Freikarten für den Pleasure-Dome, dann freuen sie sich."
"Eine ausgezeichnete Idee, mein lieber Goldi. Ich werde gleich den obersten Polizeihamster und meinen Kollegen, den Bürgermeister anrufen und ihm und seinen Leuten die freudige Botschaft übermitteln. Das bedeutet natürlich, dass die Arbeiten am Pleasure-Dome mit Hochdruck fortgesetzt werden müssen, meine Herren! Wie ich immer zu sagen pflege..."
"Kommt Leute, das war es dann ja wohl", brummte Goldi und verließ das Büro des Bürgermeisters. Dodo und Trampel folgten ihm, so schnell sie konnten.
"Und was machen wir jetzt?" fragte Dodo, als sie wieder auf dem Marktplatz standen.
"Zeit, zu futtern!" rief Goldi - nahm den großen Rucksack ab, den er schon die ganze Zeit mit sich herumgeschleppt hatte und setzte sich mitten auf den leeren Marktplatz.
Dodo und Trampel wollten sich gerade neben ihn setzen, als Flecki, Tati und Teeblättchen mit einer großen Papierrolle angelaufen kamen.
"Die ersten Entwürfe sind fertig", riefen sie aufgeregt, "hier, schaut mal her!"
Goldi stopfte schnell zwei Brötchen in seine Backen und trat näher.
"Toll, ganz viele Fressbuden", freute er sich kauend, als er einen Blick auf den inzwischen ausgebreiteten Plan warf.
Ein vernichtender Blick traf ihn.
"Das sind Bastelshops und Viktualienstände", erklärte Flecki. "Im oberen Bereich gibt es nichts zu essen. Im unteren Bereich gibt es einen vegetarischen Imbiss und daneben Süßwaren. Nimm deine Fettfinger vom Papier!"
Schnell zog Goldi die Pfote zurück.
"Zwei Karussells?" fragte Trampel erstaunt.
"Nur eines. Das eine ist eine Mondrakete, die habe ich mit Bauleiter Murksel irgendwann mal entworfen", entgegnete Goldi und nahm sich zwei weitere Brötchen aus seinem Rucksack. "Das andere ist ein Turbokreisel.“
"Turbokreisel?" keuchte Trampel entsetzt. "Ist das nicht zu gefährlich?"
"Ist doch bloß ein ganz normales Karussell, nur etwas schneller", antwortete Goldi kauend und schmatzte dabei genüsslich. "Das Geniale dabei ist, dass es mit einem Autoscooter kombiniert ist."
"Und der Erholungspark, was kann man da machen?"
"Fleckis Idee", antwortete Goldi und rülpste, da er soeben mit dem Essen fertig war.
"Im Winter soll da die Schlittschuhbahn hin", erklärte Flecki und zeigte auf die Wasserbahn. "Wir brauchen im Herbst nur die Wasserbahn in den Park umzuleiten. Dann warten wir ab bis es friert und haben dann eine wunderschöne Schlittschuhbahn."
"Und das klappt wirklich?" fragte Dodo nachdenklich.
"Goldi meint, dass er und Bauleiter Murksel das hinkriegen", sagte Flecki und nickte.
"Genau," stimmte Goldi zu. "Murksel meint, das ist überhaupt kein Problem. Bleibt jetzt nur noch die Frage, was in die Geisterbahn rein soll."
"Wie wäre es, wir rufen alle zusammen und stimmen ab?" schlug Trampel vor.
"Klasse Idee", meinte Flecki. "Ich sage dem Bürgermeister Bescheid."
Weiter: Das Projekt Pleasure Dome (Kapitel 05-10)
Kapitel 5
Planungen II
"Geisterbahn, Geisterbahn, Geisterbahn!"
Ein ums andere Mal versuchten der Bürgermeister und Bauleiter Murksel, sich Gehör zu verschaffen, doch die aufgeregte Menge der Hamster auf dem Marktplatz war nicht mehr zu halten. Eine richtige Geisterbahn in Hamsterhausen, welch ein Fortschritt! Es wurde lauthals diskutiert, welche Grauen erregende Gestalten diesen Ort schmücken sollten. Leider hatte wie immer jeder der Hamster andere Vorstellungen, wie eine richtige Geisterbahn auszusehen hatte, und leider kam es wieder zu Raufereien. Schließlich holte der Bürgermeister aus seinem Privatarchiv einen Sack Sonnenblumenkerne und schüttete ihn über die raufende Menge. Nun gelang es ihm endlich, das Wort zu ergreifen.
"Liebe Hamster! Ich bin stolz darauf zu verkünden, dass Hamsterhausen die erste hamstische Stadt mit einer Geisterbahn werden wird, und ich möchte...."
"Das wissen wir, du Hohlmöhre, erzähl mal was Neues!" schallte es ihm entgegen.
"Äh, ja, nun, also ich in meiner Eigenschaft als oberster Planungsleiter..."
"Geisterbahn, Geisterbahn, Geisterbahn!"
"Ja, natürlich, liebe Hamster, wie ich schon immer pflegte, äh, zu sagen pflegte..."
"Hör auf zu sülzen, wir wollen endlich eine Geisterbahn!"
"Vielleicht sollten wir, liebe Hamster, in Abstimmung miteinander und im Allgemeinen..."
"Geisterbahn, Geisterbahn, Geisterbahn!"
"Nun, äh, liebe Mithamster, äh, unser Bauleiter Murksel wird alles Weitere erklären!"
Mit diesen Worten machte der Bürgermeister, dass er aus der Schusslinie kam und verließ die provisorische Bühne, die auf dem Marktplatz aufgebaut worden war. Alle Blicke gingen nun zu Bauleiter Murksel, der, noch erschöpft von seinem Unfall und dem viel zu frühen Abgang aus dem Krankenhaus friedlich auf seinem Stuhl saß und vor sich hin döste. Dodo, der neben dem eingeschlafenen Bauleiter saß, erhielt von Goldi einen Wink.
"Häh?" Dodo verstand nicht, was Goldi ihm mitteilen wollte.
"Der Bauleiter! Schubs ihn mal, er muss auf die Bühne!" zischte Goldi ärgerlich.
Wenige Sekunden später flog der arme Murksel kreischend auf die Bühne und blieb mit einem lauten Krachen liegen.
"Klasse gemacht", fauchte Goldi.
"Ja", antwortete Dodo stolz, "ich gebe mir eben immer Mühe."
Inzwischen hatte sich der Bauleiter stöhnend hochgerappelt und schaute sich um. Ihm war nicht ganz klar, was er hier machte und warum er auf einer Bühne mitten auf dem Marktplatz stand. Er wusste nur, dass er sich nach einem gemütlichen, warmen Bett sehnte, denn sein Kopf dröhnte nach wie vor durch die unschöne Begegnung mit dem Kran. Ihm war auch etwas schwindelig, und er dachte an das Krankenhaus, in dem er wenigstens Ruhe gehabt hatte. Im nächsten Moment jedoch glaubte er, sein Kopf würde platzen.
"Geisterbahn, Geisterbahn, Geisterbahn!"
Murksel hielt sich den dröhnenden Schädel, und langsam wurde ihm klar, worum es ging. Der Pleasure-Dome! Schon nach den ersten Worten des Bürgermeisters war er in einen süßen Schlaf gefallen, doch nun begriff er, dass all diese jubelnden Hamster etwas Neues erfahren wollten.
"Öh, die Geisterbahn....", stotterte er und versuchte, sich auf den Beinen zu halten, während es wieder von allen Seiten "Geisterbahn, Geisterbahn, Geisterbahn!" ertönte.
"Also, die Geisterbahn", versuchte er fortzufahren, doch wieder brüllten alle Hamster, so laut, dass der Bauleiter glaubte, sein Kopf würde gleich platzen.
"Geisterbahn, Geisterbahn, Geisterbahn!"
"Ich drehe hier gleich ab!" brüllte Bauleiter Murksel so laut er konnte, und augenblicklich verstummte die johlende Meute. "Noch ein Wort, und ihr kriegt so was von auf die Hamsterbacken, dass euch die Sonnenblumenkerne der letzten Tage rausfallen! Das lass ich nicht mit mir machen, ich bin doch nicht euer Geisterbahnclown, ist das klar? Ihr könnt euch in den Schuppen reinstellen, was ihr wollt, das ist mir doch egal! Nehmt doch irgendeinen anderen Clown, von mir aus McClown, oder noch besser: McShredder und das Loch Ness Monster. Ich will nur meine Ruhe und sonst gar nichts, nicht mit mir! Ist das klar?"
Erschöpft kroch der Bauleiter unter dem tosenden Beifall der umstehenden Hamster an seinen Platz zurück, quälte sich auf seinen Stuhl und schlief völlig ermattet ein. Er bekam auch nicht mehr mit, dass nun alles um ihn herum anfing zu johlen:
"McShredder und das Loch Ness Monster! McShredder und das Loch Ness Monster! McShredder und das Loch Ness Monster! "
Der Bürgermeister hob seinen kleinen Arme und rief in die Menge: "Liebe Hamster! Es ist schön, dass auch dieser überaus wichtige und für Hamsterhausen so notwendige Punkt geklärt werden konnte. Nun lasst uns mit dem Wiederaufbau des Rathauses beginnen, was für unseren lieben Bauleiter sicherlich nur eine kleine Aufwärmübung sein wird. Danach, meine lieben Hamster, wird der Pleasure-Dome von Hamsterhausen den ersten Spatenstich erleben! Alle werden mithelfen und ich persönlich werde weitere Reparaturteams und technische Unterstützung anfordern."
Der Bürgermeister rannte, so schnell ihn seine kleinen Pfoten trugen, zurück in sein Büro, griff zum Telefon und hatte nichts Eiligeres zu tun, als den obersten Polizeihamster und den Bürgermeister von Hamsterhusen anzurufen und von der gigantischen Geisterbahn und ihren Planungen zu berichten. Danach rief er in Hamsterqualle, Hamstercity und allen anderen hamstischen Nachbarländern an und erzählte voller Stolz von den neuesten Entwicklungen in Hamsterhausen. Selbstverständlich lud er alle Gesprächspartner samt Freunden zur Eröffnungsfeier ein. Dann rief er beim Amt für Hamstische Planung an und forderte weitere Arbeitskräfte an. Anschließend legte er zufrieden seine kleinen Pfoten auf den Schreibtisch und machte ein Nickerchen.
Kapitel 6
Die Panne
Bauleiter Murksel war schwer genervt. Oberste Priorität hatte der Bürgermeister getönt, und für einen Moment überlegte Murksel, ob er vielleicht mit dem Bulldozer das gesamte Rathaus samt Bürgermeister plattmachen sollte. Da unterbrach Reparaturhamster Tuffi seine bösen Gedanken.
"Soll ich schon mal mit dem Bulldozer den Schrott beiseite schieben?"
"Ja, mach das", knurrte Murksel, "aber pass auf, dass du nicht wieder eine tragende Wand rammst!"
Während Tuffi mit hochrotem Kopf den Bulldozer bestieg, rief der Bauleiter seine Leute zusammen:
"Fangt schon mal an, die kaputten Träger zu entfernen, ich prüfe, wo wir die neuen ansetzen. Trödelt nicht so rum, wir müssen heute noch fertig werden. Noch Fragen?"
"Ja", rief Hamstilidamst, "meine Kusine kommt nachher zu Besuch, darf ich früher gehen?"
"Wann ist Mittagspause?" fragte Dodo.
"Ich habe mir einen Splitter in die Pfote gerammt, ich muss zum Arzt!" jammerte Trampel.
"Kann ich Urlaub nehmen? Ich möchte gerne..."
"Schnauze halten, verdammt noch mal!" brüllte Bauleiter Murksel, doch da Tuffi mit dem Bulldozer gerade dicht an ihm vorbeifuhr, ging sein Gebrülle im Lärm des Fahrzeugs unter.
"Kannst du mal mit der blöden Schüssel abhauen, Tuffi?!" kreischte er. Tuffi drehte sich kurz um und antwortete: "Den Rüssel aufbauen! Geht klar, Chef!"
Kopfschüttelnd wandte er sich nun der diskutierenden Hamstertruppe zu, lächelte freundlich und sprach: "Sollte einer von euch noch einen Wunsch haben, den ich erfüllen soll, nur zu! Das mache ich doch gerne. Aber im ernst, Freunde, ich sage es mal so: wenn der Krempel nicht in 5 Stunden fertig ist, ziehe ich euch das Fell über die Ohren, ist das klar?"
"Heißt das, dass ich heute nicht zu meiner Tanzgruppe gehen kann, Chef?" fragte Dasie entsetzt.
"Wir haben ganz lange dafür geübt", warf Tati ein. "Guck mal, Bauleiter!"
Er nahm Dasie bei den Pfoten und gemeinsam drehten sie Kreise zwischen dem Schrott auf dem Rathausplatz.
"Ich sage es mal so", lächelte Murksel die beiden freundlich an, "wenn ihr nicht sofort mit der Arbeit beginnt, werde ich mit euch tanzen! Los, an die Arbeit, marsch!"
"Also der hat vielleicht eine Laune", stöhnte Dodo, während er zusammen mit Hamstilidamst ein paar kleine Mauerteile aufhob und auf einen Haufen legte. Auch Tati und Sasie guckten verärgert zum Bauleiter hin, doch der hatte andere Probleme. Ihm war schwindelig von dem ganzen Staub, und sein Kopf brummte nach wie vor. Er setzte sich abseits hinter eine halb eingefallene Mauer und schloss erschöpft die Augen. Es dauerte nicht lange und er schlief tief und fest.
Ein paar Meter weiter schleppten die Mitarbeiter des Hamstischen Reparaturteams Stein um Stein zusammen, jammerten und stöhnten und waren überhaupt nicht glücklich. Immer wieder guckten sie vorsichtig zu der Stelle hin, an der der Bauleiter das letzte Mal gesichtet worden war, und sie arbeiteten immer langsamer.
"Ich kann nicht mehr", japste Dodo, versicherte sich ein weiteres Mal, dass kein Bauleiter in der Nähe war und ließ sich keuchend auf den Boden fallen. Es dauerte natürlich nicht lange, bis alle Mitglieder des hamstischen Reparaturdienstes auf dem Boden lagen und eine Pause einlegten.
"Ach, so ist das doch gleich viel gemütlicher", schwärmte Trampel, und Sasie fügte hinzu: "Tuffi hat auch endlich aufgehört, mit dem blöden Bulldozer Krach zu machen. Wo steckt sie jetzt eigentlich?"
"Da oben!" rief Teeblättchen und zeigte zum Balkon des Rathauses.
Neugierig guckten nun alle, wie Tuffi mit einem Seil einen riesigen Rüssel hochzog, und ihn am Geländer des Balkons vor dem Zimmer des Bürgermeisters befestigte. Als sie fertig war, kletterte der kleine Reparaturhamster in den Rüssel und rutschte laut "Juhu"-rufend zum Boden hinab bis fast vor die Füße der staunenden Kollegen.
"Ist das eine Rutsche für den Pleasure-Dome?" fragte Teeblättchen aufgeregt.
"Aber nein", entgegnete Tuffi mit einem wichtigen Gesicht. "Bauleiter Murksel hat mir aufgetragen, den Rüssel zu holen. Den brauchen wir nämlich, um den Schutt auf dem Dach zu beseitigen. Bestimmt ist er stolz darauf, wie gut ich den festgemacht habe, denn..."
"Ich sagte du sollst mit der blöden Schüssel abhauen, und nicht du sollst einen Rüssel anbauen! Und was ist mit euch los?" Der Bauleiter drehte sich zu dem zitternden Rest seiner Truppe um. "Seid ihr fertig mit dem Aufräumen?"
"Nicht ganz, Chef", wisperte Sasie.
"Aber so gut wie", ergänzte Tati.
"Nur noch ein paar Steine, dann haben wir es geschafft. Eine echte Lachnummer, das schaffen wir mit Links", erklärte Trampel.
"Fein", entgegnete Murksel, "damit du richtig was zu Lachen hast, wirst du jetzt den Rest aufräumen, Trampel. Die anderen kommen mit mir und bauen den bescheuerten Rüssel wieder ab, bevor der Bürgermeister was merkt."
"Huhu, Bauleiter Murksel, wir haben ein Problem!"
Flecki hatte sich unbemerkt genähert und stand nun ratlos vor dem Bauleiter.
"Ach tatsächlich? Ein Problem? Wie nett! Was ist denn nun schon wieder los?"
"Im Hamstischen Rundfunk wird von einem riesigen Verkehrsaufkommen in Richtung Hamsterhausen berichtet, und Goldi hat schon die ersten Autokolonnen gesichtet. Er meint, dass die wohl alle glauben, dass der Hamster-Pleasure-Dome bereits fertig ist."
Tatsächlich war in der Ferne ein Hupen zu hören. Mit großen Knopfaugen und herunterhängenden Hamsterbacken standen der Bauleiter und seine Truppe inmitten einer Stein- und Geröllwüste. Niemand sagte ein Wort, und niemand bewegte sich. Das Hupen wurde immer lauter, und jetzt waren auch Motorengeräusche deutlich zu hören. In diesem Moment näherte sich eine weitere Gruppe Hamster. Es handelte sich hierbei um das 2. und 3. Reparaturteam, begleitet von mehreren Feuerwehrhamstern, die wie geplant erschienen, um für den Bau des neuen Freizeitparks eingesetzt zu werden.
"Hallo Boss, nun geht es richtig ab, wie?" rief Dudel, der zusammen mit Purzel den Trupp anführte.
Bauleiter Murksel sagte nichts, sondern starrte entsetzt auf die anrollenden Autos und Omnibusse, die hupend auf den Marktplatz fuhren. Grölend und johlend stiegen die ersten Hamster aus und sahen sich um.
"He, wo ist denn die tolle Geisterbahn? Wo sind die Fressbuden, ich brauche was zu trinken! Wo geht es denn hier zur Achterbahn?"
Inzwischen waren der Marktplatz und die umliegenden Straßen Hamsterhausens gefüllt mit Fahrzeugen und johlenden Hamstern aus Hamsterhusen, Hamsterqualle, Hamstercity und allen anderen umliegenden Ländern. Es war ein entsetzlicher Lärm, und Bauleiter Murksel glaubte, sein Kopf müsse gleich explodieren.
"Was'n das für'n Schrottplatz hier", grölte ein recht großer, breiter Hamster, "wo ist Monster-McShredder? Wo sind die Buden ?"
"Sind noch nicht fertig", stöhnte Murksel.
"Was? Da kommen wir den ganzen Weg und dann is' hier nix fertig? Wollt ihr uns verarschen? Wo steckt der Bürgermeister, ich habe ein paar Fragen an ihn!"
Der soeben Genannte fühlte sich zum wiederholten Male an diesem Tag in seinem erholsamen Schlaf am Schreibtisch gestört. Was war denn nun schon wieder los, warum war da so ein Aufruhr vor seinem Rathaus? Warum klappte hier nichts ohne ihn? Wütend über diese Störung stand er auf und rannte auf den Balkon. Viel zu spät erkannte er, dass ein Teil der Brüstung fehlte. Dort, wo vor wenigen Tagen die Brüstung war, gähnte ihm jetzt ein Abgrund entgegen, und vor diesem Abgrund hing ein riesiger Rüssel. Verzweifelt versuchte der Bürgermeister zum Stehen zu kommen, doch es war zu spät. Mit einem gellenden Schrei fiel er in den Rüssel und verschwand im Dunkeln.
Die Menge vor dem Rathaus hatte das natürlich gesehen, und sofort setzte ein begeistertes Johlen und Applaudieren ein. Zwischen diesen Anfeuerungsrufen waren immer wieder die Klageschreie des hinabstürzenden Bürgermeisters zu hören, dem wirklich nicht wohl in seinem Fell war, als es immer tiefer abwärts durch den Rüssel ging. Kurz bevor er aufschlug, machte der Rüssel einen Schlenker in Richtung Marktplatz, der Bürgermeister erkannte ängstlich, dass es nun heller wurde und schloss in Erwartung eines heftigen Aufpralls die Augen. Die jubelnde Menge hielt den Atem an, denn es war deutlich zu erkennen, dass der Bürgermeister von Hamsterhausen nun jeden Moment am Ende des Schrottrüssels herausschießen würde. Eine Gasse wurde gebildet, damit nichts den Flug aufhalten sollte, doch als ein verzweifelter Hamsterkopf an der unteren Öffnung des Rüssels erschien, war die Rutschpartie beendet. Der Bürgermeister steckte fest.
Ein vielfältiges, lautes und enttäuschtes "Ooooh" war vom Marktplatz her zu vernehmen. Der Unmut der angereisten Gäste war deutlich zu spüren.
"Nicht mal das könnt ihr! Ihr seid Schlapphamster, eine echte Trümmertruppe! Wir wollen die Monster-Show sehen! Monster-Show! Monster-Show! Monster-Show!"
Der Bürgermeister geriet allmählich in Panik. Wo war Bauleiter Murksel? Wo war das Kompetenz-Team? Ihm war, als sähe er einige Reparaturhamster in der Menge verschwinden. Es war entsetzlich - welch eine Blamage! Er, der Bürgermeister musste diese Situation retten, sonst wäre Hamsterhausen für alle Zeiten das Gespött seiner Nachbarn. Schweiß floss ihm über das Fell und nahm ihm die Sicht. Nein, jetzt würde und konnte ihm niemand helfen, es lag einzig und allein bei ihm, das Beste aus dieser Situation zu machen. Er musste handeln und zwar sofort und entschlossen. Tapfer blinzelte er in die Menge und räusperte sich. Sofort kehrte Stille auf dem Marktplatz ein, und alle Blicke waren auf ihn gerichtet. Normalerweise wäre das eine angenehme Situation gewesen, doch unter den gegebenen Umständen konnte er auf so etwas gerne verzichten.
"Öhm", begann er und zwinkerte mit den Augen, da ihn der tropfende Schweiß beim Sehen behinderte.
Tausende von Augen starrten ihn erwartungsvoll an.
"Also, öh". Der Schweiß brannte in seinen kleinen Knopfaugen, und er wünschte, er könnte wenigstens eine Pfote freikriegen, doch er steckte hoffnungslos in dem Schuttrüssel fest.
Die Menge wurde unruhig und vereinzelte Pfiffe waren deutlich zu hören.
"Öh, selbstverständlich, liebe Gäste, heiße ich Sie herzlich willkommen. Durch ein, äh, technisches Problem, äh, sozusagen aus technischen Gründen, und Gründe, auf die ich hier nicht näher eingehen kann, wie Sie sicherlich verstehen werden, und ich möchte darauf hinweisen, sozusagen im Namen Hausterhamsters, äh Hamsterhausens und aller Bürger, Sie herzlich zu begrüßen!"
Die vereinzelten Pfiffe verstummten, und die Menge blickte verstört auf den schwitzenden Bürgermeister. Was wollte er ihnen mit diesen Worten sagen? Ratlosigkeit erfüllte den Marktplatz.
"Nun, äh, liebe Gäste", fuhr der Bürgermeister fort, "ist es mir und meinem Kompetenzteam, das in unermüdlicher Art und Weise und natürlich auch das Reparaturteam, welches vorzügliche Dienste, äh, gedingst hat, sozusagen..."
"Der Mops will uns verarschen", grölte ein großer, bedrohlich aussehender Hamster aus der ersten Reihe. "Wo sind denn nun die Fressbuden?"
"Genau, und wo ist die tolle Geisterbahn?" brüllten weitere aufgebrachte Hamster. "Wo ist dieser Hamsterschreck McSchrecker?"
"Äh, also, liebe äh, Schrecker, äh, Gäste, selbstverständlich und dazu stehe ich..."
"Im Moment hängst du aber, du Flasche!", ertönte ein Zwischenruf, und die Menge begann zu johlen und zu lachen. Die Situation geriet nun langsam außer Kontrolle, dessen war sich der Bürgermeister bewusst. Er war sich auch bewusst, dass er keinerlei Chance auf eine Flucht besaß, und genau das war das Schlimmste. Festgeklemmt in einem riesigen Rüssel harrte er nun der Dinge, die sich vor ihm entwickelten. Mit großen Knopfaugen starrte er und sah, wie die Menge auf dem Marktplatz immer aufgebrachter wurde. Er fürchtete das Schlimmste. Sein ganzes Leben schien an ihm vorbeizuziehen, aber weil Hamster ja nicht sonderlich alt werden, dauerte es nur wenige Sekunden.
"Ihr könnt ja nix, ihr Hamsterhausener!" tönte es vom Marktplatz her. "Jedes andere Hamsterland kann so etwas viel besser!"
Ein Albtraum, dachte der Bürgermeister und zwinkerte mit den Augen, weil ihm der salzige Schweiß nach wie vor die Sicht nahm. Wenn doch wenigstens die Hamstische Polizei oder die Feuerwehr käme und den Marktplatz räumen würde, aber die steckte irgendwo im Stau. Höchstwahrscheinlich hatten HAMPO und HAMFE ohnehin für heute Feierabend gemacht, weil ihre Einsatzwagen feststeckten und waren längst nach Hause gegangen. Dann sah der Bürgermeister für einen Moment nur noch Sterne und fühlte, dass ihm etwas Matschiges, übel Riechendes über das Gesicht lief. Das lautete Gelächter der aufgebrachten Menge verriet ihm, dass jemand ihn mit irgend etwas Stinkendem beworfen hatte. Welch eine Frechheit, ihm, einer Respektsperson des öffentlichen Lebens so etwas anzutun! Wütend versuchte er sich zu befreien, seine kleinen Muskeln waren zum Zerreißen gespannt und die kleinen Knopfaugen quollen wie Luftballons hervor.
"Wir werden es euch allen zeigen, wir Hamsterhausener!" brüllte er, so laut er konnte.
Die johlende und krakeelende Menge schwieg verblüfft und starrte auf den zappelnden Bürgermeister.
"Wir werden in wenigen Wochen einen Vergnügungspark errichten, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat! Wir werden das 3. Hamstische Weltwunder erschaffen. Euch werden die Augen übergehen, wenn ihr seht, was wir können! Wir werden es euch zeigen, jawohl!"
Einige, schier endlos dauernde Sekunden war kein einziger Laut zu hören. In weiter Ferne hupte irgendwo ein Auto, und man hätte ein Stück Papier auf den Boden fallen hören. Dann meldete sich der große Hamster aus der ersten Reihe wieder:
"Und das Hamsterschrecker-Monster?"
"Auch das wird da sein! Wir werden sogar den echten McShredder herholen, kein Problem, das können wir!"
Langsam, nach und nach, leerte sich der Marktplatz und der Bürgermeister atmete tief durch. Dann schloss er seine brennenden, kleinen Knopfaugen und fiel erschöpft in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Kapitel 7
Der Bürgermeister wird befreit
Hamsterhausen leerte sich. Die angereisten, ungebetenen Gäste verschwanden in einem hupenden Fahrzeugkonvoi.
Der Trupp der Reparaturhamster stand allerdings etwas ratlos auf dem Marktplatz. Keiner wusste so recht, was sie von dieser Situation halten sollten. Dodo hatte inzwischen Bauleiter Murksel geweckt und ihm in wenigen Worten geschildert, was soeben passiert war.
"Wir werden das 3. Hamstische Weltwunder erschaffen.", schwärmte Tuffi. "Ich finde, das hat er schön gesagt. Ich jedenfalls bin stolz, eine Hamsterhausenerin zu sein!"
"Wäre das nicht wundervoll", rief Tati und seine Augen funkelten begeistert, "wenn wir mit unserer Tanzgruppe bei der Eröffnungsfeier auftreten würden? Herr Bürgermeister, was halten Sie...?"
"Der Ärmste", japste Tuffi, "seht mal, er ist von seiner tollen Rede völlig erschöpft. Goldi, tu doch mal was und stehe hier nicht so rum!"
Missgelaunt betrachtete Goldi die Respektsperson des öffentlichen Lebens, die schlapp am Ende eines Bauschuttrüssels hing und keinen Laut von sich gab. Dann blitzten Goldis Augen kurz auf, und er rief Dodo zu:
"Komm mit, du musst mir mal helfen!"
Goldi rannte zum Rathaus, gefolgt von Dodo, der keine Ahnung hatte, was nun folgen würde. Nach einigen Minuten erreichten die beiden Hamster schwer atmend den 3. Stock, in dem sich das Büro des Bürgermeisters befand. Goldi lief ins Badezimmer, nahm die Brause und lief samt Duschschlauch auf den Balkon.
"Alles klar, Dodo, dreh' mal kräftig am Wasserhahn!"
Ein lautes Knirschen, gefolgt von einem Krachen und dem Zischen einer Wasserfontäne ließen ahnen, dass Dodo mal wieder sein Bestes gegeben hatte. Goldi rannte mit bösen Vorahnungen in das Bürgermeisterzimmer und sah Dodo mit verlegenem Gesichtsausdruck neben der Badewanne stehen.
"Ich habe doch nur kräftig gedreht, und dann war der Hahn ab", jammerte der große, dicke Hamster. "Was machen wir nun?"
Goldi betrachtete die Badewanne, in der der Wasserspiegel mit rasender Geschwindigkeit stieg, denn der kleine Abfluss war nicht in der Lage, diese Wassermenge ablaufen zu lassen. Andererseits, überlegte Goldi, wäre es nicht verkehrt, wenn mit einer größeren Wassermenge und dem damit verbundenen höheren Druck der Bürgermeister ganz einfach aus dem Rüssel gedrückt werden würde.
"Kein Problem, Dodo", grinste Goldi und schloss die Balkontür. "Wir sind fertig mit unserer Arbeit!"
"Aber wie geht das nun weiter?" fragte Dodo ängstlich, als er mit Goldi die Treppen des Rathauses hinunter stieg.
"Ganz einfach, das Wasser wird im Zimmer des Bürgermeisters bis an die Decke steigen. Bauleiter Murksel hat ja eine extra-dicke neue Tür eingesetzt, wie du vielleicht weißt, und da wird das Wasser nicht durchkommen. Aber die Balkontür, ha, ha, die wird wegbrechen wie Pappe, und dann fließt das Wasser über den Balkon in den Rüssel hinein, aber mit so was von Wucht, dass der Bürgermeister einen Freiflug kriegt."
"Ist das nicht furchtbar gefährlich?"
"Keine Angst, Dodo, nicht für uns."
Unten angekommen, liefen die Reparaturhamster aufgeregt auf die beiden zu.
"Und?" fragte Tuffi mit weit aufgerissenen Knopfaugen.
"Kein Problem für Superhamster", tönte Goldi. "Am besten machen wir es uns gemütlich und warten ab. Ach ja, setzt euch etwas zur Seite, es ist nicht gut, wenn ihr euch direkt vor dem Bürgermeister befindet."
Superhamster hatte noch nicht ganz ausgeredet, da geschah es. Ein lautes Krachen war zu hören, und mit offenen Mündern verfolgten die Hamster, wie ein riesiger Wasserschwall aus dem Zimmer des Bürgermeisters schoss. Mit enormer Kraft setzte das Wasser nun seinen Weg über den Balkon fort und bildete einen prächtigen Wasserfall, der über die abgebrochene Seite des Balkons nach Unten stürzte. Ein Teil des Wasserfalls landete in dem Rüssel, der hier befestigt war, und laut gurgelnd setzte das Wasser seinen Weg hin zum Bürgermeister fort.
Die Hamster auf dem Marktplatz sahen staunend zu, und wäre Bauleiter Murksel nicht in der Nähe gewesen, hätte Tuffi am liebsten laut "wunderschön" gerufen. In der Tat sah es beeindruckend aus, wie aus dem Rathaus ein Wasserfall über drei Stockwerke bis auf den Boden schoss. Flecki erkannte als erste die Gefahr.
"Deckung, legt euch auf den Boden!" und schon passierte es. Ein Knall, ein Schrei und etwas Großes, Pelziges flog durch die Luft. Dann folgte ein zweiter Schrei, und ein lauter Klatscher war zu hören.
"Der Bürgermeister ist gelandet", stellte Dodo fest.
"Das Wasser", kreischte Flecki plötzlich. "Es überflutet den gesamten Marktplatz! Goldi, das war deine Idee, also stelle das Wasser sofort wieder ab oder wir ersaufen!"
"Immer ich", knurrte Goldi, "aber das war ich dieses Mal nicht. Dodo hat den Wasserhahn abgerissen."
"Mir nach, Hamster!" schrie Bauleiter Murksel plötzlich und rannte zum Rathaus.
"Welch ein mutiger Mann", schwärmte Tuffi, als sie sah, wie Murksel gegen den Strom ankämpfte und versuchte, das Treppenhaus zu erreichen. Die Wasserfluten jedoch waren zu stark, und schon wenige Minuten später trieb der erschöpfte Bauleiter an den Reparaturhamstern vorbei und über den Marktplatz bis hin zum Bürgermeister. Der war inzwischen wieder auf die Beine gekommen und rief dem Bauleiter zu:
"Mein lieber Murksel, schön, dass ich Sie sehe. Was meinen Sie, werden wir den Zeitplan halten können? Es geht schließlich um unsere Zukunft."
"Glubb, gluuuub." Der Bauleiter hatte große Mühe, den Kopf über Wasser zu halten.
"Das sehe ich genauso", entgegnete der Bürgermeister und nickte, während es ihm einige Mühe bereitete, in der immer heftiger werdenden Strömung stehenzubleiben.
"Vielleicht hätte ich von diesem Shredder nichts sagen sollen. Meinen Sie nicht, es könnte Probleme geben, dass der Lord sich für eine Geisterbahn zur Verfügung stellt?
"Glblblbl Bluuuurb", antwortete Murksel.
"Da könnten Sie recht haben", entgegnete der Bürgermeister nachdenklich. Inzwischen war die Strömung so stark geworden, dass er sich nicht mehr auf den kleinen Pfoten halten konnte und nun neben dem verzweifelt nach Luft ringenden Bauleiter her schwamm.
"Auf alle Fälle werden wir das beste Team aufstellen, das wir zur Verfügung haben, da können Sie sicher sein, Murksel. Notfalls werde ich mitmachen, denn wir müssen Erfolg haben."
"Glldibb, Glldibb!"
"Natürlich, mein lieber Bauleiter nehme ich Sie mit, das ist doch selbstverständlich. Vielleicht sollte ich Ihnen meinen Plan ein wenig näher erläutern..."
Während der arme Bauleiter sich die Monologe seines Vorgesetzten anhören musste, und sie gemeinsam durch die Straßen von Hamsterhausen trieben, war es Goldi und Flecki gelungen, den Hauptwasserhahn des Rathauses zu finden und die Fluten zu stoppen.
"Und was nun", fragte Tati, als die Hamster des Reparaturteams auf einem Schuttberg standen und den See betrachteten, der sich auf dem Marktplatz gebildet hatte.
"Keine Ahnung", antwortete Flecki, "aber ich fürchte, die Sache geht jetzt erst richtig los."
Kapitel 8
Planungen III
Wenn auch der Ruf von Hamsterhausen an diesem Tag reichlich beschädigt worden war, so hatte die darauf folgende Überschwemmung des Rathausplatzes doch auch etwas Gutes gehabt. Der Marktplatz hatte sich zwar in eine riesige, schlammige Fläche verwandelt, dafür war diese Fläche nun aber frei von Unrat und Gerümpel. Die Wassermassen hatten die Arbeit des Reparaturteams übernommen und alles Unnötige in die Kanalisation geschwemmt. Hoch erfreut konnte man nun mit den ersten Vermessungen beginnen. Die Assistenten für die Durchführung der Planungen, nämlich Tuffi und Dasie verbrachten die nächsten Tage damit, mit Maßbändern die Gesamtfläche des Marktplatzes zu ermitteln. Ihre Aufgabe bestand darin, die vom Schichtführer ermittelten Werte aufzuzeichnen und die Stellflächen zu berechnen. Die unerfreuliche Aufgabe, mit dem Maßbändern durch den Schlamm zu kriechen, fiel dem Schichtführer zu. Da der eigentliche Schichtführer, Dodo, noch mit der Trockenlegung des Rathauses beschäftigt war, übernahm sein Assistent Trampel die Messungen.
Tuffi und Dasie saßen hoch und trocken auf einer eigens für diesen Zweck aufgebauten Plattform und sahen Trampel bei der Arbeit zu. Immer wieder blieb der Assistent des Schichtführers in dem zähen Brei stecken, und es dauerte von Mal zu Mal länger, bis er zurück zur Plattform gekrochen kam und den beiden Assistentinnen für die Durchführung der Planungen seine gemessenen Werte übermittelte. Tuffi und Dasie waren daher froh, dass Sasie und Tati auf einen Besuch vorbei kamen und ihre neuesten Tanzschritte vorführten. Es dauert nicht lange, und es fand ein fröhlicher Tanzwettbewerb statt. Trampel, der gerade die neuesten Messdaten abliefern wollte, war inzwischen dermaßen verdreckt, dass er nicht mehr als Hamster zu erkennen war. Sein Fell war von Schlamm verklebt, und er sehnte den Feierabend herbei. Leider war noch ein gutes Drittel der gesamten Fläche nicht vermessen, und der Wasserstand schien eher zu steigen als zu fallen. Niemand kam an den Rand der Plattform, um seine Messdaten entgegenzunehmen. Verärgert kletterte er die Plattform hinauf und wurde gleich wieder hinuntergescheucht.
"Lass dir nur nicht einfallen, mit deinen schmutzigen Pfoten unsere Tanzfläche zu betreten! Du kannst uns die Zahlen zurufen, das genügt." bekam er von Dasie zu hören.
Während also Assistent Trampel einen höchst unerfreulichen Tag im Schlamm verbrachte, war es Bauleiter Murksel und der gesamten Reparaturtruppe gelungen, das Wasser im Rathaus abzupumpen. Da die Kanalisation durch den Bauschutt bereits total verstopft war, floss ein Großteil des Wassers direkt auf den Marktplatz, doch das war im Moment nebensächlich, da es ohnehin nur eine Person betraf. Zudem hatte man nun fast unbegrenzt Schlamm, der mit Beton vermischt werden konnte und wunderbares Baumaterial für die Reparatur des Rathauses lieferte.
Am Ende des Tages war es geschafft, und die Laune von Bauleiter Murksel hatte sich erheblich gebessert. Auch der Bürgermeister hatte sich von seinem Abenteuer mit dem Bauschuttrüssel erholt und lud das Reparaturteam und alle Beteiligten auf ein Stück Kuchen in das Rathaus ein. Lediglich Trampel wurde der Eintritt verwehrt mit der Begründung, sich erst einmal gründlich zu reinigen. Nachdem der Bürgermeister persönlich Kuchen und Torten in sein Büro getragen hatte, deckte er zusammen mit Flecki, Tati und Dodo den Tisch. Kerzen und Servietten wurden verteilt. Dann gingen alle in die große Vorhalle, wo der Bürgermeister eine kleine Ansprache vorbereitet hatte.
"Meine lieben Hamster, es ist mir eine große Ehre und Freude...."
"Mir wäre es eine große Freude, wenn ich endlich eine Torte bekäme", knurrte Goldi leise zu Flecki.
"...und keine Mühen und Kosten gescheut, besonders in Hinblick auf das Gelingen..."
"Bestimmt kapierst du sowieso nicht, wie schön der Tisch gedeckt ist, und wie viel Liebe man dazu braucht, du Vielfraß!" fauchte Flecki zurück.
"...zeigt es sich immer wieder, dass Hamsterhausen eben Hamsterhausen ist. Dodo, würdest du schon einmal vorgehen und den Tisch anzünden?" wandte sich der Bürgermeister an Dodo, der sich eilig auf den Weg machte.
"Natürlich war dieses nur ein Anfang, und viele schwere Aufgaben stehen noch vor uns. Doch was wäre Hamsterhausen ohne Herausforderungen, liebe Freunde?"
"Vielleicht könnte man dann endlich mal in Ruhe etwas futtern..." warf Goldi ein.
Der Bürgermeister tat, als hätte er nichts gehört und wollte gerade mit seiner Rede fortfahren, als Dodo zurückkam.
"Danke, mein lieber Dodo. Also, wie ich schon sagte..."
"Herr Bürgermeister?"
"Ja, Dodo?"
"Ich habe den Tisch angezündet, äh, soll ich die Kerzen auch noch anzünden?"
Nach einer Stunde hatte die Hamstische Feuerwehr den Brand unter Kontrolle. Während Dodo mit seinem Assistenten Trampel nun das Büro des Bürgermeisters mit grüner Seife schrubben musste, um wenigstens die schlimmsten Brandspuren zu beseitigen, setzten sich die Hamster in die Vorhalle, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Nach einigen Stunden fasste Bauleiter Murksel die Beschlüsse zusammen.
"Das Rathaus steht wieder, und wenn dieser Riesenidiot das Büro gereinigt hat, ist der Punkt abgehakt. Kommen wir zum Pleasure-Dome-Projekt, auch das sieht gut aus. Die Entwürfe des Architektenteams sind fertig. Der Marktplatz ist geräumt, und in den nächsten Tagen können die Stützpfeiler in den Boden gerammt werden. Das übernimmt das 3. Reparaturteam. Danach fängt das 2. Reparaturteam mit den Aufbauten an und wird sich genau an die Zeichnungen des Architektenteams halten. Das dürfte keine Probleme geben. Der Rest kommt mit mir."
"Wohin denn, Herr Bauleiter?" fragte Tuffi neugierig, und auch alle anderen Hamster reckten die Hälse.
"Ich denke, das sollte allen klar sein, da unser überaus schlauer Bürgermeister ja kürzlich eine grandiose Idee hatte."
"Nee, näh?" meldete sich Goldi. "Wir sollen doch wohl nicht den ollen McShredder heranschleppen?"
"Die Idee kannst du dir ins Fell schieben, Bürgermeister, nicht mit mir!" schrie Flecki aufgebracht.
"Äh, meine lieben Hamster, auch ich habe schlechte Erfahrungen mit diesem Herrn gemacht und, äh..."
"Schlechte Erfahrungen, Bürgermeister?" Goldi kam nun auch in Fahrt. "Der hat mich mit seiner blöden Pfeife fast angezündet!"
"Ja nun, äh, lieber Goldi, es geht doch um Hamsterhausen. Wir müssen doch allen beweisen, dass wir klüger sind als..."
"Herr Bürgermeister", meldete sich nun Dodo, der einen Putzeimer mit sich herum schleppte, zu Wort.
"Ja, Dodo?"
"Ich bin fertig, aber die Bilder an der Wand habe ich nicht ganz sauber gekriegt, da ist immer noch ein bisschen Farbe auf den Leinwänden zu sehen!"
"Äh, sehr schön, Dodo, also wie ich eben gepflegt zu haben sagte, nein, gepflegt sagte, ach egal. Wenn wir den Mistkerl nicht in der Monsterbahn präsentieren, werden wir auf alle Zeit das Gespött aller Hamster sein, findet ihr das nicht schrecklich? Was meinst du, Flecki?"
"Geisterbahn. Es heißt Geisterbahn und nicht Monsterbahn!"
"Und das Essen dort ist eine Katastrophe!" grölte Goldi.
"Ach tatsächlich", spottete Flecki, "aber das hat dich damals aber nicht vom Fressen abgehalten, wie?"
"Also, liebe Hamster, vielleicht sollten wir..."
"Und wir mussten draußen schlafen! Einmal sogar auf harten Schienen!" schimpfte Tati und schüttelte den Kopf.
"Aber das können wir in Zukunft anders machen, jawohl!"
"Wie denn das, bitte schön, Dodo?" fragte Tati.
"Na ja, ich meine, wir müssen uns ja nicht auf die harten Schienen legen. Wir suchen uns einfach eine Weiche, da ist es bestimmt nicht so hart."
Es wurde eine lange Diskussion. Bis spät in die Nacht und weiter bis in den frühen Morgen ging die Diskussion. Da kein Ergebnis und auch kein Kompromiss erreicht werden konnte, schlug der Bürgermeister vor, eine Volksbefragung durchzuführen.
"Jeder Hamster in Hamsterhausen wird blöde grölen, dass er das 'Hamster-Schrecker-Monster' will. Und dann?" keifte Flecki und sah den Bürgermeister wütend an.
"Dann werden sie dafür stimmen, dass der Alte geholt wird", fügte Goldi hinzu. "He Bauleiter, was meinst du eigentlich dazu?"
Alle Augen waren nun auf Bauleiter Murksel gerichtet. So mancher Hamster war müde und erschöpft und wünschte sich ein klärendes Wort. Wenn der Bauleiter dafür war, dann wären alle dafür. Murksel aber hatte schon lange nichts mehr gesagt. Das hatte einerseits den Grund, dass er mehrfach eingenickt war und andererseits, dass auch er keine Lösung für das Problem wusste. Allerdings hatte der Bauleiter sich schon so seine Gedanken gemacht. Natürlich könnte er sich die nächsten Wochen mit drei verschiedenen Reparaturteams herumärgern, die Idiotien und Katastrophen am laufenden Band lieferten, und die ihn vom Morgen bis in den Abend in den Wahnsinn trieben. Könnte er, wenn er in Hamsterhausen bleiben würde. Andererseits.....
"Meine Damen und Herren", begann er, "ich fürchte, uns bleibt nichts Anderes übrig, als den alten McShredder zu uns einzuladen!"
Kapitel 9
Reisevorbereitungen
"Ausgezeichnet, dann kann es ja los gehen!" Der Bürgermeister war zufrieden. "Selbstverständlich wird die Abreise so schnell wie möglich stattfinden. Es ist von äußerster Wichtigkeit, dass der Zeitplan eingehalten wird. Ihr schafft das schon, ich, äh, gehe mal wieder an meine, äh, Arbeit."
Er drehte sich schnell um und tippelte in Richtung Rathaus, um sich einem ausgiebigen Schlaf zu widmen. Weit kam er nicht, denn Tuffi rief entsetzt: "Aber Herr Bürgermeister, Sie wollen uns doch wohl nicht alleine fahren lassen? Ohne ihre Eingebungen sind wir vielleicht verloren!"
"Also das sehe ich zwar nicht so", fauchte Flecki, "aber uns nach Schottland schicken und selber hier bleiben wollen, das ist ja wohl nicht drin!"
"Genau", rief Hamstilidamst, "Sie wollten doch den blöden McShredder einladen. Wir müssen das alleine ausbaden, und Sie machen sich einen schönen Tag, oder wie?"
Der Bürgermeister drehte sich langsam um. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft, doch da seine Gedanken bereits auf ein gemütliches Nickerchen eingestellt waren, fiel ihm nichts ein. Rein gar nichts, außer ein paar beschwichtigenden Worten über Verantwortung und sein Amt, die sowieso keiner hören wollte. Es folgte somit eine heftige Diskussion, die letztlich darin gipfelte, dass niemand mehr die Reise antreten wollte. Entweder alle oder keiner, wie Trampel lautstark betonte.
Dem Bürgermeister war nicht wohl zumute. Einerseits wäre gegen solch eine Reise nichts einzuwenden, denn schließlich würden sie bestimmt wieder viel Interessantes erleben. Andererseits, was könnte schöner sein, als viel Schlafen, Reden halten und wichtig sein? Genau genommen, würde er aber bald gar keine Reden mehr halten und seine Wichtigkeit einbüßen, wenn der Pleasure-Dome nicht fertig werden würde. Er wäre das Gespött sämtlicher umliegenden Hamsterländer für den Rest seines Lebens. Er versuchte, cool zu lächeln, doch er brachte nicht mehr als ein dümmliches Grinsen zustande.
"Nun, selbstverständlich werde ich mich meinen Pflichten gegenüber meinen Hamstern nicht entziehen und..."
"Dann ist ja alles geklärt", unterbrach ihn Murksel. "Wie aber sollen wir zum Schloss von diesem McShredder kommen, ich habe da keine Idee?"
Alle verfielen in tiefes Grübeln. Zwar waren sie tatsächlich schon vor vielen Tagen auf die Idee gekommen, dem Lord eine Einladung zu schicken, doch die Hamstische Post hatte sich geweigert, den Brief anzunehmen. In der Begründung hieß es, dass Postzustellungen nur innerhalb bekannter hamstischer Gebiete erfolgen könnten. Nachdem der Bürgermeister persönlich in der Oberhamstischen Poststelle vorgesprochen hatte, wurde das Thema eingehend in den zuständigen Stellen der Hamstischen Post diskutiert. Nach einer Woche erhielt der Bürgermeister ein Schreiben der Oberhamstischen Postdirektion, dass die Hamstische Post eine Briefmarke für die Zustellung eines Briefes nach Schottland zur Verfügung stellen würde. Der Preis für diese Briefmarke sollte 100.000,- Hamstische Sickel betragen, da es sich um eine Sonderanfertigung handelte. Die Hamstische Post erklärte sich auch bereit, diesen Brief bis an die Landesgrenze bis nach Hamstercity zu befördern. Von dort aus würden Spezialisten der Hamstercity Post den Brief mittels einer neuen Beförderungsart in den Überseebereich versenden. Nachdem herauskam, dass es sich bei dieser neuen Beförderungsart um ein leeres Marmeladenglas handelte, das ins Meer geworfen werden sollte, winkte der Bürgermeister dankend ab. Weitere Gespräche mit der Hamstischen Post waren danach gescheitert. Die Möglichkeit einer Art Luftpost wurde auch in Erwägung gezogen, wobei in erste Linie Goldi einige Ideen hatte. Da Goldi jedoch keinerlei Garantie für eine erfolgreiche Zustellung der Einladung mittels einer Rakete abgeben konnte, wurde auch dieser Plan verworfen. Eine Schifffahrt war von vorneherein gar nicht erst in Betracht gezogen worden, da kein Hamster es je gewagt hatte, mit einem eigenen Schiff sich weiter als 10 Meter vom heimatlichen Ufer zu entfernen. Der einzige Hamster, der es je gewagt hatte, war Trampel gewesen, allerdings unfreiwillig, da er die Paddel an Land hatte liegen lassen. Nach drei Tagen war er dann halb verhungert wieder an den Strand von Hamstercity gespült worden. Die Möglichkeit, mit einem Auto bis hin zur Fähre in Amsterdam zu fahren, erwies sich als nicht durchführbar. Hamstische Autos waren auf Sonnenblumenöl als Treibstoff angewiesen, und der derzeitige Spritverbrauch der Motoren war einfach zu hoch. Es wurde ausgerechnet, dass für eine einfache Fahrt bis Amsterdam 5 Liter Sonnenblumenöl nötig waren, was bedeutet hätte, dass ein Auto von ca. 20 Tanklastwagen hätte begleitet werden müssen. Allerdings hätten auch diese Tanklastwagen von vielen anderen Tanklastwagen begleitet werden müssen, da auch sie Sonnenblumenöl als Treibstoff benötigten.
"Wir könnten ja ein Kompetenz-Team bilden", schlug Tuffi vor.
"Genau", rief Trampel, "dann wären wir doch schon einen Schritt weiter, oder?"
"Eine ausgezeichnete Idee", trompetete der Bürgermeister. "Was halten Sie davon, mein lieber Bauleiter?"
"Ich weiß zwar nicht, in welche Richtung wir dann einen Schritt weiter wären, aber ich finde, dass diese beiden kleinen Schlauköpfe das machen."
"Äh, was machen?" fragte Trampel entsetzt.
"Ein Kompetenz-Team bilden. Eure Aufgabe ist es, bis morgen herauszufinden, wie wir zum Schloss von McShredder kommen. In der Zwischenzeit werde ich mit den Reparaturteams 2 und 3 noch ein paar Sachen klären."
"Aber ich bleibe doch hier, oder?" fragte Dodo ängstlich. "Ich meine, ich bin doch der Schichtführer, und kann doch meine Arbeit nicht im Stich lassen."
"Du kommst mit", ordnete Bauleiter Murksel an. "Ich brauche dich für die Feinarbeiten unterwegs."
Im Hintergrund bekam Flecki einen Lachanfall.
"Aber Sasie und ich müssen zu unserer Tanzgruppe, wir können nicht weg", warf Tati hoffnungsvoll ein.
Bauleiter Murksel wirkte leicht genervt während der Bürgermeister nervös mit einer Pfote auf dem Boden tippte. Das tat er immer, wenn er nicht wusste, was er sagen sollte. Murksel holte tief Luft, drehte sich um und sprach:
"Damit das ein für alle Mal klar ist, von nun an ist Ausgangssperre, Urlaubsstopp und Schnauzehalten angesagt. Die folgenden Hamster werden mitkommen: Tuffi, Dasie, Hamstilidamst, Sasie, Teeblättchen, Dodo, Trampel, Flecki und Goldi, Tati, sowie der Bürgermeister und ich. In 24 Stunden wird klar sein, wie wir fahren und bis dahin haben alle ihre Sachen gepackt und zwar nur das Nötigste, ist das klar?"
"Heißt das, ich muss mein Tanzkleid und meine Tanzschuhe zu Hause lassen, weil, ich dachte, ich könnte unterwegs..."
"Und wieso kommt Hamstilidamst mit?" unterbrach Flecki Sasies Redeschwall. "Der ist doch noch viel zu klein."
"Nun, öh, Hamstilidamst kommt mit, weil er sagt, er hätte schottische Vorfahren. Das könnte hilfreich bei der Wegfindung sein. Was die Tanzsachen betrifft, so glaube ich, es wäre besser, sie hier zu lassen." antwortete der Bürgermeister.
"Ach nee", begehrte Flecki auf. "Hamstilidamst findet doch nicht einmal alleine den Weg nach Hamsterhügel, und so einer soll uns führen?"
"Nun ja", warf Goldi ein, "er hat aber mal eine Karte von den Highlands gesehen und..."
"Ach, und außerdem ist er dein Kumpel, wie?" Flecki geriet allmählich in Rage. "Du glaubst wohl, weil..."
"Ich hab's!" rief plötzlich Trampel so laut er konnte. "Ich weiß jetzt, wie wir nach Schottland kommen!"
Kapitel 10
Alles Käse
Alle Augen waren auf den kleinen Trampel gerichtet. Der Bürgermeister hörte auf, mit der Pfote auf den Boden zu tippen, und Flecki hörte auf, Goldi zu würgen.
"Erzähl!" riefen Sasie und Dasie wie aus einem Mund.
Trampel schien sich auf einmal etwas unwohl zu fühlen, er sah kurz zu Goldi hin und blickte anschließend unsicher auf den Boden.
"Nun erzähl schon", ermunterte ihn der Bauleiter, "wir warten!"
"Also, ich dachte da an den Käsetransport", murmelte Trampel und guckte schuldbewusst zu Goldi.
"Käsetransport?" fragte Teeblättchen. "Was ist denn das nun schon wieder?"
Trampel blickte verlegen auf den Boden, seine Schnurrbarthaare zitterten, während seine Freunde ihn neugierig anstarrten. Flecki warf einen Seitenblick auf Goldi, doch den schien das alles nicht zu interessieren. Etwas jedoch sagte ihr, dass Goldi irgend etwas wusste. Sie stieß ihn in die Seite und flüsterte: "Da hast du doch wohl wieder deine dreckigen Pfoten im Spiel, oder?"
Goldi antwortete nicht, sondern betrachtete interessiert ein paar Steine auf dem Boden.
"Trampel, ich lasse dich mit einer Zahnbürste den Marktplatz schrubben, wenn du nicht sofort einen ausführlichen Bericht lieferst, was dieser Käsetransport ist, und was das bedeutet!"
Ängstlich blickte Trampel in die wütend funkelnden Augen des Bauleiters, schluckte und begann zu erzählen.
"Also, dieser Käsetransport ist eigentlich eine Autobahnraststätte, die recht weit weg von hier ist, und die Goldi mal gefunden hat. Den Namen hat er sich ausgedacht, weil da so viele Lastwagen halten, die Käse transportieren, das heißt eigentlich transportieren sie keinen Käse, jedenfalls nicht alle, sondern sie hatten Käse transportiert, zumindest einige."
"Häh? Was ist denn das für ein Quatsch? Und wie kommt es, dass Goldi weit läuft? Seine längsten Strecken sind doch die zum Lebensmittelladen und zurück!"
Trampel blickte Flecki mit riesigen Knopfaugen an und fuhr leise fort: "Das war damals, als die Sache mit der Gulaschkanone passiert war, und er sich verstecken musste."
Schlagartig wurde allen Hamstern klar, was das bedeutete. Nachdem nämlich Goldi vor langer Zeit die unglückselige Idee gehabt hatte, Hamsterhausen mit einer Gulaschkanone beglücken zu wollen, gab es außer einer gewaltigen Explosion auch eine Riesenüberschwemmung durch Gulasch. Es hatte lange gedauert, bis diese Sauerei aufgeräumt werden konnte. Der Bürgermeister hatte noch am selben Tag einen Haftbefehl gegen Goldi ausgesprochen. Dieser Haftbefehl wurde zu Fleckis Bedauern allerdings nie vollstreckt, denn Goldi war nach der Explosion verschwunden. Als er dann wieder auftauchte, hatte Hamsterhausen gerade andere Probleme, und die Sache mit dem Haftbefehl geriet in Vergessenheit. Jetzt war also endlich geklärt, wo Goldi sich zu dieser Zeit versteckt hatte.
"Jedenfalls hatte er weit hinter der Grenze von Hamsterhausen einen einsamen Rastplatz an einer Landstraße gefunden. Hier halten oft Lastwagen, die auf der Durchreise sind. Einige Wagen sind randvoll gefüllt mit leckerem Gouda, den sie irgendwo abliefern wollen. Andere Wagen hingegen sind leer und auf dem Rückweg. Goldi erzählte, dass er den Namen Amsterdam einmal auf einen der Lkws gelesen hatte. Das war ihm nämlich deshalb aufgefallen, weil das so ähnlich wie Hamsterdam klang."
Trampel unterbrach seinen Vortrag und sah sich vorsichtig um. Alle starrten ihn weiterhin an, und keiner sagte ein Wort. Trampel schluckte zwei-, dreimal, dann schaute er flehentlich zu Goldi.
"Jedenfalls haben wir mal nachgeschaut, wo dieses Amsterdam liegt, und dabei haben wir auch herausgefunden, wo dieses Gouda liegt."
"Und?" hauchte Teeblättchen.
"Ganz in der Nähe von Amsterdam", fuhr Goldi fort. "Kurz hinter Utrecht."
Nun waren wieder alle Augen auf den Bürgermeister und den Bauleiter gerichtet, die nahe beieinander standen und die im Grunde genommen genauso ratlos wie alle anderen waren. Der Bürgermeister begann erneut, mit seiner linken Pfote auf den Boden zu tippen, während Murksel sich nachdenklich am Fell kratzte. Nun musste eine Entscheidung gefällt werden, und es war zu spüren, dass die Spannung der Hamster sich auf dem Höhepunkt befand.
"Gouda kenne ich nur als Käse", unterbrach Dodo die Stille. "Wenn wir schon mal dort sind, können wir doch jede Menge als Vorrat mit nach Schottland nehmen, oder?"
Flecki verdrehte die Augen, Goldi grinste Hamstilidamst an, Trampel blickte ratlos auf den Boden, und der Bürgermeister betrachtete nachdenklich Bauleiter Murksel. Der wiederum sah vorwurfsvoll hinüber zu Flecki, Sasie und Dasie, die sich leise flüsterternd darüber unterhielten, welche Kleider sie auf der Reise anziehen sollten. Daneben stand Tuffi und wusste nicht, was sie sagen sollte.
"Öh, ja, Dodo, das ist eine ausgezeichnete Idee. Hat noch jemand Vorschläge?" Fragte der Bürgermeister und wäre fast umgefallen, als er beim Tippen mit der Pfote das Gleichgewicht verlor.
"Um Zeit zu sparen, sollten wir mit einem Auto bis zum Käsetransport, äh, ich meine bis zu der bewussten Raststätte fahren."
"Gute Idee, Goldi", sagte Murksel und nickte nachdenklich mit dem Kopf. "Möglicherweise können wir das Auto auf einem der Lastwagen dort verstecken und von Gouda aus bis Amsterdam zur Fähre fahren. Alles weitere entscheidet sich dann an Ort und Stelle. Wir packen noch heute unsere Sachen und werden morgen starten. Was meinen Sie, Herr Bürgermeister?"
"Öh, nun, äh, ich glaube, ich spreche im Namen aller anwesenden Hamster, wenn ich noch einmal auf die Notwendigkeit und Wichtigkeit dieser anstehenden Reise, die..."
"Mann, komm endlich zur Sache!" fauchte Flecki ungeduldig.
"Also gut", fuhr der Bürgermeister etwas genervt fort. "Wir nehmen den Wagen..."
Weiter: Das Projekt Pleasure Dome (Kapitel 11-15)
Kapitel 11
Auf geht’s
Wie ein Lauffeuer hatte sich die Neuigkeit in Hamsterhausen verbreitet. Hunderte von Hamstern standen dicht gedrängt auf dem Marktplatz und warteten vor dem Rathaus in der Hoffnung auf eine kleine Feier. Als es keine Feier gab, kam es nach kurzer Zeit zu den ersten Ausschreitungen, die Hamstische Polizei musste einschreiten und wie üblich die aufgebrachte Menge mit Sonnenblumenkernen beruhigen. Als dann auch noch der Bürgermeister auf dem Balkon des Rathauses auftauchte, machte die Meute, dass sie verschwand, denn auf eine Rede war nun wirklich niemand scharf. Etwas enttäuscht zog sich der Bürgermeister wieder zurück und setzte die letzten Reisebesprechungen mit Murksel, Tuffi, Dasie, Hamstilidamst, Sasie, Dodo, Trampel, Flecki, Goldi,Tati und Teeblättchen fort. Viel zu besprechen gab es auch nicht, denn das Wenige, was geplant werden konnte, war schnell geplant. Bauleiter Murksel hatte einen kleinen Transportbus aus den Hamstischen Reparaturbeständen besorgt. Tuffi, die Erfahrungen im Umgang mit Bulldozern und ähnlichen Baufahrzeugen hatte, sollte zunächst das Lenkrad übernehmen.
"Und warum darf ich nicht fahren?"
"Das wirst du dir wohl schon denken können, Goldi", antwortete Flecki vorwurfsvoll. "Denke doch mal an die Schneeräumungsaktion im letzten Winter. Du solltest mit dem Schneeräumer die Wege für die Fußgänger frei schieben. Statt dessen hast du die Fußgänger von den Wegen geschoben. Zwei Fußgänger mussten mit Unterkühlungen in das Krankenhaus gebracht werden, weil du sie mit dem Räumfahrzeug einfach tief unter die Schneemassen vergraben hattest."
"Das war im Winter, das ist lange her."
"Ach, und die Verfolgungsjagd im letzten Monat zu mitternächtlicher Stunde mit deinem Kumpel Knödel? Drei Ampeln habt ihr plattgemacht, bevor..."
"Ist ja schon gut", brummte Goldi und warf seinen Rucksack missmutig in den Bus.
Es dauerte ein wenig, bis auch das Gepäck der übrigen Mitreisenden verstaut war, und jeder Platz genommen hatte. Die Abfahrt gestaltete sich zu einem kleinen Triumphzug, denn natürlich wollte jeder dem mutigen Kompetenz-Team noch einmal zuwinken. Die ersten Wetten wurden abgeschlossen, und erstaunlicher Weise ging es weniger um die Frage, ob das McShredder-Monster herbeigeschafft würde, sondern eher um die Frage, ob das Kompetenz-Team überhaupt lebend über den Ärmelkanal kommen würde. Die kleine Truppe in dem kleinen Transportbus bekam von diesen Dingen natürlich nichts mit und winkte fröhlich in die Menge zurück. Die Hamsterhausener Grenze wurde bereits nach kurzer Zeit erreicht, und Goldi wies Tuffi den Weg zu der fraglichen Raststätte. Bald stand die kleine Truppe auf einem großen Parkplatz und sah sich um.
"Das ist unheimlich hier", jammerte Dodo, "all die großen Lastwagen. Wie sollen wir da bloß reinkommen?"
"Warum fragen wir nicht einfach, ob wir mit dürfen?" schlug Teeblättchen vor.
"Besser nicht", warf Goldi ein. "Die denken doch sofort, dass wir Käse klauen wollen."
"Womit sie sicherlich auch Recht haben, wenn ich da an gewisse Hamster denke", spottete Flecki. "Kann es sein, dass du damals schon einige Raubzüge unternommen hattest? Jedenfalls wunderte es mich damals sehr, dass du reichlich zugenommen hattest, als du nach deiner Flucht irgendwann wieder aufgetaucht warst!"
"Du solltest mir dankbar sein, denn jetzt weiß ich als Einziger, was wir machen müssen."
Goldi zeigte mit der Pfote auf einen weit entlegenen Teil der Raststätte.
"Dort Hinten stehen die Lkws, die auf der Rückfahrt sind. Die sind nämlich leer, und da gibt es nichts zu holen. Gleich neben uns stehen die vollen Lastwagen, voll mit leckerem Käse. Dort sollten wir anfangen."
"Womit anfangen?"
Goldi starrte Tuffi erstaunt an und keuchte: "Uns zu proviantisieren natürlich!"
"Uns zu was?" fragte Dodo mit riesengroßen Augen, aus denen das Entsetzten hervorkroch. "Und wenn dabei etwas passiert? Das ist doch gefährlich, oder?"
"Goldi hat Recht", beschied Bauleiter Murksel, "es wäre nicht verkehrt, etwas Essbares aus einem der Laster zu besorgen und dann eine Reisegelegenheit zu suchen."
Der Bauleiter hatte den Satz noch nicht beendet, als Goldi und Trampel auf einen der Lkws geklettert und durch eine Öffnung in der Plane verschwunden waren. Wenig später schaute ein Hamsterkopf aus der Öffnung hervor, und es war Goldi, der rief: "Pass auf Dodo, hier kommt die erste Ladung!"
Dodo schaffte es gerade noch, seine Pfoten in die Luft zu heben, als ein streichholzschachtelgroßes Stück Käse an seinen Kopf prallte. Reflexartig hielt er den Käse mit den Pfoten fest und wollte gerade anfangen, laut zu jammern und der Welt mitzuteilen, dass er nun eine Beule am Kopf hätte, als das nächste Stück geflogen kam.
"Achtung, Dodo, hier kommt Nummer zwei!"
Kreischend hatte sich der große Hamster umgedreht und versuchte zu flüchten. Ein Stück Käse klatschte ihm in den Nacken und er fiel vor Schreck hin. Dann kam noch ein Stück geflogen und noch eins. Dann waren immer wieder die 'Achtung, hier kommt Nummer sowieso'-Rufe von Goldi und Trampel zu hören, die jedes Mal von einem ängstlichen Wimmern Dodos beantwortet wurden. Nach dem zehnten Wurf kletterten die beiden von dem Lkw herunter. Goldi lief zu Dodo, klopfte ihm auf die Schulter und meinte: "War doch alles halb so schlimm wie? Nun brauchst du unsere Vorräte nur dort hinten hin zu schleppen!"
"Ich kann nicht mehr, das ist viel zu weit!"
"Aber, aber, Dodo, das ist doch ein Klacks für einen Hamster, eine echte Lachnummer!" versuchte Trampel, ihn zu trösten.
"Mir tut aber der Kopf weh, ich kann nichts mehr tragen. Wie wäre es, du hilfst mir?"
"Das finde ich aber auch", meldete sich nun Murksel. "Wenn das doch eine Lachnummer ist, dann wollen wir doch, dass unser Freund Trampel etwas zu lachen hat, oder?"
Seufzend ließ sich Trampel von Dodo ein Stück nach dem anderen aufladen, während er sich auch noch Dodos Gejammer über dessen Beulen anhören musste. Der Rest der Truppe war bereits vorausgegangen, um Ausschau nach einem geeigneten Beförderungsmittel zu halten. Ein dunkelblauer Lkw stand etwas abseits von den übrigen Fahrzeugen und schien für ihre Zwecke ideal zu sein. Die Heckklappe war geöffnet und ein langes Seil hing bis auf den Boden hinunter. Bauleiter Murksel prüfte das Seil und war zufrieden.
"Ein festes, solides Seil, daran können wir den Wagen hochhieven."
"Können wir nicht lieber den hübschen roten Lastwagen dort hinten nehmen?" rief Tuffi.
"Oder den süßen gelben daneben, Bauleiter, der hat auch richtig saubere Reifen!" schlug Sasie vor.
"Und der da vorne hat so tolle Streifen an der Seite", schwärmte Dasie, "der ist auch sehr hübsch!"
"Genau", rief Sasie, "das dunkle Blau wirkt so traurig, wir sollten..."
"Klappe halten!" rief Murksel genervt. "Trampel, schieb den Käse in den Wagen und lieg nicht so untätig herum. Tuffi, du bindest das eine Seilende an die Anhängerkupplung von unserem Transporter. Die anderen klettern mit mir auf den Lkw, wir ziehen die Karre mit dem Seil hoch."
Nachdem sich das Hochziehen als nicht durchführbar erwiesen hatte, versuchten es die Hamster auf andere Weise.
"Bei drei springen wir, aber haltet euch fest am Seil", rief der Bauleiter und griff selber nach dem Seil. "Ein-zwei-drei!"
Mit einem fröhlichen Uhuj sprangen jetzt 10 Hamster mit dem Seil in die Tiefe. Tuffi und Trampel waren im Transporter sitzen geblieben und kamen sich plötzlich vor wie in einem Fahrstuhl, als sie nach oben gezogen wurden. Dann war die rasante Fahrt vorbei, und alles war still. Das Seil, das durch eine Öse an der Oberseite der Heckklappe befestigt war, hatte gehalten. In halber Höhe hingen sie: auf der einen Seite hing der Transporter, auf der anderen Seite die Hamster.
"Und nun?" jammerte Dodo. "Was machen wir nun?"
"Nun, äh, auf keinen Fall dürfen wir uns hängen lassen", stöhnte der Bürgermeister, der durch sein Gewicht natürlich mehr Mühe als die anderen hatte, sich am Seil festzuhalten. Ausgenommen Dodo, der erhebliche Schwierigkeiten hatte, nicht den Halt zu verlieren und die bange Frage stellte: "Und wenn wir nicht mehr können?"
"Dann, äh, und mit dieser Einschätzung stehe ich sicherlich nicht alleine, werden wir ein Problem haben. Angesicht dieser Problematik sehe ich mich allerdings außerstande, irgendwelche Prognosen hinsichtlich unserer Zukunft abzugeben, denn ich fürchte..."
"Dass wir im Arsch sind", fauchte Flecki. "Wessen blöde Idee war das eigentlich?"
"Bauleiter Murksels Idee war das", fiepste Tuffi und erhielt einen vernichtenden Blick von demselben.
"Ihr könnt euren Mistkram selber machen, wenn euch das nicht passt", grölte der Bauleiter und versuchte, Tuffi in den Hintern zu treten. Sein Tritt verfehlte allerdings das Ziel, und er traf stattdessen Trampel, der vor Schreck laut quiekte.
"’Tschuldigung, Trampel, kommt nicht wieder vor!"
"Meine lieben Hamster, wir sollten versuchten, das Beste aus dieser für uns unangenehmen Situation zu machen, und vor allen Dingen einen kühlen Kopf zu bewahren! Wir haben in der Vergangenheit schon viele Probleme geschaffen und diese doch immer wieder beseitigt. Also Ruhe bewahren und eiskalt bleiben, liebe Freunde, denn in der Ruhe liegt die Kraft und.... Aaaaarg! Eflih, Kinap!"1
Der Bürgermeister war kurz davor durchzudrehen, denn er hing mit dem Hinterteil zum Inneren des Lkws hin und sah, was sich hinter dem Rücken der anderen Hamster abspielte. Die Luke wurde geschlossen!
"Was'n los, Bürgermeister?" fragte Goldi, doch statt einer Antwort sah er nur einen zitternden Hamster mit riesigen schwarzen Glubschaugen vor sich, der zitternd an den selben Seil wie er hing.
"Die Lu-Lu-Lu..."
"Wer ist Lulu?" fragte Teeblättchen neugierig.
"Da-da-da..."
"Nun fängt er auch noch an zu singen", stöhnte Sasie.
Dann wurde es dunkel, ein lautes Krachen war zu hören und die Hamster kreischten um die Wette. Für einen Moment war alles still, aus dem Transporter drangen Tatis und Dasies Rufe, was denn los sei. Gerade als Bauleiter Murksel ihnen zurufen wollte, dass alles in bester Ordnung sei, begann alles um sie herum zu beben.
"Das ist das Ende, wir sind erledigt!" jammerte Dodo
"Unsinn", knurrte Goldi, "das war der Anlasser, und wir sind losgefahren!"
"Chef, kann ich jetzt das Seil loslassen?"
Murksel überlegte kurz, dann antwortete er: "In Ordnung, Tuffi, Hamstilidamst und Teeblättchen können das Seil loslassen!"
Die Drei ließen los und landeten auf dem Boden. Das Seil rutschte ein Stück höher und der Transporter am anderen Ende des Seils bewegte sich ein Stück nach Unten.
"Jetzt Sasie und Trampel!"
Wieder rutschte das Seil höher und der Transporter näherte sich der Ladefläche des Lkws
"Und jetzt der Rest!" schrie Bauleiter Murksel. Kurz nachdem sie den Boden erreicht hatten, ließ ein lautes Poltern darauf schließen, dass auch der Hamster-Transporter wieder auf seinen Rädern stand.
"Jemand verletzt?" rief Murksel und sah sich um. Tati und Dasie waren aus dem Transporter gestiegen und rieben sich den schmerzenden Hintern. Dodo war auf Hamstilidamst gefallen und tröstete ihn. Ansonsten schien alles glimpflich ausgegangen zu sein. Der Bürgermeister holte ein großes Stück Käse aus dem Transporter, brach es in mehrere Stücke und gab jedem Hamster eines. Was war das für ein Auftakt ihrer Reise! Zufrieden saßen alle auf der Ladefläche und ließen sich den leckeren Käse schmecken. Da die Reise nun wohl einige Zeit dauern würde, beschlossen die Hamster, erst einmal eine kleine Party zu starten. Großzügig holte der Bürgermeister ein weiteres Stück Käse, zerteilte es und rief der Partiegesellschaft zu, sie sollten es sich schmecken lassen. Plötzlich ertönte oben von der Decke des Lkws eine Stimme:
"Kriege ich auch ein Stück Käse?"
Der dunkelblaue Lastwagen bog auf die vielbefahrene A9 ab. Nachdem er seinen Lkw vorsichtig in den Verkehr eingefädelt hatte, beschleunigte der Fahrer. Es war mittlerweile dunkel geworden, und die Scheinwerfer der Fahrzeuge auf der Gegenspur blendeten ihn hin und wieder. Vim van der Slampe fuhr diese Strecke seit Jahren, er kannte jede Kurve, und auch die unterschiedlichen Geräusche des Fahrbahnbelags auf dieser Strecke waren ihm vertraut. Er ärgerte sich ein wenig, denn er hing seinem Zeitplan hinterher. An dem Rasthof hatte er seinen Freund Dick van Achtern getroffen und mit ihm die Frage diskutiert, ob am kommenden Wochenende der PSV Eindhoven gegen Twente Enschede wohl mal wieder das Tor treffen würde, nachdem der neue Stürmerstar Ruud van Meisenbommel sich von der Verletzung aus dem Hinspiel beim AK Alkmaar erholt hatte. Leider hatte Vim van der Slampe darüber die Zeit vergessen und musste hektisch zu seinem Wagen rennen und losfahren. Er bedauerte es sehr, dass er die Ladefläche seines Lkws nur zweimal geschrubbt hatte, denn van der Slampe war ein gründlicher Mann, der keinen Schmutz duldete.
Inzwischen entspannte er sich etwas, denn er hatte nun die ebenfalls vielbefahrene A1 erreicht und gerade Osnabrück passiert. Das Verkehrsaufkommen in dieser Nacht war bislang gering gewesen, und er hatte seine kleine Verspätung wieder schnell gut gemacht. Noch etwas über 100 Kilometer bis zum Grenzübergang Oldenzaal und 25 weitere bis Hengelo, dachte er. Van der Slampe kam zu dem Entschluss, dass es wohl das beste sei, bei der Raststätte nahe Appeldoorn eine letzte Rast einzulegen, bevor er den letzten Teil seiner Reise antreten würde. Sein Ziel war Alkmaar, wo jeden Freitag auf dem Rathausplatz der berühmteste Käsemarkt Hollands abgehalten wird. Hier würde er sich mit einem Händler treffen, den er noch aus alten Schulzeiten kannte. Mit einer Tonne Käse im Laderaum würde Vim van der Slampe dann die Weiterfahrt antreten. Fröhlich pfeifend überschlug er im Kopf noch einmal, wie viel Laib Gouda das denn so wären. Ein Laib wiegt 20 Kilogramm, rechnete er, also habe ich bei einer Tonne genau 50 Laib Käse in meinem Lkw. Prima, mit solch einer verhältnismäßig kleinen Menge würde er noch genug Platz für das notwendige Eis zur Kühlung in seinem Laderaum haben. Schließlich sollte der Käse ja in einwandfreiem Zustand in Edinburgh ankommen.
Die Hamster im Laderaum bekamen von diesen Dingen natürlich nichts mit. Ihre Sorgen waren anderer Natur. Vor Angst zitternd hatten sie sich auf der Ladefläche eng aneinander gekuschelt und starrten mit ihren großen Knopfaugen ins Dunkle. Was hatte dort eben von der Decke des Lkws zu ihnen gesprochen, ein Monster etwa?
"Tu doch was, schließlich bist du der Bürgermeister", fauchte Flecki. Der Angesprochene schluckte heftig und entgegnete: "Aber was ist, wenn ich gefressen werde?"
"Dann ist das Monster erst mal satt und wir haben Zeit, uns etwas Anderes auszudenken", flüsterte Goldi.
Der Bürgermeister dachte an Flucht, doch wohin sollte er fliehen? Es gab keinen Ausgang, keine Fluchtmöglichkeit. Selbst wenn, wie hätte er von dem rasenden Gefährt herunterspringen sollen? Vielleicht sollte er in Erwägung ziehen, sein Amt vorübergehend zur Verfügung zu stellen. Doch was wäre, wenn plötzlich festgestellt wurde, dass es ohne Bürgermeister womöglich auch ginge? Nein, er musste sich dem Unbekannten stellen. Ganz langsam watschelte er zum hinteren Teil des Lkws und wäre fast hingefallen, weil er gewohnheitsmäßig wieder anfing, während des Gehens nervös mit der Pfote auf den Boden zu tippen. Nach wenigen Schritten blieb er zitternd stehen, hielt sich ängstlich die kleinen Pfoten vor das Gesicht und rief: "Wi-wi-willst du den ganzen Käse, o-o-oder nur ein Stück, liebes Monster?"
Für einen Moment herrschte Stille, nur die Fahrgeräusche des großen Wagens waren zu vernehmen. So langsam der Bürgermeister auch hin gewatschelt war, umso schneller war er wieder bei den anderen Hamstern. Gemeinsam starrten sie in die Dunkelheit und warteten zitternd auf die Antwort, die auch umgehend kam.
"Ein Stück würde mir schon genügen. Aber warum nennst du mich denn Monster? Ich bin’s doch, euer Trampel!"
Ein hörbares Aufatmen erfüllte den Raum. Nach und nach entspannten sich die Hamster, und Goldi begann, Witze über Monster zu reißen, bis ihn ein vernichtender Blick Fleckis traf.
Bauleiter Murksel hatte eine Taschenlampe aus einem der Rucksäcke hervorgekramt und betrachtete sich interessiert Trampels unangenehme Lage.
"Sag mal, du Spinner, warum hast du denn nicht losgelassen als ich 'loslassen' gerufen hatte?"
"I-ich habe mich nicht getraut", stammelte Trampel, der nach wie vor an dem Seil an der Wagendecke hing.
Murksel überlegte. Der arme Trampel hin an dem einen Ende des Seils. Durch eine Öse an der Decke hindurch lief das Seil weiter zur anderen Seite, wo es an der Anhängerkupplung des kleinen Transporters befestigt war. Sie mussten also das Seil von der Anhängerkupplung abmachen und soviel Gewicht daran hängen, dass Trampel langsam zum Boden zurück gelangen würde.
"Alles klar", rief der Bauleiter, nachdem er sich alles gründlich überlegt hatte. "Dodo, du holst ein paar Rucksäcke aus dem Transporter, die nehmen wir als Gegengewicht. Tuffi, du kannst schon mal vorsichtig das Seil an der Anhängerkupplung lösen!"
Daraufhin ging er zufrieden in Richtung des an der Decke hängenden Trampels, leuchtete mit der Taschenlampe auf ihn und rief ihm zu, dass er keine Angst zu haben brauche, das Reparaturteam würde sich um seine Rettung kümmern. Dann überschlugen sich die Ereignisse. Von irgendwoher hörte er Tuffi sagen: "Fertig, Chef!" und zugleich schien ihm, dass Trampel immer größer wurde. Bevor er begriff, was los war, war ihm der Hamster kreischend auf den Kopf gefallen.
Es dauerte einige Minuten bis der Bauleiter die Augen wieder öffnete.
"Tuffi, ich bringe dich um! Ich sagte ’vorsichtig lösen' und nicht 'losmachen'!"
Es war nun keiner mehr in Stimmung, die Party weitergehen zu lassen. Recht bedröppelt saßen die Hamster in einer Ecke, kauten ein paar Käsekrümel und sahen zu, wie sich Tuffi abmühte, gemäß Bauleiter Murksel Anweisungen, das Seil zusammenzulegen. Jedes Mal wenn es aussah, als würde es der kleine Reparaturhamster geschafft haben, war das Seil stärker. Das am Boden zusammengedrückte Seil sprang auseinander und Tuffi flog kreischend durch die Luft. Nachdem sich das Spielchen einige -zig Male wiederholt hatte, rief ihr Murksel zu, sie solle aufhören damit und ein anderes Mal weitermachen, bevor allen Hamstern der Kopf von dem Gekreische platzen würde.
"Und nun", fragte Hamstilidamst, "was machen wir nun?"
"Abwarten und Käse essen", erwiderte Goldi.
"Genau", stimmte ihm Dodo schmatzend zu, "der Käse ist so etwas von lecker..."
"Ihr Kerle denkt wieder nur ans Fressen. Hamstilidamst hat völlig Recht. wir sollten uns echt mal überlegen, wie hier wieder herauskommen! Was ist, wenn wir schon längst in Amsterdam waren und nun vielleicht auf dem Weg nach dem Nordpol sind?"
"Nun, Flecki, ich denke nicht, dass wir schon so weit sind", warf Tati. ein. "Ich habe mal auf meine neue Uhr geguckt. Vor sieben Stunden sind wir losgefahren."
"Du hast eine neue Uhr? Lass mal sehen" rief Sasie und gemeinsam mit Tuffi, Trampel und Dasie rannte sie zu Tati, um die neue Uhr zu bewundern.
Bauleiter Murksel tat so, als ginge ihn das alles nicht an. Er nahm einen Zettel hervor und begann darauf herumzukritzeln. Neugierig sah ihm der Bürgermeister über die Schulter, und nach einer Weile begann er wieder mit seiner Pfote auf dem Boden zu tippen.
"Aber mein lieber Bauleiter, das bedeutet ja, dass wir uns in unmittelbarer Nähe der Grenze befinden!"
"Genau", antwortete der, "das bedeutet, dass wir bald in Holland sind."
"Jo", meldete sich Dodo zu Wort, "das bedeutet wohl auch, dass wir ohne Ausweise über die Grenze fahren!"
"Ha, das bedeutet, dass nur der blöde Fahrer durchsucht wird!" frohlockte Goldi.
"Äh, das bedeutet vielleicht, dass der Wagen durchsucht wird", rief Flecki entsetzt.
"Öh, das bedeutet, dass wir im Arsch sind", beendete Murksel die Diskussion.

Kapitel 31
Wasserschäden
Frido McClown war mit sich und der Welt zufrieden. Soeben hatte er sich in sein gemütliches Bett gelegt, nachdem er mit Lisa zu Abend gegessen und anschließend mit ihr einen langen Spaziergang gemacht hatte. Ein paar Kekse für die Hamster hatte er ebenfalls dabei, doch als er einen Blick in die Tasche warf, stellte er fest, dass die kleinen Tiere immer noch friedlich schliefen. Von dem Lord hatte er fürs Erste nichts zu befürchten, denn der lag schon in seinem Zimmer und schnarchte, wie sich McClown bereits versichert hatte. Zuvor allerdings - so berichtete das Hotelpersonal - hatten sich wüste Szenen abgespielt, nachdem der alte Lord festgestellt hatte, dass sein Butler und Lisa ihn so schmählich alleine gelassen hatten. Zufrieden räkelte sich Frido und wollte gerade das Licht löschen, als er hochschreckte und sich umsah. Er sprang aus seinem Bett und lief zu der Tasche, in der sich die Hamster befanden. Erleichtert atmete er auf, nahm die Tasche, ging in das geräumige Badezimmer und stellte sie in die Badewanne. Er warf einen Blick auf die Hamster, die ihn fragend ansahen.
"Nicht, dass ich euch nicht traue, meine kleinen Freunde, es ist nur so, dass in letzter Zeit einige rätselhafte Dinge passiert sind. Wir wollen doch nicht, dass heute Nacht etwas Merkwürdiges passiert. Hier in der Badewanne seid ihr sicher, und kein schottischer Geist kann euch etwas antun."
Er lachte über seinen Witz und legte sich schlafen. Kurz darauf war nur noch sein leises Schnarchen und das aufgeregte Fiepen der Hamster zu hören.
"Was meint der damit, dass merkwürdige Dinge passiert sind?"
"Da mach dir mal keine Gedanken drüber, Tuffi", knurrte Bauleiter Murksel, "wir kriegen doch immer die Schuld, wenn mal was schiefgeht."
"Genau", fauchte Goldi, "immer auf die Kleinen, Wehrlosen!"
"Aber die größte Schweinerei ist ja wohl, dass der uns in die Badewanne gesperrt hat. Das ist Isolationshaft, jawohl! Das ist ein Fall für den Tierschutzverband!"
"Können die uns denn hier rausholen?" fragte Dodo die schimpfende Flecki.
"Und was ist nun mit unserer Party?" riefen Dasie und Sasie enttäuscht.
"Nun, äh, meine lieben Hamster", räusperte sich jetzt der Bürgermeister, der den Zeitpunkt für eine beruhigende Rede gekommen sah. "Unsere Dings, äh, Lage ist doch prima. Wir wissen sozusagen zwar nicht, was wir wollen, aber wir sollten voll und ganz dahinterstehen, wenn ihr wisst was ich meine, äh, meint zu wissen, oder so."
"Wir sollten mal sehen, dass wir hier ganz schnell rauskommen, eine ganze Nacht mit der Bürgermeistersülze ertrage ich wirklich nicht."
"Und was schlägst du vor, Flecki?" fragte Hamstilidamst.
"Woher soll ich das wissen? Bin ich ein Bauleiter, der sich mit Badewannen auskennt?"
Bauleiter Murksel betrachtete die steilen Wände der Badewanne und klopfte fachmännisch dagegen. Dann untersuchte er Zentimeter für Zentimeter die Beschichtung, ließ ein wissendes "Ah, ja!" ertönen, gefolgt von einem "So, so!". Dann untersuchte er den Abfluss, nickte mit dem Kopf und zog mehrfach an dem Stöpsel, wobei er mit strahlender Miene ein "Aha, also doch!" von sich gab. Dann legte er den Kopf auf den Boden der Wanne und klopfte mehrmals mit seiner Pfote an verschiedenen Stellen. Dann lächelte er fröhlich und sagte: "Na also, das habe ich mir doch gleich gedacht!"
"Was?" riefen die Hamster aufgeregt im Chor.
"Wir kommen hier nicht raus."
Ein vielfaches "Ooooh" ertönte nun, und alle ließen sich enttäuscht auf dem Boden nieder.
"Aber es muss doch eine Möglichkeit geben, hier rauszukommen", rief Flecki. "Was sagt denn Superhamster dazu?"
"Ohne Sprengstoff wird das schwierig, da bleibt nur der Abfluss."
"Der Abfluss?"
"Ja, einer von uns müsste da reinklettern. Irgendwo kommen ja alle Abflüsse zusammen und wenn wir die Stelle verstopfen, dann wird das Wasser wieder hochkommen. Irgendwann ist diese Badewanne voll und wir können herausklettern!"
Nachdem die begeisterten "Superhamster, Superhamster!"-Rufe verstummt waren, hakte Flecki nach: "Und wer soll da reinsteigen?"
"Tja", grinste Goldi, "das muss schon ein Klempner machen.“
Nun sahen alle zum Bauleiter hin, der verlegen an die Wand der Badewanne klopfte und mächtig zu schwitzen begann.
"Öh, wir haben kein Werkzeug zum Öffnen des Abflusses..."
"Die Tasche hat einen Reißverschluss, wenn wir den Schieber abmachen, können wir den als Schraubenzieher nehmen, und die Schraube, die das Abflusssiel hält, einfach abschrauben!"
"Danke, Tuffi, vielen Dank", brummte Murksel genervt. "Wir haben aber nichts zum Verstopfen des Rohres!"
"Doch, Chef, wir rupfen die Tasche auseinander und schieben dir die Fetzen durch das Rohr nach unten. Du brauchst sie dann nur zusammenzuknoten und..."
"Tuffi, ich bin dir sowas von dankbar", knurrte der Bauleiter, "ich könnte dich..."
"Geht das jetzt los, oder was?" rief Flecki, kletterte auf die Tasche und fummelte an dem Schieber des Reißverschlusses. Nachdem ihr Teeblättchen und Hamstilidamst zu Hilfe gekommen waren, gelang es ihnen, das Teil zu lösen. Gemeinsam mit Dodo öffnete nun Bauleiter Murksel den Abfluss. Sasie, Dasie, Flecki und Tati rissen ein paar große Stoffstücke aus der Tasche, während Murksel ängstlich in das Abflussrohr kroch.
"Nur Mut, mein lieber Bauleiter!" rief der Bürgermeister hinterher. "Ganz Hamsterhausen steht hinter dir, wenn ich das einmal so sagen darf."
Ein hohler, dumpfer Ton, der wie ein Fluchen klang, kam als Antwort aus dem Abflussrohr zurück.
"Nur Mut, Bauleiter, Schwimmen macht schlank!"
"Öh, Goldi", kam die nachdenkliche Stimme von Dodo, "Wenn Schwimmen schlank macht, was machen dann Blauwale falsch?"
"Das kommt bestimmt daher, weil die sich vorwiegend im Salzwasser herumtreiben, Dodo, und das hat zuviel Auftrieb. Wenn die nur im Süßwasser schwimmen würden, dann wären die auch schlanker."
Während Dodo zufrieden abzog und den merkwürdigen Tönen aus dem Abfluss lauschte, kletterte Goldi zu Sasie, Dasie, Flecki und Tati, die die Tasche zerrupften und rief: "Wir sollten den Boden der Tasche nachher als Boot benutzen, denn der ist aus Pappe und schwimmt bestimmt gut!"
"Ach, ne, seit wann hast du denn mal eine vernünftige Idee, Goldi?" lästerte Flecki, "irgendwo muss da doch ein Haken sein."
Bevor Goldi antworten konnten, wurden sie auf laute Geräusche, die vom Abfluss her kamen, aufmerksam.
"Ich glaube, der Bauleiter ruft irgendetwas", stellte Tuffi fest, "aber er redet so undeutlich."
"Ich würde sagen, das klingt eher nach dem Blubbern von Wasser", mischte sich Trampel ein, "bestimmt macht er Fortschritte."
"Tja, meine lieben Freunde, wie ich schon immer gesagt zu meinen habe, wir Hamster lassen uns durch nichts und niemanden aufhalten. Wie ich schon in einer meiner früheren Reden immer wieder...." Der Bürgermeister unterbrach seine geistreiche Bemerkung und starrte auf den blubbernden Abfluss, in dem etwas Braunes, Pelziges zu sehen war. Er brachte gerade noch ein "Was 'n das?" hervor, dann folgte ein lautes 'Plopp', und der Bauleiter flog kreischend durch die Luft. Zugleich fegte ein kräftiger Wasserschwall den Bürgermeister mit solcher Wucht in den hinteren Teil der Badewanne, dass es ihm wohl sämtliche Knochen gebrochen hätte, wenn er nicht weich auf Trampel gelandet wäre. Fasziniert folgten nun die Hamster der Flugbahn des Bauleiters Murksel: Fast hätte er die Decke erreicht, dann nahm er Kurs auf den Wasserhahn der Badewanne, klatschte mit einem hässlichen Geräusch und mit lautem Quieken auf und klammerte sich verzweifelt an dem rutschigen Hahn. Einen Moment sah es so aus, als könnte er sich festhalten, doch unter den enttäuschten "Ooooh"-Rufen der Hamster verlor er den Halt und fiel mit einem Klatscher in die Badewanne zurück, die sich inzwischen mehr und mehr mit Wasser füllte.
"Gut aufpassen, Dodo, hier siehst du mal einen echten Klempner bei der Arbeit."
"Ehrlich, Goldi, ich hätte nicht gedacht, dass das so aufregend ist."
"Nicht wahr? Manche behaupten ja, dass jeder Einsatz unseres Bauleiters ein Abenteuer ist", grinste Goldi.
Der Bürgermeister war inzwischen zu Murksel gewatschelt und gratulierte ihm zu seiner erstklassigen Arbeit, doch der war noch nicht wieder so richtig ansprechbar, sondern lag nach wie vor in dem recht schmutzigen Wasser, das nun langsam aus dem Abflussrohr herausquoll.
"Iiiiih", war der Schrei Fleckis zu hören, "seht euch doch mal diese Drecksbrühe an! Mein Fell kriege ich nie wieder richtig sauber!"
"Jammer nicht rum, sondern komm an Bord", rief Goldi, der es sich inzwischen auf dem ehemaligen Boden der Tasche bequem gemacht hatte. Das brauchte er nicht zweimal sagen, denn nun stürmten alle auf den Pappdeckel zu und machten es sich bequem. Als Letzte kamen der Bürgermeister und Tuffi, die dem sichtlich angeschlagen Bauleiter Murksel halfen, an Bord zu steigen. Gespannt verfolgten nun alle, wie das Wasser in der Badewanne ganz langsam höher und höher stieg.
"Meine lieben Hamster, ich freue mich, euch mitteilen zu können, dass alles weiterhin nach Plan läuft. Wieder einmal haben wir Hamster gezeigt, dass wir auch unter schwierigen Bedingungen Lösungen und Probleme finden, äh, lösen, sozusagen."
"Wirklich toll, wir schwimmen auf einer Pappe in einer Drecksbrühe und warten, dass die Party losgeht", flüsterte Teeblättchen und Goldi grölte: "He Leute, da fällt mir ein Witz ein: Was ist gelb und kann nicht schwimmen? Ein Bagger! Und warum kann er nicht schwimmen? Weil er nur einen Arm hat, ha, ha!"
Stunden später war den Hamstern nicht mehr so richtig zum Lachen zumute. Die Badewanne war erst zur Hälfte gefüllt und ihr Boot hatte sich bereits aufgelöst. Jeder Hamster klammerte sich nun verzweifelt an einem kleinen Stück Pappe und schaute fragend zum Rand der Badewanne, der allerdings in unerreichbarer Ferne schien. Inzwischen war es hell im Badezimmer geworden, denn die Sonne war aufgegangen und signalisierte, dass der Tag begann.
"Das war’s wohl mit der Party", schimpfte Flecki und sah den Bürgermeister böse an. "Schwierige Bedingungen und Lösungen finden, ha!"
"Öhm, wir haben getan, was wir konnten, aber mehr war nicht drin, wenn ich das so einmal sagen darf. Lediglich der Bauleiter hätte vielleicht ein bisschen mehr Sorgfalt walten lassen können und..."
"Noch ein Wort von dir, Bürgermeister und ich fresse dein Stück Pappe auf!" brüllte nun Bauleiter Murksel und machte Anstalten, auf den Bürgermeister zuzuschwimmen. In diesem Moment erstarrten die Hamster vor Schreck. Es klopfte an der Tür! Nachdem ein müdes 'Ja' des Butlers als Antwort erklang, war die Stimme von Lisa zu hören:
"Guten Morgen, Frido, das Frühstück wartet auf dich!"
"Ist gut, Lisa, danke. Ich komme in wenigen Minuten!"
Gähnend reckte sich Frido McClown und setzte sich aufrecht hin. Endlich wieder ein richtiges Frühstück! Er freute sich auf diesen Tag, obwohl er natürlich nun wieder für ein paar Tage Abschied von Lisa nehmen musste. Gestern hatte sie ihm noch versprochen, gleich heute Mittag bei George anzurufen und ihm das Neueste mitzuteilen. Bestimmt würde der sich vor Lachen nicht mehr halten können. Grinsend stand der Butler auf und ging ins Badezimmer. Im ersten Moment war er sich nicht ganz sicher, ob er vielleicht doch noch im Bett lag und träumte, als er die Bescherung in der Badewanne sah. Dann kniete er neben der Badewanne nieder, blickte auf die unglücklich im dreckigen Wasser treibenden Hamster und sagte:
"Also wirklich, manchmal habt ihr echt kranke Ideen. Lasst mich raten: Ihr macht ein Wettschwimmen um den Sonnenblumenkernpokal? Nein? Wolltet ihr ein Moorbad und hattet nicht genug Moor gehabt?"
Er lachte laut über sein Wortspiel und ging zum Waschbecken, um sich frisch zu machen. Schnell stellte er fest, dass irgendetwas mit dem Wasserablauf nicht klappte, als es wieder an der Tür klopfte.
"Ja, Lisa, ich komme gleich!" rief er ein wenig verärgert.
"Sir, hier ist der Zimmerservice. Wir haben scheinbar einen Rohrbruch oder etwas Ähnliches, bitte benutzen Sie weder Wasserhähne noch Toiletten. Unter der Treppe zum Eingangsportal befindet sich noch eine intakte Toilette, die können Sie benutzen! Vielen Dank für ihr Verständnis, Sir. Wir bemühen uns, den Schaden schnellstens zu reparieren. Ein guten Tag noch!"
Frido McClown bedankte sich für die Information, nahm ein Handtuch und befreite die Hamster aus ihrer unglücklichen, feuchten Lage. Er setzte sie auf einen flauschigen Teppich und wickelte vorsichtig das Handtuch um sie herum. Große Knopfaugen, die von durchnässtem, struppigem Fell umgeben waren, blickten ihn dankbar an. Dann zog er sich an, nahm seine Waschutensilien und verließ den Raum.
"Tja, das war’s wohl mit der Party. Wenigstens hat uns der nette Butler gerettet", brachte Trampel die Sache auf den Punkt.
"Das war echt nett von ihm", stimmte Dodo zu. "Wir haben heute Nacht zwar viel gemacht, aber was wir gemacht haben, war nicht zu gebrauchen."
"Ich sag mal: Schwamm drüber, Leute. Wenn wir die Klappe halten, erfährt keiner was davon und das ist das Beste“, ergänzte Murksel.
In diesem Moment betrat McClown das Zimmer wieder, packte seine Waschutensilien auf die Badezimmerkonsole und legte ein paar Kekse vor die Hamster.
"Mit schönen Grüßen von Miss Lisa", lachte er. Dann verließ er das Zimmer und ging nach rechts über den Flur bis hin zu dem großen Esszimmer, von dem aus in der Ferne der Berg Buachaille in seiner ganzen Größe zu bewundern war. Der Lord saß bereits am Tisch und trug einen gelangweilten Gesichtsausdruck, während er mit dem Salzstreuer spielte.
"Schön, dass Sie mich auch beehren, McClown, dann wird Miss Lisa vielleicht doch mal darauf aufmerksam, dass ich bereits am Verhungern bin."
"Haben Sie gut geschlafen, Sir?"
McShredder antwortete nicht, sondern nickte nur und spielte weiterhin mit dem Salzstreuer.
"Ist es nicht erstaunlich, McClown, wie die es immer wieder schaffen, das Salz durch die engen Löcher nachzufüllen?"
Diesmal war es der Butler, der nicht antwortete, sondern nur verblüfft den Kopf schüttelte. In diesem Moment trat Lisa McGyer an den Tisch.
"Ich hoffe, Frido", sagte sie lächelnd, "du hattest keine Unannehmlichkeiten wegen des Wasserschadens."
"Wasserschaden?" krähte der Lord, "wieso habe ich davon nichts mitbekommen? Wieso sagt mir keiner etwas?"
"Nun, Sir", antwortete McClown, "das liegt wohl daran, dass Sie nie auf Klo gehen, weil Sie Wasser sparen wollen!"
"Stimmt", rief Lisa, "das habe ich auch schon im Schloss bemerkt. Seine Geizheit geht nämlich immer auf das Nachbargrundstück um zu ..."
"Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie hier keine vertraulichen Interna ausplaudern würden!" fauchte der Lord leicht angesäuert. "Ich mache es eben wie in der guten, alten Zeit, als Wasser knapp war!"
"Es hat aber auch seine Vorteile", grinste der Butler, "wir haben dadurch wenig Fliegen und Midges im Schloss. Sir, stimmt es eigentlich, dass McToffee deswegen neulich mit dem Schrotgewehr auf Sie geschossen hatte, als Sie ..."
"Alles Lügen, McClown. Ich hatte mich versehentlich auf Reißzwecken gesetzt, die Sie haben rumliegen lassen!"
Grinsend schauten Lisa und Frido einander an, dann fragte sie: "Das übliche Frühstück mit Ham and Eggs sowie Kaffee?"
"Gerne, Lisa!"
"Und ich hätte gerne Toast mit Marmelade und Tee!"
"Ich fürchte, euer Hochwohlvergoren, solche ungewöhnlichen Wünsche dauern ein klein wenig länger!" entgegnete Lisa McGyer schnippisch, drehte sich um und landete scheppernd und krachend im Nachbartisch.
"Ist es eigentlich wahr, McClown", flüsterte der Lord, "dass sämtliche Schilder mit der Aufschrift 'ruhige Lage' jedes Mal entfernt werden, sobald Miss Lisa hier arbeitet?"
Nach einer Stunde waren beide mit dem Frühstück fertig, und auch der Lord hatte nach einigen kleineren Hindernissen, wie Teppichfalten und Türpfosten, sein Frühstück erhalten.
"Sir, soll ich die Kutsche und das Gepäck fertigmachen?"
"In Ordnung, McClown, ich werde mich mal umziehen gehen", entgegnete der Lord und sah betrübt auf seine Kleidung, die nach Lisas letztem Sturz voller Marmelade und Tee war.
"Vergessen Sie nicht zu bezahlen, Sir", rief der Butler und machte, dass er wegkam, denn schon näherte sich Lisa McGyer, legte einen Zettel mit vielen Zahlen vor McShredder hin und sagte: "Wollen Sie erst einen Blick auf die Rechnung werfen, oder soll ich gleich die Polizei rufen, euer Lordschuft?"1
Nach einer weiteren Stunde stand die Kutsche startbereit vor dem Hotel, und Frido McClown nahm von Lisa McGyer Abschied. Dann setzten sich die Pferde in Bewegung, und es ging weiter durch das grandiose Glencoe.
Lord und Butler waren zufrieden, sie hatten eine angenehme und ruhige Nacht verbracht, waren ausgeruht und guter Dinge. Vor ihnen lagen 375 km, und der Lord hatte sich noch nicht entschieden, wo sie die nächste Nacht Station machen würden.
Lisa McGyer fegte gerade in diesem Moment das Geschirr zusammen, dass ihr beim Abwasch über die Tischkante gerutscht war. Sie sah kurz auf den Kalender und stellte fest, dass die Urlaubszeit in 11 Tagen vorbei sein würde. Sie war gespannt, in welches neue Zuhause sie dann mit Frido McClown ziehen würde.
Die Hamster waren nicht so guter Stimmung, insbesondere Bauleiter Murksel hatte eine saumäßige Laune und schimpfte ständig mit Tuffi herum. Wenigstens die Kekse und die Nüsse, die ihnen der Butler vor der Abreise gegeben hatte, hob die Laune der kleinen Tiere etwas an. Allerdings fand sich die Mehrheit der Hamster in ihrer persönlichen Würde gekränkt, dass sie nun in einem ausgedienten Karton leben mussten, in dem bisher Torten transportiert wurden. Leider fand sich im gesamten Hotel nichts Besseres, was sich für einen Hamstertransport eignete. Zudem erwies sich dieser Tortenkarton als ein Problem für gewisse Hamster, die nun fortwährend den leckeren Tortengeruch in der feinen Nase hatten. Besonders Goldi wurde mehrfach von Flecki verwarnt, als er versuchte, den Karton anzuknabbern. Nach kurzer Zeit jedoch herrschte Ruhe im Karton, und die Hamster legten sich nach einer überaus anstrengenden Nacht schlafen.
George war zu diesem Zeitpunkt gerade aufgestanden und genoss es, in aller Ruhe seinen Frühstückstee zu trinken. Er freute sich schon auf die abendliche Kartenrunde mit seinen Freunden Angus und Steve. Noch ahnte er nichts von den Vorkommnissen um Dunollie Castle, und dass Lisa McGyer ihn heute noch anrufen würde.
Auch Vim van der Slampe war zufrieden. Er hatte wunderbar geschlafen in dieser Nacht, die er in einer kleinen Bed & Breakfast-Unterkunft in Melvich verbracht hatte. Er beschloss, den heutigen Tag zu nutzen und eine Fahrt nach Dunnet Head, dem nördlichsten Punkt des schottischen Festlands zu machen. Fünf erholsame Tage ohne Stress lagen noch vor ihm. Er dachte oft an die Hamster und fragte sich etwas traurig, ob er die kleinen, süßen Quälgeister wohl noch einmal wiedersehen würde.
Finnegan McDudle hatte zu dem Zeitpunkt ganz andere Sorgen, von denen er allerdings noch nichts wusste. Der Besuch bei seinem Schwager in Inversanda war leider nicht ganz erfolgreich gewesen, das heißt, zunächst war er willkommen geheißen und auch zum Essen eingeladen worden. Sogar ein paar schöne Flaschen Wein standen schon auf dem Tisch, als, tja, als seine Frau anrief und sich lautstark beklagte, dass ihr miserabler Ehemann seit Tagen verschwunden sei. Leider klingelte es mitten in ihrer Leidensgeschichte an ihrer Haustür, so dass sie zu fragen vergaß, ob der Schwager etwas über den Verbleib ihres Ehegatten wusste. Trotzdem war der Abend für Finnegan gelaufen und statt Essen, Wein und Gastlichkeit verbrachte er eine unruhige Nacht in dem zugigen, kalten Wartehäuschen einer Bushaltestelle. Als die Sonne aufging, lief er müde die Straße in Richtung Strontian weiter, bis er von einem Lieferwagen mitgenommen wurde. Glücklich und zufrieden war er nun auf dem Beifahrersitz eingeschlafen und bekam nicht mit, dass der Fahrer des Lieferwagens ein Paketbote war, dessen nächstes Ziel ein Kunde namens McKill in dem kleinen Ort Polloch war.
Kapitel 32
Die Trossachs
Nachdem er sich ein letztes Mal in Richtung Kings House Hotel und somit nach Lisa McGyer umgedreht hatte, lenkte Frido McClown die Kutsche auf die Hauptstraße. Wunderbarerweise war die A82 an diesem Morgen nur wenig befahren, doch bald würden sie ohnehin das Gebiet der Trossachs erreichen und somit wieder in beschaulicher Einsamkeit sein.
"Was würden Sie bloß ohne mich machen, McClown", krähte der Lord in die Gedanken des Butlers hinein. "Noch heute erreichen wir Stirling, morgen sind wir durch Edinburgh durch, und dann haben wir schon die Fähre erreicht. Ein Kinderspiel für einen Pfadfinder, der den Weg wie seine Westentasche kennt! Sehen Sie, dort links ist der Loch Ba und dahinter befindet sich Rannoch Moor! Wenn wir Bridge of Orchy erreichen, werden wir auf den West Highland Weg wechseln."
"Sagten Sie etwas von Westentasche, Sir?" gackerte der Butler. "Darf ich Sie erinnern als wir letztes Mal..."
"Schnickschnack, McClown, Schweine und Bauern haben eben immer etwas zu grunzen! Wir werden im Nu in Crianlarich sein und eine Kleinigkeit zu uns nehmen. Ich kenne den Besitzer eines sehr guten Lokals dort persönlich. Wir werden willkommen sein und eine bevorzugte Behandlung erfahren. Der Name des Lokals war... Rod, oder so ähnlich"
"Sir, mit Verlaub: das letzte Mal als Sie sagten, dass wir willkommen seien, hat man auf uns geschossen!"
"Ein Irrtum, McClown, außerdem war es doch gar nicht schlimm, oder?"
"Nein, Sir, Ein scharfer Schuss zur rechten Zeit schafft Ruhe und Gemütlichkeit."
Sie erreichten Bridge of Orchy und wechselten auf den alten Militärweg namens West Highland Way. Die Pferde hatten nun wieder angenehmeren, weichen Boden unter den Hufen und dankten es durch flottes Traben.
"Habt ihr das gehört, Leute? Eine Kleinigkeit in einem guten Lokal zu uns nehmen?" rief Goldi entzückt.
"Das wird auch Zeit", stimmte Dodo zu. "Alles was nicht Fresspause ist, ist nämlich Stress."
"Ihr sollte euch schämen, immer nur ans Fressen zu denken. Viel wichtiger ist es, ob wir jemals wieder nach Hause kommen!"
"Na, das ist ja wieder toll", knurrte Goldi, "Erst lernst du laufen, dann sprechen, dann hinsetzen und dann darfst du nur noch Maul halten und nichts sagen."
"Aber, aber, meine liebe Flecki", tönte nun der Bürgermeister, "wie ich schon immer betont gesagt habe, wir sind auf dem besten Weg und alles wird gut, die Sonne scheint..."
"Ha!" unterbrach ihn Flecki, "Einem Politiker wie dir glaube ich grundsätzlich nur die Kontonummer!"
In diesem Moment fuhren sie über einen unebenen Weg, die Hamster purzelten durcheinander, und die Diskussion war vorläufig beendet. Als sie sich wieder aufgerappelt hatten und sich umsahen, stellten sie fest, dass sie von hohen Bergen umgeben waren. Es war ein phantastischer Anblick und gerade in dem Moment, als sie über eine uralte Steinbrücke fuhren, ertönte die krächzende Stimme des Lord McShredder:" Es ist nicht mehr weit bis Crianlarich, McClown, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie ein wenig langsamer fahren würden. Sie wollen doch nicht, dass ich aus der Kutsche falle?"
Nichts wäre dem Butler lieber gewesen, doch tatsächlich war nun in der Ferne ein Gebäude zu sehen. Vorsichtig zügelte Frido die Pferde, und langsam näherten sie sich einem recht verlassen aussehenden Haus mit der Aufschrift "The Rotten Inn".
"Ha", tönte der alte Lord, "ich wusste zwar nicht mehr den genauen Namen, aber das muss es sein. Machen Sie die Pferde fest, und lassen Sie uns speisen, McClown!"
"Sir, bei allem Respekt, aber finden Sie, dass "verrottete Kneipe" ein Name für ein gutes Lokal ist? Wie das schon von draußen aussieht, so zerfallen..."
"Etwas in die Jahre gekommen, McClown, aber die Qualität bleibt! Äußerlichkeiten zählen nicht! Nehmen Sie unser Gepäck und lassen Sie uns speisen!"
Frido hatte ein ungutes Gefühl, als er Gepäck und Hamster nahm und schwer beladen seinem Herren folgte. Die alte Holztür der Kneipe klemmte, und so dauert es eine Weile, bis McShredder sie schließlich mit einem gezielten Fußtritt öffnen konnte. Es roch ein wenig muffig und nach abgestandenem Bier. Kalter Rauch lag in der Luft des dunklen Raumes, den sie nun betraten. Vier alte Tische mit den dazugehörigen alten Stühlen verteilten sich vor einem Tresen, an dem ein gelangweilter Mann saß, der eine Zeitung las. Lässig ließ sich McShredder auf einen der Stühle fallen, verschränkte die Arme vor der Brust und rief: "Hallo, Ober!" Der Mann senkte kurz die Zeitung, musterte den alten Lord und antwortete: "Hallo, Gast!" Dann nahm er das Studium der Tageszeitung wieder auf.
Während der Butler ein Grinsen nicht verkneifen konnte, hatten sich die Hamster auf ihre Hinterpfoten gestellt und verfolgten die Situation mit großem Interesse. Hier roch es nach Ärger, oder sogar einer Keilerei, wie Goldi frohlockte.
"Ober, wissen Sie, wer ich bin?" krähte McShredder und blickte bedrohlich in die Richtung des Gastwirts.
"Keine Ahnung, aber ich kann ja mal versuchen, es für Sie herauszufinden", kam die prompte Antwort.
Mit einem Satz war der alte Lord aufgesprungen und stand nun direkt vor dem immer noch Zeitung lesenden Mann.
"Ich bin Lord McShredder von Killichonan, der Bezwinger des Loch Ness Monsters und Nachfolger des Lord of Lourne von Dunollie Castle!"
"Na schön, dass es Ihnen wieder eingefallen ist. Mein werter Name ist McDaugh vom Clan der Stewards, der Besitzer des 'Rotten Inn', und der, ohne den es hier nichts zu Essen oder Trinken gibt!"
"Vom Clan der Stewards? Das waren allesamt Wegelagerer! Ich könnte ihren Laden kaufen, Sie Bauer, und Sie an die Luft setzen!"
"Ach, ja, diese Bruchbude?" lachte McDaugh, "Machen Sie sich doch nicht lächerlich!"
Während diese Streiterei noch eine Weile weiterging, saß Frido McClown gelangweilt am Tisch und betrachtete die Hamster, die sich aufgeregt unterhielten.
"Es ist eine Schande, wie die sich benehmen, jawohl", rief Flecki, "wo bleibt da die Toleranz?"
"Ich bin auch für Toleranz, und wem das nicht passt, dem hau' ich aufs Maul", grölte Goldi. "Die denken nur an ihren Spaß, und wir warten aufs Futter!"
"Geduld, liebe Freunde", versuchte der Bürgermeister zu beschwichtigen, "es wird bestimmt alles gut. Wir sollten versuchen, eine Dings, äh, Lösung zu finden, wie wir sozusagen vermittelnd eingreifen können... Ich, äh, bin offen, ich meine für Vorschläge."
"Ich wüßte eine Lösung", meldete sich Dodo, "aber sie paßt leider nicht zum Problem."
Die interessante Diskussion der Hamster wurde durch ein lautes Knallen unterbrochen. Der alte Lord hatte die Speisekarte auf den Tisch geworfen und sich wieder neben seinen Butler gesetzt.
"Die Speisekarte, McClown, ich habe sie vom Tresen dieses Bauern genommen. Suchen Sie sich etwas
Schönes aus, aber seien Sie nicht so gierig, ja?"
"Sir, wollen wir nicht lieber das Restaurant wechseln, ich meine, wer weiß, was der uns jetzt vorsetzt?" fragte Frido mit ängstlicher Miene.
"Unsinn, McClown, das war eine ganz normale Unterhaltung zwischen verschiedenen Clans. Schließlich haben sie bis vor kurzem unsere Wagen überfallen und uns beraubt!"
"Kürzlich, Sir?"
"Genau genommen", entgegnete der Lord und schaute nachdenklich an die Decke, "war es zum letzten Mal im Jahr 1643."
"Gut, Sir", antwortete der Butler grinsend, "ich denke, ich nehme Fisch"
Der Lord blätterte noch eine Weile in der Speisekarte, dann rief er: "McDaugh, warum heißt dieses Gericht denn Räuberspieß?"
"Warten Sie ab, bis Sie die Rechnung dafür sehen, McShredder!" ertönte die Antwort vom Tresen.
Der Lord antwortete zunächst nicht, sondern blätterte weiter in der zerfledderten Speisekarte, bis er etwas gefunden hatte.
"Schnitzel, McDaugh, da können Sie wohl nichts falsch machen. Für meinen Butler Fisch und Sprudelwasser für uns beide."
"Und, Sir, wenn Sie gestatten, Brot und ein wenig Käse für unsere Hamster!" rief McClown.
Der Restaurantbesitzer nickte und verschwand durch eine Tür im hinteren Teil des Hauses. Es dauerte tatsächlich nicht lange, dann kam er mit einem großen Tablett zurück und stellte 2 Gläser mit Wasser vor seine beiden Gäste. McClown und McShredder schauten gierig auf das Tablett, und was sie sahen, sah sehr, sehr lecker aus: belegte Brötchen, mit Salat, Schlagsahne und Weintrauben garniert. Eine paar Kekse rundeten dieses leckere Bild ab.
"Nicht schlecht, nicht schlecht, das sieht gut aus", grunzte der Lord und wollte nach den leckeren Schnitten greifen.
"Das ist für die Hamster", rief der Wirt, zog das Tablett weg und ging zu dem Karton mit den Hamstern, der auf einem Stuhl auf der anderen Seite des Tisches stand. Vorsichtig legte er nun ein Brötchen nach dem anderen in den Karton. Zufrieden betrachtete er, wie die hungrigen Hamster sich sofort über diese leckere Mahlzeit hermachten. Eines der kleinen Tierchen war sogar in die Schlagsahne hineingesprungen, und man konnte deutlich beobachten, dass sich eines der anderen Tiere über diese Gefräßigkeit sehr aufregte. Der Wirt nahm das leere Tablett und ging in die Küche.
Viele Stunden und Wutausbrüche McShredders später kam er zurück und brachte das bestellte Essen. Ohne ein weiteres Wort setzte er sich wieder hinter seinen Tresen und las Zeitung. Verwundert blickten die beiden hungrigen Gäste auf ihre Teller. Der Butler hatte als erster die Fassung wiedergewonnen und rief: "Was ist denn das?"
Der Wirt blickte hinter seiner Zeitung hervor und rief: "Karpfen, etwas Anderes gibt es nicht!"
"Der Karpfen sieht aber gar nicht gut aus", stammelte der Butler.
Der Wirt schaute wieder kurz von seiner Zeitung auf und rief zurück: "Kein Wunder - der ist ja auch tot!"
Lord McShredder stocherte mittlerweile lustlos in seinem Essen herum und rief: "Ein ekelhafter Fraß! Da hätten wir genauso gut zu Hause essen können."
Der Butler antwortete nicht, sondern kämpfte mit seinem recht zähen Karpfen.
"Das Schnitzel schmeckt wie ein alter Hauslatschen, den man mit Zwiebeln eingerieben hat!" schimpfte nun der alte Lord und sah mit bösen Blicken zu McDaugh hin, der nun kurz die Zeitung beiseite legte und antwortete: "Donnerwetter! Was Sie nicht schon alles gegessen haben!"
"McClown!" krähte der Lord nahm das Schnitzel und warf es an die Wand. "Mir reicht’s!"
Der Butler lag mittlerweile auf dem Fußboden und kämpfte mit dem zähen Karpfen, der ihm vom Teller gefallen war.
"McClown, hören Sie auf, mit dem Fisch zu spielen! Ein
Butler ihrer Klasse krabbelt nicht auf dem Fußboden herum!"
Der Wirt hatte sich inzwischen mit der Rechnung in der Hand genähert und fragte lächelnd: "Sie sind schon fertig mit dem Essen und möchten zahlen?"
"Ich bin aber noch hungrig", knurrte Frido McClown, "ich brauche etwas zu essen, was können Sie mir empfehlen?"
"Nun, ein paar Stücke alten Kuchen hätte ich noch, und was ich Ihnen empfehlen kann, ist das Restaurant zwei Kilometer westlich von hier, das "Rod and Reel Inn".
Nur wenige Minuten später setzten Lord und Butler ihre Fahrt in südlicher Richtung durch das Gebiet der Trossachs fort.
"Rod, oder so ähnlich, wir werden dort speisen und eine bevorzugte Behandlung erfahren, man kennt und schätzt mich dort..."
"McClown, hören Sie auf, herumzumeckern! Man wird ja wohl mal einen Namen verwechseln dürfen, oder?"
Der Butler antwortete nicht, sondern schaute konzentriert auf den Weg. Sie waren nun, von wilder Schönheit umgeben, im ersten Nationalpark Schottlands. Wunderschöne Flusstäler wechselten sich mit schroffen Gebirgshängen ab. Sie befanden sich in einem ausgedehnten Waldgebiet, murmelnde Bäche begleiteten sie. Hin und wieder passierten sie einen donnernden Wasserfall. Gegen Nachmittag kam etwas Nebel auf und tauchte die Landschaft in eine gespenstische Stimmung. Genauso, wie übrigens auch die Stimmung von Lord McShredder und Frido McClown war, denen allmählich dämmerte, dass sie ein klein wenig von der geplanten Strecke abgekommen waren. Es war dunkel geworden. Das lag in erste Linie daran, dass der Wald immer dichter wurde und der Weg vor ihnen wie ein grüner Tunnel wirkte, so zugewachsen war er. In zweiter Linie lag es daran, dass die Sonne sich langsam dem Horizont näherte und das war eine ausgesprochene Panne.
"Sir, ob es noch weit bis Stirling ist?" fragte der Butler, und der gehässige Unterton in seiner Stimme war auch dem Lord nicht verborgen geblieben.
"Sie sind auch nie zufrieden McClown. Genießen Sie
die Reise und ersparen Sie mir ihre klugen Kommentare."
"Genießen, Sir?" Frido drehte sich verblüfft zu McShredder um. "Sagten Sie genießen? Ich dachte immer, Sie würden nur Geld genießen."
"Geld und Reichtümer sind nicht alles im Leben, McClown. Ein Mann wie ich kann beispielsweise mit 10 Millionen genauso glücklich sein wie mit 8 Millionen, oder sagen wir besser, mit 9 1/2 Millionen."
"Sir, vielleicht sollte ich mal die Gelegenheit wahrnehmen, um eine Erhöhung meines spärlichen Gehaltes..."
Es folgte eine Diskussion, die zu nichts führte. Genauso wie der Weg übrigens, der kein Ende zu nehmen schien. Der Lord tippte ungeduldig mit seinen Fingern auf der Holzbank der Kutsche herum, während Frido McClown die Pferd langsamer traben ließ, denn die Dunkelheit senkte sich nun mehr und mehr über den Wald. Rechts tauchte zwischen den Bäumen schemenhaft ein großer See auf, doch Dickicht und Dunkelheit ließen ihn sofort wieder irgendwohin verschwinden.
"Sir, die Tiere brauchen ein Pause."
"Danach wird es zu dunkel sein, um weiterzufahren", antwortete der Lord mit leiser Stimme. "Machen Sie ein Lager, McClown, wir werden im Freien übernachten, wie in der guten, alten Zeit!"
"Sir, wenn ich zu bedenken geben darf, wir haben keine Decken und nichts zu Essen. Wenn wir zu Fuß gingen und die Tiere schonen...."
"Sie sind verweichlicht, McClown! Ein bisschen Pioniergeist täte Ihnen gut. Wir haben die Kutsche, und wir haben eine Plane, mehr brauchen wir nicht. Das Essen gibt es kostenlos in der Natur, Sie müssen nur mal die Augen aufmachen."
Der Butler seufzte und fügte sich seinem Schicksal. Pioniergeist! Schlichter Geiz war es, dass der Lord nicht bis zu einer gemütlichen Unterkunft - die natürlich etwas kosten würde - weiter wollte. Wie in der guten, geizigen Zeit, dachte Frido, stieg vom Kutschbock und kümmerte sich erst einmal um die Pferde, die für diese Lage natürlich nichts konnten. Er begann, die Pferde so zu striegeln, wie Vim van der Slampe es ihm gesagt hatte, und die Tiere ließen es sich gerne gefallen. Als ihm die Arme anfingen, weh zu tun, ging er zu den Hamstern. Zu seiner Beruhigung schliefen die kleinen Tier noch, doch bevor er sich zu dem Lord auf die Pritsche der Kutsche setzen konnte, zeigte dieser auf das am Wege stehende Gebüsch: "Brombeeren, mein lieber McClown, gesund und nahrhaft. Fangen Sie schon mal an zu sammeln. Ich werde die Augen weiterhin nach etwas Essbarem aufhalten."
Es wurde ein kaltes, wenig abwechslungsreiches Abendessen. Außer Brombeeren hatte Frido McClown nichts Anderes auftreiben können. Das meiste aß gierig der der alte Lord, während Fridos Appetit sich in Grenzen hielt. Einen Teil der Beeren legte der Butler für die Hamster beiseite, und er war sich jetzt schon sicher, dass die Hamster keinesfalls begeistert über Brombeeren als Futter sein würden. Aber es war nun mal nicht zu ändern, und so begann er, das Nachtlager für sich und Lord McShredder herzurichten. Der Lord hatte es sich auf dem Holzboden der Pritsche gemütlich gemacht und sich mit einem Teil der Plane bedeckt. Der Butler nahm den Rest der Plane, bedeckte sich ebenfalls und schloss die Augen. Im nächsten Moment jedoch schreckte er hoch: die Hamster! Er stand auf und betrachtete den Karton, in dem die Hamster immer noch friedlich vor sich hin schliefen, doch er wusste, dass das nicht von Dauer sein würde. Die Ränder des Kartons schienen hoch genug zu sein, so dass eine Flucht der Tierchen ausgeschlossen war. Selbst wenn sie es irgendwie schaffen würden, überlegte Frido, würden sie nicht über die Seitenbretter des Kutschwagens klettern können. Sein Blick fiel auf den schnarchenden Lord und im nächsten Moment auf den Himmel. Die Wolken zogen schnell vorüber und gaben für kurze Zeit immer wieder den Blick auf die Sterne frei. Der Wind hatte zugenommen, kein Zweifel. Frido McClown dachte daran, dass er auf den letzten Kilometern keine Schafe gesehen oder gehört hatte, und dass die Midges ihn am frühen Morgen bereits zweimal gestochen hatten. Er hob den Kopf und sog die Waldluft tief ein: Ja, der Geruch der Vegetation um ihn herum war recht intensiv. Das alles waren Anzeichnen für ein bevorstehendes Unwetter. Für ein möglicherweise schweres Unwetter.
"Sir, wir sollten die Plane aufstellen und mit der Kutsche Schutz im Gebüsch suchen, ich glaube, es kommt ein Unwetter auf!"
Der Lord grunzte nur kurz, gähnte und öffnete seine
Augen einen Spalt weit. "Unsinn. McClown, mein Rheuma hätte schon längst Bescheid gesagt. Lassen Sie mich jetzt schlafen!"
"Sir, ich..."
"Ruhe, McClown! Ich will schlafen!"
Der Butler zuckte mit den Schultern und warf erneut einen Blick auf den Karton mit den Hamstern. Sie mussten zugedeckt werden, soviel war klar. Er holte aus dem Gepäck ein grünes Handtuch und legte es vorsichtig über die Hamsterbehausung. Dann legte auch er sich schlafen, während hoch über ihnen die Bewölkung immer weiter zunahm, und der Wind immer heftiger wurde. Es schien eine unangenehme Nacht zu werden.
Kapitel 33
Trossachs II
"He, Leute, seht euch das mal an. Die pennen beide, und keiner kümmert sich um uns! Soll das unser Futter sein? Los, sag mal was dazu!" rief Flecki empört und stupste Goldi an, der sich langsam und gemächlich räkelte und gähnend antwortete: "Ich wollt' ich wär ein Teppich. Dann könnt' ich immer liegenbleiben." Er drehte sich zu den Brombeeren um, blinzelte ein paar Mal mit den Knopfaugen und rief: "Das soll Futter sein? Werden wir jetzt zu Karnickeln umerzogen?"
"Brombeeren", erklärte Dasie, die an den Beeren schnüffelte, "die sollen sehr gesund sein."
"Der Bauleiter ist mal beim Reparieren eines Daches in ein Brombeergebüsch gefallen. Der sah ganz schön kaputt danach aus und dann hat er..."
"Danke, Tuffi, aber ich glaube, das interessiert hier niemanden", fauchte Bauleiter Murksel und schubste Tuffi so heftig, dass sie fast umfiel.
"Öhm, unter den gegebenen Umständen", meldete sich nun der Bürgermeister, "denke ich, wir sollten sozusagen eine Besprechung anberaumen, um die Dingslage zu klären."
Nachdem die Hamster ein paar Minuten lang planlos durcheinander geschrieen und heftig diskutiert hatten, wurde die Tagesordnung festgelegt. Entgegen der hamstischen Tradition wurden die sonstigen letzten Punkte, nämlich die allgemeine Futterlage und eine eventuelle nächtliche Party auf Punkt 1 und 2 der Tagesordnung gesetzt. Gerade in dem Moment, als Trampel und Hamstilidamst ihre Abneigung gegen Brombeeren erklären wollten, geschah das, was Frido McClown schon vor einiger Zeit befürchtet hatte: Es begann zu regnen. Auf Antrag von Teeblättchen wurde nun der Zusatzpunkt: 'Es regnet, was machen wir nun?' auf den Plan gesetzt. Ein Zusatzantrag von Sasie erreichte, dass in einer sofortigen Abstimmung dieser Punkt von Platz 3 auf Platz 1 der Tagesordnung aus aktuellem Anlass geschoben wurde. In dem Moment, als Trampel über die Nachteile seines inzwischen recht nassen Fells klagte, kam heftiger Wind auf. Tati brachte den Zusatzantrag, den Punkt 'Es wird kalt, wo kriegen wir Klamotten her?' ebenfalls in die Debatte und stieß auf allgemeine Zustimmung. Nachdem es der Hamsterschaft nicht gelungen war, die neue Reihenfolge der Diskussionspunkte festzulegen, hatte schließlich der Bürgermeister die Idee, die Punkte 'Es regnet, was machen wir nun?' und 'Es wird kalt, wo kriegen wir Klamotten her?' zu einem Punkt zusammenzufassen. Nach heftigen Diskussionen und einigen Vorschlägen, die jedoch allesamt unbrauchbar waren, tauchte ein neues Problem auf: Der Regen hatte aufgehört. Dodo schlug vor, den Punkt 'Es regnet, was machen wir nun?' zu streichen, wurde jedoch von Bauleiter Murksel darauf hingewiesen, dass zusammengelegte Tagesordnungspunkte nicht mehr gestrichen werden können. Der Bürgermeister verwies allerdings auf die Möglichkeit einer Modifizierung anstelle einer Streichung, und nach kurzer Diskussion folgte eine Abstimmung, in der sich die Mehrheit für eine Änderung des ersten Tagesordnungspunktes aussprach. Nachdem nun alle Arbeitspunkte geklärt waren, begann es erneut zu regnen.
"Öh, und was machen wir nun?" wollte Dodo wissen.
Es herrschte allgemeine Ratlosigkeit, denn keiner hatte den Mut, eine erneute Änderung der Tagesordnung vorzuschlagen. So saßen die Hamster in dem Karton, der ehemals eine Torte beherbergt hatte, und waren froh, wenigstens durch ein Handtuch geschützt zu sein. Lord und Butler unterdessen störte der Regen nicht im geringsten, denn die Plane der Kutsche schützte sie vor Wind und Regen. Die beiden Männer schliefen und schnarchten vor sich hin, während die Hamster ratlos zuschauten, wie ihr Karton langsam vom Regen aufweicht wurde.
"Wie wärs, wir machen uns aus dem Stoff ein paar schöne Umhänge?" rief Flecki und zeigte auf das Handtuch. "Grün ist zur Zeit 'in' und der Stoff fühlt sich prima an."
"Das ist es", rief Sasie, "damit wäre der Punkt 'Es wird kalt, wo kriegen wir Klamotten her?' geklärt!"
"Der Punkt, öhm, meine lieben Mithamster, wurde aber soeben geändert, und somit müssen wir neu abstimmen, ob..."
Die restlichen Worte des Bürgermeisters gingen wie schon so oft in einem aufgeregten Geschrei unter. Schnell wurde ihm klar, dass den Hamstern Wärme wichtiger als Abstimmungen war, und somit ging der Bürgermeister schnell zu den verbliebenen beiden Punkten über, während Flecki und einige andere damit begannen, das grüne Handtuch in viele kleine Umhänge zu zerteilen. Die Abstimmung über die Punkte 2 und 3 ging recht schnell über die Bühne, wobei der Punkt 3 von dem Punkt 2, nämlich der allgemeinen Futterlage abhängig gemacht wurde. Da die Verteilung der Umhänge bereits im Gange war, wurde beschlossen, sich sofort auf die Futtersuche zu begeben, da von dem Butler und seinem Chef keinerlei Hilfe zu erwarten war.
Da der Karton schon recht aufgeweicht war, ließ sich leicht ein großes Loch bohren. Wie allerdings McClown schon erwartet hatte, stellten die Seitenwände der Pritsche für die Hamster ein unüberwindliches Hindernis dar, das von den findigen Tieren jedoch trotzdem schnell überwunden wurde. Da der alte Lord mit seinem Kopf direkt an eine der Seiten gelehnt war, war es kein Problem, über ihn und seinen Kopf hinweg ins Freie zu krabbeln und von der Kutsche herunterzuspringen. Kurz darauf saßen alle Hamster im tiefen Gras und hatten nasse Pfoten.
"Öh, und nun, was machen wir....."
"Ganz klar", unterbrach Goldi Dodo, "wir sind die hamstischen Pfadfinder!"
"Und wie findet man einen Pfad?"
"Also Dodo, schau doch mal, wie wir aussehen. Also, was sind wir?"
"Moosbiber?"
"Das ist ein Tarnanzug, Dodo. Wir sind coole und starke Pfadfinder. Niemand kann uns aufhalten, und wir besorgen uns jetzt etwas zu futtern."
"Ein Regenschirm bei diesem Dreckswetter wäre besser", schimpfte Tuffi.
"Ey Leute, wusste ihr schon: Ein Regenschirm schützt vor Regen, ein Bildschirm kann aber nicht vor Bildern schützen?"
Niemand lachte über Goldis Witz, und so ging es über einen matschigen Weg weiter durch den dunklen Wald. Sie entfernten sich immer mehr von der Kutsche, und schon bald waren sie außer Sichtweite. Der Regen hatte inzwischen aufgehört, doch Futter war noch immer nicht zu entdecken, als plötzlich ein Licht durch die Bäume schimmerte. Hoffnung keimte bei dem kleinen Trupp auf, und sie beeilten sich, durch das unwegsame Gelände vorwärts zu kommen. Flecki erreichte als Erste einen kleinen Hügel, von dem aus die Lage besser zu überblicken war.
"Ein Haus", rief sie entzückt, "ein richtig vornehmes, großes Haus!"
"Ein Flachdachgebäude", stellte Bauleiter Murksel fachmännisch klar.
"Ja, genau", stimmte Tuffi zu. "Das habe ich in der Berufsschule gelernt: Beim Flachdach ist das Dach flach!"
"Du gehst zur Berufsschule? Das ist mir neu!"
"Doch, Sasie, ich bin sogar schon zweimal dort gewesen. Aber dann hat Bauleiter Murksel gesagt, nur in der Praxis lernt man etwas und hat mich persönlich weiter ausgebildet."
"Und solche Sachen lernst du nun beim Bauleiter?"
"Naja", druckste Tuffi herum, "wir lernen da die Feinheiten. Neulich haben wir Kopfschütteln geübt."
"Kopfschütteln?" fragte Sasie verwundert.
"Ja, das Kopfschütteln in Gegenwart des Kunden, wenn man etwas reparieren soll. Bauleiter Murksel sagt nämlich immer, wir sollen versuchen, dem Kunden etwas Neues anzudrehen...."
"Tuffi!"
"Ja, Bauleiter?"
"Schnauze!"
"He Goldi", flüsterte Flecki, "findest du das nicht merkwürdig? Warum hat der Bauleiter die Tuffi von der Berufsschule wieder runtergenommen?"
"Ist doch klar", brummte Goldi, "die hätte doch sonst mitgekriegt, welchen Murx dieser Murksel fabriziert."
Die Hamster wandten ihre Aufmerksamkeit nun wieder dem hell erleuchteten Haus zu, vor dem sich merkwürdige Dinge abspielten. In der Einfahrt standen mehrere Limousinen, Leute standen herum und schienen zu warten. Vorsichtig krochen die kleinen Tiere näher und versuchten zu lauschen. Dann tat sich etwas, und die Haustür wurde geöffnet. Blitze flammten auf, die Stimmen wurden lauter, als jemand auf die Limousinen und die wartenden Leute zuging. Ein paar Worte wurden gewechselt, und enttäuschte Rufe waren zu hören. Kurz darauf löste sich die wartende Menschenmenge auf und verschwand in den Autos. Motoren wurden angelassen, und ein Wagen nach dem anderen verschwand. Dann war alles still, nur ein merkwürdiges Jaulen war zu hören, das scheinbar aus dem Haus kam.
"Was 'n da los?" fragte der Bürgermeister.
"Ich glaube, ich weiß, was los ist", rief Flecki, die plötzlich wie aus dem Nichts vor dem Bürgermeister auftauchte. "Ich bin ein bisschen dichter herangekrochen und konnte einiges verstehen. Da sind Musiker in dem Haus, und die wollen für ihre Tournee üben. Der eine von denen hat gerade die ganzen Leute weggeschickt, die ein Interview machen wollten. Also der sah vielleicht bescheuert aus!"
"Sind das die Beatles?" fragte Dodo.
"Du hast aber echt null Ahnung, Dodo. Die Beatles spielen doch schon lange nicht mehr. Nein, die hießen anders, irgend etwas mit einem japanischen Hotel oder so. Bestimmt ist das so eine Truppe, die völlig überfordert ist, vernünftige Musik zu machen."
"Meistens haben diese Gruppen auch die Haltbarkeitsdauer eines Joghurts", stimmte Teeblättchen zu.
"Wollen wir uns jetzt über schlechte Musik oder über gutes Futter unterhalten?" fragte Goldi und lief, ohne eine Antwort abzuwarten, auf das Haus zu.
"Und nun, was machen wir nun? Ich meine, jetzt sitzen wir hier und..."
"Klappe, Dodo, ich muss überlegen!" fauchte Bauleiter Murksel. Seit einer halben Stunden saßen die Hamster nun vor dem Gebäude und hatten immer noch keine Idee, wie sie hineinkommen könnten.
"He, Leute, wir könnten durch die Regenrinne nach oben klettern!"
"Dann sitzen wir auf dem Dach, und wie weiter, Goldi?" entgegnete Trampel.
"Naja, dann rutschen wir wieder durch die Dachrinne zurück und überlegen uns etwas Anderes. Das machen wir doch immer so, oder?"
Niemand antwortete. Alle starrten auf die Haustür, überlegten angestrengt und warteten auf ein Wunder. Dann geschah es tatsächlich: Die Haustür wurde geöffnet, ein dicker Mann mit Zigarre im Mund trat heraus, drehte sich um und rief: "Ihr bleibt so lange hier, bis ihr 10 Lieder fehlerfrei spielen könnt, ist das klar!" Irgendeine Antwort kam aus dem Haus zurück, doch die Hamster achteten nicht darauf, sondern machten, dass sie durch die geöffnete Tür ins Innere des Hauses kamen. Kaum waren sie drinnen, da schloss sich die Haustür geräuschvoll. Sie hatten es geschafft!
"Wieder einmal hat sich gezeigt, meine lieben Hamsterfreunde, dass Mut und Entschlossenheit zu den Tugenden unserer Rasse zählen und dass wir..."
"Ist ja gut, Bürgermeister", unterbrach Flecki, "wir sollten uns erst mal verstecken, sonst sind wir bald keine Rasse mehr."
Ein Jaulen, Klirren und Scheppern ließ die Tiere zusammenschrecken. Voller Panik rannten sie in das nächstbeste Zimmer und versteckten sich dort in einer Ecke.
"Das ist ja entsetzlich!" jammerte Teeblättchen. "Was passiert da?"
"Das nennen die Üben", erklärte Tati, "die lernen neue Lieder."
"Warum können die nicht wie Hamsterquallo1 klingen?", jammerte Flecki.
"Bauleiter Murksel hat einmal versehentlich die Werkzeugkiste in die Kreissäge geschoben, das klang genauso", wusste Tuffi zu berichten, "und dann war er so sauer, dass er die Kreissäge umgetreten hat und dabei ist das halbe Haus...."
"Tuffi?"
"Ja, Chef?"
"Schnauze!"
Die Stimmung unter den Hamstern wurde von Minute zu Minute gereizter. Schließlich waren sie als Nachttiere mit einem empfindlichen Gehör ausgestattet, und das, was sich in diesem Haus abspielte, war für sie kaum zu ertragen. Immerhin war es Goldi gelungen, eine Tüte Chips aufzutreiben, doch nach einem Probebiss mochte niemand mehr etwas davon essen. Hamster mögen kein Essig, und diese Chips schmeckten eindeutig nach Essig.
"Ekelhaft", schimpfte Flecki, "und diese Dinger kann man sich nicht mal in die Ohren stecken. Dieser Krach ist entsetzlich. Bürgermeister, tu gefälligst mal was!"
"Öhm, ja, ich, also meine lieben Hamster, wir sollten zusehen, dass wir Futter finden und verschwinden."
"O.K.", sagte Goldi, "wie wär’s, wir knacken den Kühlschrank? Kannst du den nicht mal reparieren, Bauleiter?"
"Wieso reparieren? Der ist doch nicht kaputt?"
"Doch, Murksel, schau mal genau hin: Das obere Scharnier ist ein bisschen schief."
Der Bauleiter legte den Kopf schief, um die Sache genauer zu betrachteten. Er klopfte gegen die linke Seite des Kühlschranks, dann an die rechte und sprach schließlich: "Ohne Werkzeug kann ich da leider nichts....."
"Doch, doch", unterbrach ihn Goldi, "hier ist ein Besteckfach, da sind Messer und alles Mögliche drin."
Der Bauleiter verschwand wortlos in der Schublade, ein Klappern und Scheppern war zu hören, und er tauchte wieder auf. In der einen Pfote hielt er ein Messer und in der anderen einen Dosenöffner.
"Scharniere", so erklärte er, während er sich am oberen Scharnier mit dem Dosenöffner zu schaffen machte, "sind zwar robust und halten lange, jedoch brauchen sie auch regelmäßiges Justieren. Das wissen nicht viele, und die meisten Leute denken, so ein Scharnier hält ewig. Tut es nur bei guter Pflege und, wie gesagt, bei regelmäßigem Justieren der Scharniereinheit. Ich demonstriere euch das einmal: vorsichtig klopfen und ziehen!"
Da die Musik im Haus für einen Moment aufgehört hatte, war das leise Knacken des Scharniers gut zu hören. Der Bauleiter stieg vom Kühlschrank herab und machte sich am unteren Scharnier zu schaffen.
"Natürlich ist es wichtig, immer beide Scharniere gleichzeitig zu justieren", erklärte er weiter, "damit die Symmetrie des Gerätes erhalten bleibt. Nur ein Anfänger würde sich mit einer halben Sache begnügen."
Goldi und Flecki bestätigten grinsend mit nachdrücklichem Kopfnicken seine Worte, als Baumeister Murksel lässig Dosenöffner und Messer beiseite schob. "Fertig!" schrie er, denn die Musik im Nebenzimmer hatte wieder eingesetzt. "Das hält nun eine Ewigkeit." Zum Beweis seiner Worte trat er mit seiner Pfote kräftig gegen den Kühlschrank und sprang zurück auf den Fußboden und betrachtete sein Werk. Dann trat er einen Schritt zurück, dann noch einen und dann ganz viele Schritte, denn die Tür des Kühlschranks kam ihm plötzlich entgegen. Kreischend rannten die Hamster in alle Richtungen auseinander, als die schwere Kühlschranktür auf den Boden knallte.
"Da- da- das müssen defekte Bauteile aus der 45er-Reihe sein, die taugen einfach nichts", stotterte der Bauleiter, während Flecki und Goldi verständnisvoll mit breitem Grinsen nickten.
"Alles klar, Leute", schrie Goldi, "fertig machen zum Futterfassen!"
Nach wenigen Minuten lagen die Hamster vollgefressen und schlapp in einer Ecke der Küche. Das Leben hätte schön sein können, wenn nicht die infernalischen Geräusche aus dem Nebenzimmer gewesen wären. Von Minute zu Minute wurden die armen Tiere immer nervöser und aufgeregter, und Dodo wollte sich gerade im Mülleimer verstecken, als die Musik schlagartig aufhörte.
"Noch einmal ertrage ich das nicht", keuchte Teeblättchen.
"Wir müssen was machen, aber was?" jammerte Dodo.
"Also, raus kommen wir hier nicht", grübelte Murksel, "wir kriegen die Tür nicht auf, die ist zu schwer. Die Fester sind zu hoch, das wird nichts."
In diesem Moment erschraken die Hamster, und Panik kam auf. Schritte waren zu hören! Jemand näherte sich der Küche. Schnell versteckten sich die Tiere hinter der Küchentür und warteten. Ein entsetzter Schrei war zu hören, der bestimmt den kaputten Kühlschrank betraf. Kurz darauf waren weitere Schritte zu hören, und vier junge Leute standen verschreckt um die abgestürzte Kühlschranktür herum. Die Hamster hatten schon längst die Situation genutzt und waren ins Nachbarzimmer verschwunden. Etwas ratlos standen sie nun vor elektrischen Gitarren, einer Schlagzeuganlage und mehreren Verstärkern.
"Wie wäre es, wir reparieren ein wenig ihre Instrumente?" fragte Goldi und sah den Bauleiter grinsend an.
"Ich fasse heute nichts mehr an", knurrte der.
"Chef, Chef", meldete sich Tuffi aufgeregt und schnippte mit den Pfoten, "auf der Berufsschule habe ich mal etwas über elektrische Schaltungen gelernt!"
"Ehrlich?" rief Sasie begeistert. "Du kannst so etwas?"
"Na ja", druckste Tuffi, "so ganz genau habe ich das nicht kapiert, aber..."
"Wusste ich es doch", trumpfte der Bauleiter auf. "In der Schule lernt man das alles nicht richtig. Hier spielt das Leben. Los, Tuffi, zeige uns mal eine Parallelschaltung!"
Etwas verlegen trat Tuffi vor und begann, an einigen Kabeln zu ziehen. Sie zog hier ein Kabel und steckte es dort hinein, während aus der Küche laute Klopfgeräusche zu hören waren. Scheinbar wurde dort gerade versucht, die Kühlschranktür wieder einzusetzen.
"Chef, ist die weiße Buchse da in der Wand ein Ausgang oder ein Eingang?"
Bauleiter Murksel erhob sich und lief zu der weißen Buchse. Fachmännisch klopfte er dagegen, räusperte sich und rief: "Das muss ein Eingang sein, und zwar ist das der Emitter für den Verstärkereingang. Höchstwahrscheinlich laufen hier die einzelnen Komponenten zusammen."
Tuffi nickte und fuhr fort mit ihrer Arbeit, während die restlichen Hamster gelangweilt zuschauten. Plötzlich jedoch war es mit Arbeit und Langeweile vorbei, denn nun wurden die Stimmfetzen, die von der Küche her kamen, plötzlich lauter und das konnte nur bedeuten, dass sich jemand näherte.
"Schnell", rief Murksel, "in das kleine Zimmer dort hinten!"
Gesagt, getan, und die Hamster sahen sich in dem Raum um. Sie hatten keine schlechte Wahl getroffen, denn offensichtlich war dies eine Vorratskammer, in der sich neben Konservendosen, Essigchips auch Gemüse und jede Menge Kekse befanden. Bevor nun eine 'Spontan-Steh-Und-Fressparty' abgehalten werden konnte, musste zunächst geklärt werden, was im Musikzimmer vor sich ging. Mit 11 Ja-Stimmen und einer Gegenstimme wurde beschlossen, Trampel als Kundschafter loszuschicken. Nach wenigen Minuten kehrte er atemlos zurück und keuchte: "Fast hätten die mich entdeckt."
"Und?" fragte Dasie, "werden die weiter Krach machen?"
"Scheinbar nicht, die machen wohl eine Pause. Die kritzeln auf einem Zettel herum und essen ekelige Essigchips und trinken braune Soße aus Flaschen!"
"Gut, gut", dröhnte der Bürgermeister, "meine lieben Hamsterfreunde, it’s time to party, wie man hier sagt. Bevor es losgeht, möchte ich abschließend noch einmal den Dank an unseren Trampel richten, der sich durch Mehrheitsbeschluss bereit erklärt hat, alle 5 Minuten nach dem Rechten zu sehen!"
Somit kamen die Hamster nach langer Zeit wieder zu einer Party mit reichlich Futter. Alle waren zufrieden, ausgenommen Trampel, der ständig zwischen Musikraum und Vorratskammer hin- und herrannte und nicht so recht Spaß an der Sache hatte. Da er alle 5 Minuten aufs Neue losrennen musste und der Hin- und Rückweg jeweils 4 Minuten dauerte, war er ständig unterwegs. Nach mehreren Stunden jedoch kam er japsend angestürmt, stellt sich mitten in die Partygesellschaft und rang nach Luft. Er war völlig erschöpft, sein Atem ging schwer, und ein Pfeifen war zu hören, bis Goldi ihn schließlich ungeduldig fragte: "Willst du uns ein Lied vorpfeifen, oder was?"
"Die fangen", keuchte er, "die fangen..."
"Die spielen Fangen?" fragte Dodo ungläubig.
"Nein, nein", krächzte Trampel, "die fangen wieder an...."
"Tja, das war’s wohl mit der Party", sagte Hamstilidamst missmutig, doch Flecki war sich da nicht so sicher: "Kann auch sein, dass es jetzt erst richtig losgeht, wer weiß, was unser Bauleiter der Tuffi so alles beigebracht hat."
Die Hamster schlichen zur Tür der Vorratskammer und lauschten. Außer ein paar undeutlichen Worten war zunächst nichts zu verstehen, doch dann waren klar und deutlich die Worte: 'One-two-three' zu hören. Während Tuffi noch einmal an alles dachte, was sie über Parallelschaltungen wusste, und Bauleiter Murksel überlegte, wo er diese weiße Buchse da in der Wand schon einmal gesehen hatte, brach ein Inferno aus. Es begann mit mehreren lauten Explosionen, Blitze fegten durch das Haus, die Beleuchtung ging aus, und irgendetwas flog durch kreischend durch die Luft. Eine Alarmanlage ging mit einem lauten Gejaule los, und das ganze Haus schien zu wackeln, während von der Decke herab Wasser aus einer Sprinkleranlage schoss.
"Alles in die Boote!" kreischte Flecki und krabbelte in eine große Kiste, in der sich Gemüse befand. Schnell folgte ihr der Rest der Partygesellschaft, und mit angsterfüllten, riesigen Knopfaugen verfolgten sie das Geschehen. Die Luft war von Rauch und Qualm erfüllt, der Boden war inzwischen soweit mit Wasser überflutet, dass die Gemüsekiste aus der Vorratskammer in das nächste Zimmer trieb. An mehreren Stellen in der Wohnung brannte es, doch das von der Decke kommende Wasser tat sein Bestes. Immer schneller trieb nun die Gemüsekiste mit den Hamstern an Bord, und sie erreichten das Musikzimmer, in dem das Chaos seinen Anfang genommen hatte. Hier sah es besonders schlimm aus, und insbesondere die Musiker und ihre Instrumente sahen recht mitgenommen aus.
"He, Leute", rief Goldi, "hat das hier eine Grillparty gegeben? Die Jungs sehen ja aus wie Grillkohle!"
"Heißt das deshalb brandneues Album", fragte Dodo verwundert, "ich meine, weil die alle..."
Erschrocken schauten die Hamster einander an. Draußen ertönten plötzlich Sirenen, bestimmt war die Feuerwehr im Anmarsch! Kurz darauf waren laute Schläge an der Haustür, auf die die Hamster nun zutrieben, zu hören. Dann splitterte das Holz und eine Axt drang durch die Tür. Laute Rufe waren zu hören, und kurz darauf war die Haustür ganz verschwunden. Nun drangen Leute in Uniformen und Helmen in das Haus. Einige stürzten sich sofort auf die am Boden liegenden, jammernden und übel zugerichteten Musiker, während der Rest die anderen Räume durchsuchte. Unbemerkt von allen trieben die Hamster mit ihrer Gemüsekiste durch die zerschmetterte Tür hinaus ins Freie. Auf dem Rasen im Vorgarten des Hauses liefen sie auf Grund, krabbelten aus der Gemüsekiste und machten, dass sie weit, weit wegkamen. In panischer Flucht liefen sie so schnell ihre kleinen Pfoten es zuließen, bis sie erschöpft und keuchend wieder vor der Kutsche standen. Sie kletterten über die Speichen der Räder bis auf die Kutschbank und über den Kopf des alten Lords zurück in die Pritsche. In den Resten des aufgeweichten Kartons ließen sie sich erschöpft nieder.
"Und noch was, Leute", keuchte Bauleiter Murksel mit erschöpfter Stimme. "Es ist nichts passiert, und wir sind nie weggewesen, klar?"
Alle nickten stumm, und niemand sagte ein Wort. Am Himmel war bereits der erste rote Schein des kommenden Morgens zu sehen. Es dauerte nicht lange, und auf der Pritsche der Kutsche war nun auch das letzte Lebewesen eingeschlafen.
Kapitel 34
Wieder an Bord
"McClown, haben Sie sich schon Gedanken um mein Frühstück gemacht?"
Der Butler schreckte hoch und sah sich um. Er rieb sich die Augen, und so langsam dämmerte es ihm, wo er sich befand.
"Nun, Sir, ich dachte an einen frischen Waldsalat, der ist sehr lecker und preiswert..."
"Machen Sie die Kutsche klar, und überlassen Sie solche Sprüche mir!" fauchte der Lord und drehte sich beleidigt um.
Kurz darauf waren sie startbereit, und Frido McClown warf noch einen Blick auf die schlafenden Hamster.
"Sehen Sie, Sir, wie lieb die schlafen. Es war ihnen bestimmt zu feucht heute Nacht, diese braven Tiere!"
"McClown, wenn ich nicht bald etwas zu Essen bekomme, werde ich zum Tier, also Marsch!"
Wenig später ging die Fahrt weiter, und es schien, als wenn auch die Pferde nach dieser nassen Nacht froh darüber waren, sich wieder bewegen zu dürfen. Sie waren noch nicht weit gefahren, als zu ihrer rechten Seite ein prächtiges Haus auftauchte. Allerdings schien es von seiner Pracht eine Menge eingebüßt zu haben, denn es sah aus, als wenn sich dort etwas Schlimmes ereignet hatte. Auch die Tatsache, dass ein Feuerwehrwagen direkt davor parkte, ließ darauf schließen, dass hier etwas passiert war.
"McClown, schauen Sie mal nach, und fragen Sie, was das zu bedeuten hat!" befahl Lord McShredder.
Wenige Minuten später kam der Butler zurück und erstattete Bericht: "Der Feuerwehrmann sagt, dass hier heute Nacht eine Musikgruppe für ihr nächstes Konzert geübt hat. Scheinbar haben die nicht aufgepasst und die Hütte abgefackelt. Die sollen jetzt ziemlich mitgenommen aussehen. Der Feuerwehrmann hat gemeint, dass der Sänger von denen gesagt hat, dass sie in diesem Land nicht mehr singen wollen. Der Sänger soll auch gesagt haben, dass sie in Zukunft nur noch für Finnland beim Grand Prix antreten wollen."
Gegen Mittag hatte die Reisegruppe das Gebiet der Trossachs verlassen und das ursprünglich geplante Ziel Dunferline kurz vor dem Firth of Forth erreicht. Die Nacht im Wald hatte bei allen ihre Spuren hinterlassen, doch Lord McShredder hatte zum Glück eine preiswerte Übernachtungsmöglichkeit gefunden. Der vierte Tag ihrer Reise verlief soweit problemlos, lediglich in Edinburgh kam es zu einigen unschönen Szenen, als sie mitten in die Hauptverkehrszeit der Hauptstadt gerieten. Es hätte nicht viel gefehlt, und der pöbelnde Lord wäre von den aufgebrachten Autofahrern von der Pritsche geholt worden. Am Ende des Tages erreichten sie Burnmouth und der Lord beschloss, eine letzte Nacht auf schottischen Boden zu verbringen. Frido McClown hatten dem Plan begeistert zugestimmt, war jedoch außer sich, dass der Lord die Übernachtung auf schottischem Boden wortwörtlich nahm. Somit wurde das Geld für eine letzte Übernachtung gespart, und sie nächtigten am Strand von Hilton Bay, nur wenige Kilometer von der englischen Grenze entfernt. Da wieder einmal heftiger Regen einsetzte, verbrachte die Reisetruppe eine ungemütliche Nacht unter der Plane, sehr zum Ärger der Hamster. Erste Stimmen innerhalb der Hamsterschar wurden laut, doch lieber wieder in den sonnigen Norden Schottlands zurückzufahren, denn da sei das Wetter besser. Nur unter großen persönlichen Einsatz des Bürgermeisters, der immer wieder auf die Notwendigkeit des Projekts 'Pleasure Dome' hinwies, konnte die Lage entschärft werden. Am nächsten Tag traten sie die restlichen 122 Kilometer nach Newcastle an. Das Wetter zeigte sich nun von einer besseren Seite und bei Sonnenschein passierten sie Holy Islands, auch Lindisfarne genannt, und der Butler stellte nun dem Lord die Frage, die ihn schon lange beschäftigte: "Sir, was machen wir mit den Pferden und der Kutsche? Wir werden sie wohl nicht mit an Bord des Schiffes nehmen können, oder?"
Der Lord überlegte lange. Auch er hatte sich schon mit dem Problem beschäftigt. Seine ursprüngliche Idee, die Pferde samt Kutsche zu verkaufen, hatte er wieder verworfen, denn immerhin gehörten sie MacToffee. Auch die Möglichkeit, die Pferde irgendwo zu parken und ihrem Besitzer eine Postkarte zu schicken, er möge zu abholen, war eines Lords nicht würdig. McShredder seufzte und antwortete: "Wir haben da doch noch einen gewissen George auf der Gehaltsliste, ja? Soll der sich darum kümmern. McClown, suchen Sie im nächsten Ort eine Telefonzelle, ich werde ihn dann anrufen."
In der Nähe von Alnwick fanden sie die gewünschte Telefonzelle und begaben sich anhand des dortigen Telefonbuchs auf die Sache nach der Telefonnummer von George. Es war nicht einfach, die richtige Nummer zu finden, und der Lord wurde langsam ungeduldig, während er eine Nummer nach der anderen ausprobierte.
"McClown, warum ist eigentlich nie besetzt, wenn man eine falsche Nummer wählt?"
Schließlich waren sie dann doch noch erfolgreich, und George saß nun am fernen Loch Rannoch und überlegte angestrengt, wie er mit dem Wagen nach Newcastle zu den Royal Quays fahren und dann mit einer Kutsche samt Pferde zurückkommen sollte. Er beschloss, seine Überlegungen auf der Fahrt weiterzuführen, denn schließlich lagen etwas mehr als 500 Kilometer vor ihm, und er hoffte, in sechs Stunden in Newcastle zu sein.
Am frühen Nachmittag hatten McShredder, McClown und die Hamster Newcastle erreicht. Auch hier kam es zu mehreren peinlichen Szenen, als der Butler die Kutsche mitten durch den Verkehr lenkte. Sicherlich war das Hupen einiger Autofahrer mehr als Spaß gedacht, jedoch als der wütende Lord auf der Pritsche stand und mit den Armen fuchtelnd drohte, sämtliche Engländer in seinen Kerker zu stecken, kam es zu ersten Zwischenfällen. Kurz darauf musste die hiesige Polizei einschreiten und den wütenden Mob daran hindern, Lord McShredder zu verprügeln. Der Butler beschwichtigte die angerückte Hundertschaft der Polizisten und erklärte ihnen, dass der arme Lord kürzlich sein Schloss durch eine Gasexplosion verloren hätte und noch nicht wieder bei klarem Verstand sei. Mit einer Polizeieskorte vorweg wurde die Reisetruppe nun bis zu den Royals Quays geleitet, wo sich McShredder zum Abschluss eine saftige Geldstrafe einhandelte, als er den Leiter des Polizeieinsatzes als englischen Lakaien bezeichnete. Während der Butler nun die Pferde samt Kutsche zu einem abseits gelegenen Park nahe des Hayhole Roads führte, besorgte der Lord die Fahrkarten für die Fähre nach Amsterdam.
"Also, ich glaube, in solch einer großen Stadt möchte ich nicht wohnen", rief Tuffi entsetzt, "dieser Krach und Lärm..."
"Also ich fand das toll, als die den alten Lord aufmischen wollten", grinste Goldi, "schade nur, dass die blöde Polizei dazwischengekommen ist."
"Viel mehr würde mich interessieren, wo wir jetzt bleiben. Der Butler hat die Pferde jetzt fertig gestriegelt. Bestimmt müssen wir nun wieder umziehen."
Flecki sollte Recht behalten, denn nun fiel der Blick McClowns auf die Hamster, die schon seit zwei Tagen in einem ungemütlichen Plastikeimer wohnen mussten, den der Butler unterwegs besorgt hatte. Er hatte den Eimer mit Gras und Teilen seiner Kleidungsstücke ausgestattet, doch es war unwahrscheinlich, dass er mit einem Eimer voller Hamster auf das Schiff gelassen werden würde. Bedauernd zuckte Frido mit den Schultern, als er seine eigene und die Wäsche des Lords in den einen und die Hamster in den nun frei gewordenen anderen Koffer packte. Dann sah er sich ein letztes Mal nach den Pferden um, die zufrieden grasten und sich von den Strapazen der vergangenen Tage erholten. Dann nahm er die Koffer und ging zum Fährterminal, wo er schon von weitem Lord McShredder sehen konnte, der neben einem Klohäusschen saß und eine Pfeife rauchte. Der Lord war in sofern von Weitem gut zu erkennen, da er einen weißen Kopfverband trug und sein linker Arm in einer Schlinge hing.
"Schön, Sir, dass Sie eine neue Pfeife gefunden haben", sagte der Butler und stellte keuchend die Koffer auf den Boden.
"Nicht wahr?", krähte McShredder. "Und wenn mir dieser McDudle noch einmal über den Weg laufen sollte, wird er dafür bezahlen müssen! Es ist unvorstellbar, welche Preise hier für eine einfache Pfeife verlangt werden. Von den Kosten für das Fährticket möchte ich gar nicht erst sprechen. Immerhin haben wir nur den halben Preis bezahlen müssen und fahren in der Luxuskabine auf der 'Duke of Scandinavia'."
Frido traute seinen Ohren nicht. "In der Luxuskabine? Sir, ich meine, wieso Luxuskabine, wieso halber Preis und wieso tragen Sie einen Verband?"
"Tja, McClown", entgegnete der Lord und zog genüsslich an seiner Pfeife, "ein Bauer wie Sie kennt sich eben nicht so gut aus in der Welt der Geschäftigkeit. Deshalb sind Sie auch nur ein Butler. Natürlich habe ich vorhin gesehen, dass neben dem Fahrkartenschalter ein Gepäckstück lag, und deshalb habe ich mir auch nicht sonderlich wehgetan, als ich in aller Offentlichkeit darüber gestolpert bin. Sie hätten mal das blasse Gesicht des Terminaldirektors sehen sollen, als er erfuhr, dass ein Mitglied des Adels sich durch seine Unachtsamkeit schwer verletzt hatte. Als ich ihm, vor Schmerzen schreiend und am Boden liegend, mit der Presse drohte, war er völlig am Ende, McClown. Hier, nehmen Sie mal die Fahrkarten. Bis wir in der Kabine sind, bin ich ein schwerverletzter Mensch!"
Während auf der mehrspurigen Zufahrtsstraße zum Schiff nun die ersten Fahrzeuge langsam vorfuhren, gingen Lord und Butler durch das Gebäude des Terminals direkt zum Schiff. Es wurden peinliche Minuten für Frido McClown, als der Lord laut jammernd und klagend von mehren Bediensteten des Schiffspersonals nun in seine Kabine geleitet wurde. Immerhin hatte die ganze Sache auch ihre gute Seite, denn kein Mensch kam auf die Idee, ihr Gepäck zu kontrollieren. Auch ihre Fahrkarten wurden nur flüchtig kontrolliert, dann hatten sie ihre Luxuskabine erreicht und machten es sich gemütlich. Der Lord nahm seinen Kopfverband und seine Armschlinge ab und feuerte beides in die Ecke. Dann klopfte es an der Tür. Mit einem Satz war der Lord aufgesprungen, holte Kopfverband und Armschlinge zurück, gab seinem Butler ein Zeichen, ihn wieder zu verbinden und krächzte mit matter Stimme in Richtung Tür: "Moment!" Als der Verband wieder befestigt war, ließ sich der Lord auf ein Sofa fallen und rief mit matter Stimme: "Herein!"
Der Steward des Schiffes trat ein und sprach: "Haben die Herren einen Wunsch?"
"Ja", krähte McShredder, "bringen Sie mir eine kräftige Suppe und ein Steak. Ein kranker Mensch wie ich, der durch die Unachtsamkeit ihres Unternehmens schwer verletzt wurde, braucht viel Nahrung. Vergessen Sie den Tee nicht, Sklave!"
"Sehr wohl, Sir", nickte der Steward grimmig und wandte sich dem Butler zu.
"Ich, äh, hätte gerne einen Korb mit Obst und das Gleiche wie Sir Lord McShredder!"
Der Steward nickte wieder und verschwand.
Dieses Mal lies der Lord Kopfbedeckung und Armschlinge dort, wo sie waren. Inzwischen kam über die Bordansage die übliche Begrüßung, verbunden mit dem Wunsch auf eine angenehme Reise. Dann legte das Schiff ab. In diesem Moment klopfte es erneut an der Tür und Frido rief: "Herein!"
Der Steward betrat die Kabine und zog einen Servierwagen hinter sich her. Mit geschickten Bewegungen servierte er erst dem Lord und dann dem Butler das gewünschte Essen. Den Obstkorb stellte er auf einen kleinen Tisch neben dem Fernsehgerät. Er wünschte einen guten Appetit und verließ schleunigst die Kabine.
"Sagen Sie mal, McClown", fragte nun McShredder kauend und mit vollem Mund, "was soll das ganze Gemüse bedeuten?"
"Nun, Sir, das Gemüse ist Obst, und das ist für die Hamster gedacht."
Schlagartig ließ er im selben Moment sein Besteck auf den Tisch fallen und lief zu den Koffern. Die Hamster - er hatte ganz vergessen, dass die armen Tiere schon seit fast zwei Stunden in dem dunklen Koffer eingesperrt waren! Schnell öffnete er einen der beiden Koffer und wurde von 12 vorwurfsvollen Augenpaaren angestarrt.
"Sir, wo soll ich den Koffer mit den Hamster hinstellen?"
"Aha, im Koffer stecken die, McClown. Ich habe mich schon gewundert, wo Sie die Nager gelassen haben. Stellen Sie die in die Dusche im Klo, da stören die niemanden!"
Frido nickte und trug den Koffer in die Toilettenkabine. Dort zog er den cremefarbenen Duschvorhang auf und stellte die Hamster samt ihrer Behausung dort hin. Nachdem er den Obstkorb ebenfalls in die Duschkabine gestellt hatte, war ihm wohler zumute, und er setzt sich wieder zum Essen neben den Lord nieder. Durch das große Bullauge beobachtete er, wie die Gebäude draußen langsam verbeizugleiten schienen, während sich das Schiff über die Tyne bewegte. Nachdem sie zwischen Nord Shields und South Shields hindurchgefahren waren, befanden sie sich auf der schier grenzenlosen Nordsee.
"Klingeln Sie mal nach diesem faulen Kellner, McClown, der soll gefälligst den Nachtisch bringen!" unterbrach der Lord die Gedanken Fridos. Der Butler tat, wie ihm geheißen, und eine halbe Stunde später lagen er und McShredder satt und schläfrig auf dem Sofa. Die leichten Bewegungen des Schiffes taten ein Übriges dazu, und nach kurzer Zeit waren die beiden Männer eingeschlafen. Selbst das Klappern der offenen Toilettentür störte sie nicht.
"So was Blödes", schimpfte Flecki, "ich wollte doch nicht mehr mit dem Schiff fahren! Bestimmt wird mir gleich wieder schlecht."
"Wo ist das Problem", grinste Goldi, "das Klo ist doch gleich da vorne, aber pass auf, dass du nicht hineinfällst."
"Du bist so etwas von ekelhaft, weißt du das?" fauchte Flecki. "Übrigens habe ich keine Lust, die ganze Fahrt in dieser ungemütlichen Kabine zu verbringen. Was ist, wenn irgendein Idiot die Dusche andreht? Ich will shoppen gehen, wer kommt mit?"
Natürlich wollten alle mit, und nachdem sie vorsichtig an dem schlafenden Lord und seinem Butler vorbeigeschlichen waren, standen sie vor der geschlossenen Kabinentür.
"Tja, Leute", sprach Bauleiter Murksel, "das war es wohl. Ich habe nämlich kein Werkzeug dabei und ohne..."
"Brauchen wir doch überhaupt nicht", rief Goldi. "Wir müssen nur den Türöffner herunterdrücken!"
Begeisterte Hamsterrufe erfüllten den Raum, doch nach einer Stunde war die Stimmung wieder auf dem Nullpunkt. Alle Versuche, an den Türdrücker zu gelangen, waren fehlgeschlagen. Ratlos saßen sie mit dem Rücken an die unüberwindliche Tür gelehnt und betrachteten die andere Seite des Raumes. Dodos Idee, das Fenster zu knacken, wurde einheitlich abgelehnt, da die Risiken nicht zu kalkulieren waren.
"Die Vorhänge...." sagte Flecki und starrte auf die gelben Vorhänge, die links und rechts von dem großen Bullauge hingen.
"Genau!" rief Goldi. "Die klettern wir hinauf und gehen durch die Decke!"
"...passen überhaupt nicht zur Wandfarbe, wollte ich sagen", beendete Flecki ihren Satz. "Aber sag mal, Murksel, was sagst du dazu, kommen wir durch die Decke?"
Fachmännisch betrachtete der Bauleiter die Decke, klopfte auf den Fussboden und an die Wände. Dann stellte er sich in die Mitte des Raumes und legte den Kopf schief. Als er dann einen Schritt rückwärts machte, stolperte er über Tuffi, die direkt hinter ihm stand. "Also, ich würde sagen, das sieht wie Gipsplatten aus, die sollten wir hochdrücken können."
Gesagt, getan. Ein Hamster nach dem anderen marschierte an den beiden schlafenden Männern vorbei, hüpfte auf das Sofa und kletterte von dort aus die Gardine hoch. Dodo, der vorweg kletterte, drückte seinem ganzen Körper gegen eine der Gipsplatten. Tatsächlich ließ sie sich leicht nach oben heben und im Nu befanden sich die Tiere in einem Hohlraum über der Kabine. Viele Kabel und Leitungen befanden sich hier. Nach einer langen Wanderung nahm der feine Geruchssinn der Hamster etwas wahr und Goldi sprach das aus, was alle dachten: "Futter! Hier gibt es irgendwo Futter!"
"Wir müssen über diesem Restaurant sein, erinnert ihr euch noch an das leckere Softeis?" rief Teeblättchen.
"Und die Fritten!" schwärmte Hamstilidamst.
"Moment, Leute", rief Bauleiter Murksel, "dieses Mal sollten wir unauffällig und ohne Risiko vorgehen."
"Ja, öhm, liebe Hamster, Unauffälligkeit sollte unser Ziel sein. Die, äh, dummen Vorkomnisse der Hinfahrt dürfen sich nicht wiederholen!"
Alle stimmten kopfnickend dem Bürgermeister zu. Nachdem sie eine weitere Deckenplatte vorsichtig hochgehoben hatten, kletterten die Hamster über einen langen Vorhang in den Speisesaal. Unter einem großen Buffettisch sammelten sie sich und der Bauleiter fuhr fort: "Sehr gut, das war perfekt. Wir werden nun strategisch und mit Verstand vorgehen. Als erstes nehmen wir uns diesen Softeisautomaten vor. Tuffi und ich werden den Anfang machen und unauffällig etwas Sahne besorgen."
Er gab Tuffi ein Zeichen, und beiden liefen zu dem nur wenige Meter entfernten Sahneautomaten. Dort musterte Murksel kritisch die großen Patronen unter dem Gerät, klopfte hier, drückte da und zeigte auf einen Schlauch: "Der da muss abgenommen und mit der linken Patrone verbunden werden. Den anderen Schlauch werde ich entfernen und einen festen Knoten hineinmachen. Danach muss die linke Patrone ausgeschaltet werden und schon können wir hier etwas Softeis abzapfen. Los, Tuffi, besorg mal eine Schüssel, ich bereite inzwischen alles vor."
Tuffi tat, wie ihr befohlen war und konnte gerade noch rechtzeitig vor mehreren alten Damen flüchten, die sich mit gierigen Blicken im Gänsemarsch dem Softeisautomaten näherten.
"Ich habe die Schüssel, Chef, und da draußen..."
"Nicht jetzt, Tuffi, ich muss mich konzentrieren!"
"Aber Chef...."
"Klappe, Tuffi, der verdammte Schlauch klemmt. Hoffentlich holt sich jetzt bloß keiner Eis.."
"Chef, Chef, da kommen welche!"
"Wer welche, wie welche? Weg hier, Tuffi!" kreischte der Bauleiter und machte, dass er zurück zum Buffettisch kam. Zusammen mit Tuffi stand er nun keuchend vor den anderen Hamstern.
"Und? Wo ist das Softeis?" fragte Dodo enttäuscht.
"Kommt gleich", flüsterte der Bauleiter, und er sollte recht behalten. Eine Explosion, die den Buffettisch umwarf, erschütterte das gesamte Restaurant. Menschen schrieen, kreischten, rannten in Panik durcheinander und ein Schwall Softeis ergoß sich über das Deck.
"Unauffällig und ohne Risiko", gröhlte Goldi und klatschte mit den Pfoten.
"Strategisch und mit Verstand", gackerte Flecki.
"Weg hier!" brüllte der Bauleiter, "Wir müssen sofort den Standort wechseln! Schnell zum Salatbüffet!"
Das war leichter gesagt als getan, denn überall schlidderten kreischende Menschen durch den Saal, die sich auf dem rutschigen Boden nicht auf den Beinen halten konnten. Erste Lautsprecherdurchsagen riefen zur Ruhe auf. Der Weg zum Salatbüffet war versperrt, und so rannten die Hamster so schnell ihre kurzen Beine konnten nach links und versteckten sich in einer kleinen Nische.
"Schnell", rief Sasie, "dort ist eine offene Klappe!" Kurz darauf saßen die Hamster in einer engen, dunklen Kammer und blickten sich ängstlich um.
"Jetzt sind wir in einem Schaltkasten gelandet, wirklich klasse!" schimpfte Flecki, doch Goldi hatte eine Idee: "He, Leute, wenn wir den Strom abschalten, geht das Licht aus, und wir können unauffällig verschwinden!"
"Ja, lasst uns verschwinden, mir ist das alles viel zu laut hier", jammerte Dodo.
In der Tat waren schon wieder Lautsprecheransagen zu hören, und es war deutlich zu vernehmen, wie eine freundliche weibliche Stimme eine 'Unachtsamkeit bei dem Gebrauch eines Gerätes' erwähnte, woraufhin der Bauleiter einen Tobsuchtsanfall bekam.
"Unachtsamkeit? Unachtsamkeit? Ich werde euch zeigen, was Unachtsamkeit ist, ihr habt doch alle keine Ahnung! Der Zulauf war falsch befestigt und das Ventil vergammelt und verrostet! Ich zeig euch, was Unachtsamkeit bei dem Gebrauch eines Gerätes bedeutet!"
Er kletterte an einer Leitung hoch und sprang auf den Sicherungskasten. "Ich drehe euch den Saft ab, ich hau euch die blöde Lautsprecherkiste um die Ohren, ich mach euch platt!" Dann biss er eine Sicherungsplombe nach der anderen durch und drückte die kleinen Sicherungsschalter einen nach dem anderen herunter. "Ihr sollt mich kennenlernen, sage ich", brüllte er unter den Anfeuerungsrufen von Goldi, während der Bürgermeister sich entsetzt die Pfoten vor die Augen hielt. "Los Tuffi, gibt mir mal den Schraubenzieher der dort unten liegt!"
Etwas verunsichert reichte Tuffi dem tobenden Bauleiter den Schraubenzieher. "Hier Tuffi, schau zu, damit du was lernst! Was passiert, wenn wir zwei Hauptstromkreise miteinander verbinden? Ha, so etwas lernt man nicht in der Berufsschule!"
Im nächsten Moment zischte und knallte es; Funken waren zu sehen, und der Bauleiter flog durch die Luft und landete kreischend in der Ecke.
"Chef, ist alles in Ordnung?" Tuffi stand neben dem Bauleiter, dessen Fell ein wenig verbrannt roch.
"Äh, ja, danke. Es geht mir gut. Ich glaube, hä, hä, ich war ein wenig unbeherrscht und habe etwas überreagiert."
"Nicht mehr als sonst", flötete Flecki, während der Bauleiter sich erhob.
"Also, ich habe keine Lust mehr auf Shoppen", fauchte Dasie, und der Bürgermeister stimmte nickend zu.
"Also, meine lieben Hamster, wir sollten die Schiffsbesichtigung ein anderes Mal fortsetzen. Wir sollten die Dings, äh, die Situation nicht übertreiben und verschwinden besser, bevor wir entdeckt werden."
"Genau", stimmte Dodo zu. "Wir kriegen sowieso immer die Schuld!"
Da auf dem gesamten Schiff nun kein Licht mehr brannte, war es für die Hamster kein Problem, unbemerkt zu dem Ausgangspunkt zurückzukehren. Sie kletterten den Vorhang neben den Resten des zerfetzten Softeisautomaten hoch und verschwanden dorthin, wo sie hergekommen waren.
In diesem Moment wurden Lord McShredder und sein Butler Frido McClown durch ein heftiges Klopfen an ihrer Kabinentür geweckt.
Kapitel 35
Die letzte Fahrt der 'Duke of Scandinavia'
Nachdem der Stewart eingetreten war und die Lage erklärt hatte, nickte Lord McShredder ungeduldig und entgegnete: "Sie wollen mir sagen, Sklave, dass es keine warme Mahlzeiten mehr gibt, kein warmes Wasser und kein Fernsehen? Ich soll bei Notbeleuchtung in dieser sogenannten Luxuskabine reisen? Ich will mein Geld zurück!"
"Selbstverständlich werden Sie die Hälfte dessen wiedererhalten, was Sie bezahlt haben, Sir!" antwortete der uniformierte Mann mit hochrotem Kopf und verließ die Kabine so schnell er konnte.
"Haben Sie gehört, Sir?" gackerte Frido McClown, "dann kriegen Sie bloß die Hälfte von der Hälfte wieder, die Sie sich erschlichen haben!"
Der Lord schien die freche Bemerkung seines Butlers überhört zu haben. Er nahm seine Pfeife, betrachtete sie und schien sich zu erinnern, dass in den Kabinen Rauchverbot herrschte. Dann hellte seine Miene ein wenig auf, und er deutete auf die Toilette. "Räumen Sie mal die Hamster da raus, ich werde es mir ein wenig unter der Dusche bequem machen!"
"Aber, Sir, Sie haben doch gehört, dass es kein warmes Wasser gibt."
"Weiß ich, McClown. Glauben Sie etwa, ich will duschen? Ich dusche nie. Räumen Sie endlich das Viehzeug aus der Duschkabine, und stellen Sie mir einen Stuhl hinein. Ich will rauchen!"
Der Butler stutzte einen Moment, doch dann nahm er achselzuckend einen der im Raum stehenden Stühle und ging zur Toilette. Er wusste, dass es keinen Sinn machen würde, dem Lord zu sagen, dass er seine Pfeife ebenso gut an Deck rauchen könnte. In der Toilette war es dunkel, und als der Butler den Duschvorhang beiseite zog, brauchten seine Augen einen Moment, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, doch dann traf ihn fast der Schlag.
"Die Ha, Ha, die Ha..."
"Albern Sie hier nicht rum, McClown, sondern sehen Sie zu, dass Sie fertig werden!"
"Die Hamster, Sir, die Hamster sind verschwunden!" Mit einem äußerst mulmigen Gefühl im Magen durchsuchte der Butler die Toilettenkabine, hob den Klodeckel hoch und setzte seine Suche in der Wohnkabine fort, während der Lord es sich mit seiner Pfeife in der Duschkabine gemütlich machte. Nach wenigen Minuten gab Frido die Suche auf, denn viele Möglichkeiten für Hamster, sich hier zu verstecken, gab es wirklich nicht. Wo um alles in der Welt waren diese schlauen, kleinen Nager geblieben?
"Sir, ich fürchte, ich werde mich auf die Suche nach den Hamstern begeben müssen!"
Statt einer Antwort kam nur ein Grunzen aus der Duschkabine zurück. Der Butler nahm eine der Karten, die zum Öffnen der Kabinentüren dienen, und machte sich auf den Weg. Nachdem er einen langen, schmalen Gang entlang gelaufen war, erreichte er die Haupttreppe. Es folgte eine lange und erfolglose Suche und sein Magen begann allmählich zu knurren. Da er vom Stewart erfahren hatte, dass das gesamte 'Seven Seas Restaurant' wegen dringender Renovierungsarbeiten geschlossen war, machte er sich auf den Weg in das zwei Stockwerke tiefer befindliche 'Blue Riband'. Zu seiner Überraschung war das Restaurant trotz des Stomausfalls recht gut besucht; Kerzen standen auf dem Tischen, es gab Desserts, Gemüseplatten, belegte Brote und vieles mehr. Nachdem er sich mehrfach bedient und dabei mehr oder weniger unauffällig Ecken inspiziert und unter diverse Tische geguckt hatte, hörte er jemanden seinen Namen rufen. Erstaunt blickte er sich um und erkannte im nächsten Moment den Lkw-Fahrer, der entspannt an einem der Tische saß und ein Stück Kuchen genoss.
"Frido, was machen Sie denn hier? Ich dachte, Sie wären schon längst wieder auf dem Kontinent!"
Der Butler setzte sich zu Vim van der Slampe und erzählte ihm die ganze Geschichte. In der Tat hatten er und der Lord einen ganzen Tag in den Trossachs verloren und somit erst heute die Fähre erreicht.
Nachdem der Lkw-Fahrer von seiner erholsamen Reise durch die Highlands berichtet hatte, saßen die beiden Männer schweigsam am Tisch und beobachteten eine Familie am Nebentisch. Es war die Familie mit dem roten Opel Astra. Die beiden Kinder waren schwer damit beschäftigt, sich gegenseitig mit Salzstangen und Gurkenscheiben zu bewerfen. Der Vater versuchte verzweifelt, so zu gucken, als würde er nicht dazugehören, während die Mutter energisch einschritt, um die Schweinereien zu unterbinden.
"Natürlich fahre ich Sie gerne zu dem Rastplatz, an dem die Hamster vermutlich zugestiegen sind, Frido, aber wenn wir die nicht wiederfinden..."
"Schade, dass die Lautsprecher ausgefallen sind", stöhnte der Butler, "sonst wüssten wir vielleicht, wo die Tierchen stecken!"
Zwei Stockwerke über den beiden Männern fand im selben Moment eine Hamster-Besprechung statt.
"Wir sollten, liebe Hamsterfreunde", rief der Bürgermeister verzweifelt, "auf irgendwelche wie auch immer gearteten unnötigen Aktionen, die das Projekt "Pleasure-Dome" gefährden, äh, verzichten. Wie ich, äh..."
"Überhaupt und im allgemeinen immer gesagt und gepflegt habe..."
"Öh, ja, äh, danke Goldi", keuchte der Bürgermeister, "genau das wollte ich sagen, wenn ihr versteht."
"Nö", antwortete Flecki, "ich sehe das nicht ein, dass wir eine Seereise machen und nicht ein einziges Mal in den Duty-Free-Shop gehen. Ich will shoppen, ich brauche neue Klamotten und will leckere Sachen haben. Guck mal, Bürgermeister, ein lächerliches Spinatblatt habe ich beim Buffet mitnehmen können, Spinat, igitt, wer isst denn sowas!"
"Spinat schmeckt am besten, wenn man ihn kurz vor dem Verzehr durch ein großes Stück Torte ersetzt", rief Goldi, während der Bürgermeister verzweifelt versuchte, wieder das Wort zu ergreifen.
"Verdammt nochmal, jetzt habe ich aber die Schnauze sowas von voll, das glaubt ihr nicht!" brüllte Bauleiter Murksel. "Wir können uns doch wohl einen Tag von Obst ernähren, oder? Ich brauche schließlich auch nicht jeden Tag neue Klamotten!"
"Schade auch. Dann würdest du nämlich nicht mehr wie ein zerfledderter, dicker Feldhamster aussehen!"
"Wer hat das gesagt?" brüllte Murksel "Wer war das?"
Alles grinsten, keiner antwortete.
"Ähm, da gewissermaßen eine weitere Diskussion unnötig erscheint, schlage ich vor, zurückzugehen und an Ort und Stelle zu bedingsen, äh, beraten..."
Bevor der Bürgermeister ausgeredet hatte, setzten sich die Hamster in Bewegung, doch schon nach wenigen Metern war es Goldi, der innehielt und rief: "Leute, guckt mal durch diesen Spalt nach unten, das ist ja irre! Los Dodo, heb mal die Deckenplatte hoch!"
Dodo tat, wie ihm gesagt wurde, und Goldi kletterte durch die Öffnung in den darunter befindlichen Raum. Ein Getränkeautomat stand hier, und nach wenigen Minuten saßen zwölf staunende Hamster davor.
"Was ist das?" fragten Tati und Teeblättchen im Chor.
"Das nennt sich, glaube ich, Automat. Der spuckt Futter aus", erklärte Tuffi.
Bauleiter Murksel trat näher an das große Gerät, legte den Kopf schief und betrachtete es eingehend. Dann klopfte er mehrfach an das Metallgehäuse, trat einen Schritt zurück und sprach: "Das ist ein Gerät aus der 47er Bauserie, ein sogenannter halbmechanischer Getränkespender. Dort oben ist ein Schlitz, in den wird ein Metallstück, dass sich durch ein bestimmtes Gewicht und Größe auszeichnet, eingeworfen. Das Metallstück landet nun auf einer Waage, die das Metallstück auf Richtigkeit prüft. Entspricht es gewissen Parametern, dann wird ein Hebel freigeschaltet, der das vorher gewählte Getränk in eine dafür gedachte Öffnung schiebt."
Keiner hatte so genau zugehört, sondern alle waren damit beschäftigt, den Getränkeautomaten von allen Seiten zu betrachten. Goldi war inzwischen zum Ausgabefach geklettert und winkte Trampel, ihm zu folgen.
"He, Trampel, wir sind mit deiner Prüfung zum Superhamster noch nicht fertig." Mit großen Augen starrte Trampel Goldi an und lauschte seinen Worten. "Schau mal hier: da ist eine schwarze Tür, und dahinter ist es völlig dunkel. Zeig, dass du keine Angst vor der dunklen Macht hast und trete kräftig dagegen!" Der kleine Hamster nickte aufgeregt und nahm so viel Anlauf, wie es in dem engen Ausgabefach möglich war. Mit einem lauten Schrei rannte er los, stoppte kurz, trat mit voller Wucht gegen die Klappe und blieb erwartungsvoll stehen. Wie es sich für eine Klappe gehört, klappte sie nach innen weg, kam mit hoher Geschwindigkeit wieder zurück und erwischte Trampel. Laut kreischend flog der arme Hamster quer durch den engen Raum und klatschte gegen die gegenüberliegende Wand.
"Ich liebe es, den keltischen Schrei des fliegenden Moosbibers zu hören", rief Goldi und klatschte begeistert. Einen Moment blieb Trampel benommen liegen, dann rappelte er sich auf und blickte erwartungsvoll zu Goldi, der nachdenklich auf die Klappe guckte und murmelte: "Habe ich mir doch gedacht, dass das eine Schwingklappe ist."
"He Goldi, was ist nun mit meiner Prüfiung, war das gut?"
"Nee, Trampel, daran musst du noch arbeiten, die Landung war noch nicht überzeugend."
"Goldi, du bist sowas von unmöglich und gemein, also..."
"Gibt das jetzt was zu trinken?" unterbrach Dodo die tobende Flecki. "Ich meine, wenn das ein Getränkespender ist, dann brauchen wir doch nur noch ein Metallstück, oder?"
"Und Strom", ergänzte Murksel, "und den haben wir nicht."
"Kannst Du da nichts machen, Bauleiter?"
"Ohne Werkzeug, mein lieber Dodo, ist da nichts zu machen. Da sehe ich keine Möglichkeit auch nur irgendwie..."
"Er hat Schiss!"
Der Bauleiter schien für einige Sekunden wie erstarrt zu sein, doch dann brüllte er los: "Wer hat das gesagt? Das muss ich mir nicht bieten lassen! Nicht mit mir, ich habe keinen Schiss, das zeige ich euch jetzt ein für alle Mal! Aus dem Weg!" Er kletterte zum Ausgabefach hoch, drehte sich um und blickte auf die staunenden Hamster. "Er hat Schiss, wie? Ich zeige euch mal, wie das auch ohne Werkzeug geht, wenn man vom Fach ist!"
"Holt er jetzt was zu trinken? Geht das jetzt los, oder was?
"Keine Ahnung, ob es was zu trinken gibt, Dodo, aber los geht es jetzt wirklich", grinste Goldi und lauschte den Geräuschen, die aus dem Automaten drangen. Es klang, als würde Geschirr zerschmettert, Fluchen und Gegröle rundeten das Ganze ab. Fasziniert schauten die Hamster auf den Getränkeautomaten und warteten auf die erhoffte Katastrophe, während der Bürgermeister vor der Ausgabeklappe hin und her watschelte und verzweifelt rief: "Lieber Bauleiter, nehmen Sie doch Vernunft an, denken Sie an unser Projekt". Allerdings hatte er von der Lautstärke her keine Chance gegen die rhytmischen 'sol stheg tztej!'-Rufe der übrigen Hamster.
Nach einer Stunde waren die 'jetzt geht’s los'-Rufe verstummt, doch in dem Automaten waren immer noch merkwürdige Geräusche zu hören, die darauf schließen ließen, dass Metall bearbeitet wurde. Plötzlich war ein Schrei im Inneren des Gerätes zu hören, es polterte, und dann erschien der Kopf des Bauleiters an der Ausgabeklappe.
"Deckung, es kommt!" schrie er und flog im selben Moment wie vorher schon Trampel quer durch den engen Raum und klatschte gegen die Wand. Diesmal allerdings klatschte es gleich mehrfach hintereinander, denn dem Bauleiter folgten Dosen mit Limonade und Cola. "Rennt um euer Leben!" kreischte der Bauleiter und rannte, noch leicht benommen, im Zick-Zack zum Ausgang. Mit lauten 'Eflih!' und 'Kinap!'-Rufen folgte ihm der Rest. Im Flur blieb Murksel keuchend stehen.
"Gibt’s jetzt was zu trinken, Bauleiter?"
"Klappe, Dodo. Das war verdammt knapp. Wenn auch nur eine Dose geplatzt wäre, hätte das eine Kettenreaktion gegeben, die hier alles hätte hochgehen lassen. Anscheinend haben wir Glück gehabt."
Erleichtert atmeten alle laut auf, als aus dem kleinen Zimmer ein gut vernehmbares 'Plopp' zu hören war. Es war deutlich zu sehen, dass der Bauleiter trotz seines hochroten Kopfes plötzlich kreidebleich wurde. "Lauft! Lauft um euer Leben, Hamster!" schrie er und rannte, so schnell ihn seine kleinen Pfoten trugen, über den Flur. "Wir, äh, sollten unbedingt versuchen, in die Dings, äh, Decke zu klettern. Wenn wir erwischt werden, meine lieben Hamster, wird man womöglich uns die Schuld geben!"
"Ach nee, Bürgermeister", lästerte Flecki, "warum sollte man denn das bloß tun?"
"Spielautomaten!" kreischte Goldi plötzlich verzückt und bog in einen Nebenraum ab. Die Hamster blieben stehen und Flecki rief: "Toidi! Ohne Strom kannst du sowieso nichts damit anfangen!"
Mit großen, traurigen Augen stand Goldi vor den bunten Spielautomaten und starrte sie enttäuscht an.
"Wenn wir auf den großen Kasten da klettern, könnten wir die Decke erreichen", rief Tuffi und handelte sich einen empörten Blick von Goldi ein. "Das ist ein Podracer-Rennen und kein Kasten!" Im Nu waren die Hamster auf das Gerät geklettert, und während Dodo damit beschäftigt war, die Deckenplatte hochzudrücken, schleifte Flecki den immer noch enttäuschten, schluchzenden Goldi, der sich nicht von den Spielautomaten trennen konnte, hinter sich her. Wenige Minuten später befanden sie sich wieder in Sicherheit, und viele Minuten später hatten sie ihren Ausgangspunkt über der Kabine des Lords und seines Butlers wieder erreicht. Zu ihrem Erstaunen befand sich niemand im Zimmer. Ein Kissen lag auf dem Teppich, und die Hamster beschlossen, es sich darunter gemütlich zu machen und sich erst einmal auszuruhen.
"Meine Damen und Herren, wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass die kurzfristigen Stromausfälle..." ertönte aus den Lautsprechern und Vim van der Slampe rief: "Na also, Frido, es scheint wieder alles in Ordnung zu sein." McClown nickte, trank seine Selter aus und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab. "Vim, ich denke, ich werde mal nach dem alten Sack schauen. Wir treffen uns dann morgen früh wieder hier und fahren mit Ihnen." Nun nickte der Lkw-Fahrer und lachte: "Eine Fahrt mit den Hamstern und dem Lord werde ich wohl noch ertragen..."
Eine erneute Lautsprecherdurchsage ließ ihn verstummen. "...Hat eine Explosion über dem Maschinenraum leichte Schäden angerichtet, so daß mit einer Verspätung von mehreren Stunden zu rechnen sein wird. Bitte verhalten Sie sich ruhig..."
McClown sprang auf. "Vim, ich muss weitersuchen, bevor die das gesamte Schiff in die Luft sprengen! Ich sage dem Lord Bescheid, und dann werde ich die Hamster suchen, auch wenn es die ganze Nacht dauert!"
Nachdem der Butler durch die Flure gelaufen und mit mehreren panischen Passagieren zusammengestoßen war, erreichte er die Kabine. Keuchend trat er ein und schloss die Tür hinter sich. Wo war der Lord? Er riss die Toilettentür auf und atmete erleichtert auf. Der Lord saß mit auf seinem Stuhl unter der Dusche und war eingeschlafen.
"Sir, ist alles in Ordnung?"
"McClown! Schön, dass Sie sich auch mal wieder blicken lassen. Eine Unverschämtheit, einen Verletzten so lange alleine zu lassen!" rief der Lord und zeigte auf seinen Kopfverband und seine Armschlinge.
Knurrend half der Butler ihm aus der Duschkabine heraus. Kurz darauf saßen die beiden Männer auf dem Sofa und Frido erzählte, was er unterwegs erfahren hatte. Beide waren sehr erleichtert, dass Vim van der Slampe ebenfalls an Bord war und sie sich nun eigentlich keine Sorgen um die Weiterfahrt zu machen brauchten, wenn da nicht die verschwundenen Hamster wären. Bevor sich Frido McClown wieder auf die Suche nach den Hamstern begab, besorgte er dem Lord etwas zu Essen aus dem Restaurant. Wie es sich für einen echten Butler gehört, räumte er noch ein wenig das Zimmer auf, als ihn fast der Schlag traf. Da waren sie! Unter einem am Boden liegenden Kissen hatten sie sich versteckt. Erleichtert fiel der Butler auf die Knie und nahm die Hamster einen nach den anderen in den Arm.
"Ihr armen, armen kleinen Tierchen! Onkel Frido hat sich solche Sorgen und Gedanken gemacht! All die schlimmen Dinge, die auf dem Schiff passiert sind".
Die Hamster nickten zustimmend.
"Dabei wart ihr die ganze Zeit hier und habt friedlich geschlafen!"
Wieder nickten die Hamster zustimmend.
"Ich sollte mich bei euch entschuldigen. Wie wäre es mit ein paar leckeren Sachen aus dem Restaurant?"
Erneut nickten die Hamster, und McClown machte sich zum wiederholten Male auf den Weg in das zwei Stockwerke tiefer liegende "Blue Riband". Normalerweise wäre es um diese Zeit bereits geschlossen gewesen, da jedoch der Betrieb im "Seven Seas Restaurant" immer noch eingestellt war, blieb dieses Restaurant ausnahmsweise bis Mitternacht geöffnet. Der Butler erstand neben Salaten, Brot und Keksen auch ungesalzende Nüsse, die eine Delikatesse für jeden Hamster sind. Während er zur Kabine zurücklief, fielen ihm die Stromschwankungen auf, die sich durch wechselnde Helligkeit der Flurbeleuchtung bemerkbar machte. Er fragte sich, ob so ein großes Schiff wohl schnell untergehen würde, doch er verwarf den Gedanken sofort wieder. Hier würde gewiss nichts passieren, denn wenn er jemals mit einem Schiff untergegangen wäre, dann damals auf dem Weg nach Reykjavik1. Vorsichtig öffnete er die Kabinentür und traute seinen Augen nicht: Da hatte sich der Lord auf den Boden neben die Hamster gesetzt und kraulte sogar einen von ihnen. Frido McClown räusperte sich kurz. Der Lord erhob sich erschrocken vom Boden und setzte sich wieder auf das Sofa.
"Die Pfeife, McClown, war mir runtergefallen, und da Sie nicht da waren..."
"Verstehe, Sir, möchten Sie auch ein paar Nüsse?"
Als es Zeit war, Schlafen zu gehen, brachte der Butler die Hamster sicherheitshalber wieder in die Duschkabine. Sie hatten nun genug zu futtern und konnten Party feiern, so viel sie wollten. An nächtliche Spaziergänge allerdings wäre nicht zu denken, doch dass den Tierchen der Sinn danach im Moment nicht stand, konnte der Butler natürlich nicht wissen. Während auf der Brücke des Schiffs in dieser Nacht Schwerarbeit geleistet wurde, um das beschädigte Schiff auf Kurs zu halten, verbrachten Lord McShredder und Frido McClown eine angenehme Nacht in einer gemütlichen Kabine. Am nächsten Morgen gab es auch keine störenden Lautsprecherdurchsagen, die zur Eile aufforderten, denn das Schiff war noch weit von Amsterdam entfernt. Erst am späten Nachmittag erfolgte die Durchsage, dass sich die Passagiere zu ihren Fahrzeugen zu begeben hatten. Noch während sich Lord und Butler samt Koffern auf den Weg zum Restaurant machten, um den Lkw-Fahrer zu treffen, erfolgte eine erneute Durchsage. Nachdem der Kapitän persönlich sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigt hatte, wies er darauf hin, dass die 'Duke of Scandinavia' nunmehr in die Werft käme und vorläufig nicht mehr zwischen Amsterdam und Newcastle verkehren würde. Abschließend wünschte er allen eine glückliche Heimreise. Bald darauf erreichten sie den Felisson Quay von Amsterdam.
Tatsächlich fährt die 'Duke of Scandinavia' mittlerweile nicht mehr auf dieser Strecke, und somit wissen wir auch den wahren Grund dafür.
Weiter: Das Projekt Pleasure Dome (Kapitel 36-37) Ende

Kapitel 36
Zurück in Hamsterhausen
Die Verspätung der 'Duke of Scandinavia' erwies sich als Glückfall für die Reisetruppe. Statt einer gründlichen Kontrolle wurden alle Wagen nur hektisch durchgewinkt und durften die Grenze ohne weitere Formalitäten passieren. Vim van der Slampe atmete erleichtert auf, denn es wäre auch dem dümmsten Zöllner aufgefallen, dass die Fahrerkabine mit insgesamt drei Leuten recht überfüllt war. Die Hamster befanden sich wieder in der Schlafkoje und beäugten ihr eigenes kleines Fahrzeug, das der Lkw-Fahrer in den letzten Tagen vollständig repariert hatte.
"He, Leute, ich fahre uns nachher zurück, ok?" rief Goldi hoffnungsvoll.
"Von mir aus", knurrte Flecki, "aber wenn das wieder knallt und du Fahrerflucht begehst, dann war das das letzte Mal!"
"Ich zum Beispiel habe noch nie Fahrerflucht begangen", rief Tuffi empört.
"Ich auch nicht", schaufte Trampel, "Ich habe noch nie Fahrerflucht begangen; im Gegenteil, ich musste immer weggetragen werden."
"Das ist doch alles egal", knurrte Murksel. "Was mir wirklich Sorgen macht, ist die Frage, ob das 2. und 3. Reparaturteam mit den Bauarbeiten fertig geworden ist. Schließlich war ich ja nicht da und konnte Anweisungen geben."
"Aber Chef", mischte sich Tuffi aufgeregt ein, "als du das letzte Mal mit einer satten Grippe im Bett lagst, weil du fast in der Kanalisation abgesoffen warst, da mussten wir auch alleine weiter machen. Wir sind mit dem Bau sogar schneller als sonst fertig geworden und haben in der halben Zeit..."
"Tuffi!"
"OK, Chef, ich halte die Schnauze!"
"Und was ist, wenn nichts fertig ist?" fragte Dodo mit ängstlichem Gesicht. "Ich meine, Autoscooter und so ist mir sowieso zu gefährlich, aber eine schöne Zuckerwatte wäre nicht schlecht."
Niemand antwortete ihm, denn außer Abwarten und Kekse essen war im Moment nichts zu machen. Der Bürgermeister war besonders nervös und watschelte von einer Ecke der Schlafkoje zur anderen. Von dem Hin- und Hergewatschel genervt, waren die Hamster trotz heftigem Herzklopfen erleichtert, als sie nach einigen Stunden die Worte des Lkw-Fahrers hörten: "Wir sind da, meine Herren, das ist der Parkplatz." Er stieg aus und sah sich um. McShredder und McClown folgten ihm sofort.
"Oh, nein!" fluchte Vim van der Slampe leise.
"Was ist los,Vim?" fragte Frido neugierig, "Stimmt etwas nicht?"
"Äh, nein, es ist alles, äh, in Ordnung", antwortete der Lkw-Fahrer mit leiser Stimme und starrte auf einen riesigen, blauen Lastwagen, der nur wenige Meter entfernt parkte, und der seinem ungeliebten Kumpel Ruud Kloetsack gehörte. "Es ist nur so, dass ich leider den Besitzer des Lkws dort vorne gut kenne und..."
"Na, Vim, du alte Schlampe!" ertönte hinter ihnen eine grölende Stimme, "was hast du denn da für Figuren angeschleppt?"
Ein großer, stämmiger Mann trat näher und warf einen kurzen Blick auf den Butler und einen längeren auf den alten Lord. Vim van der Slampe grinste verlegen und wusste nicht so recht, was er sagen sollte.
"Kriegst du nicht mehr genug Geld für deine armseligen Transporte, oder warum schleppst du hier ein Altersheim mit?" kam die nächste gegrölte Frage.
"Warum haut denn Vim diesem hässlichen Typ nicht einfach was in die Fesse und gut?" fragte Goldi, der zusammen mit seinen Freunden die Szene von der Schlafkoje aus betrachtete. Ihre großen Knopfaugen verfolgten jede Bewegung, die dort draußen auf dem Parkplatz passierte. Es schien für einen Moment, als hätte Ruud Kloetsack seinen Spaß gehabt und würde in seinen Lastwagen steigen, als plötzlich eine wütende, krächzende Stimme hinter ihm her rief: "He, junger Mann!"
Ruud Kloetsack drehte seinen bulligen Kopf samt seinen breiten Schultern in die Richtung, aus der der Ruf gekommen war.
"Was ist los, Opa Vogelscheuche?" knurrte er und baute sich bedrohlich vor dem alten Lord auf.
"Ich glaube", entgegnete McShredder, "wir sollten hier mal einiges klären. Du, Sklave mit einem Gorillagesicht, wirst dich jetzt mal ganz schnell entschuldigen. Ich bin Lord McShredder, der Bezwinger des Loch Ness Monsters, der Lord von Killichonan und der Nachfahre des Lords of Lourne von Dunollie-Castle!"
"Und der König vom Loch Ness", fügte McClown grinsend hinzu.
Ruud Kloetsack wirkte verunsichert, denn er lebte in einem Land, das noch eine Königin besaß, und deshalb hatte er immer großen Respekt vor dem Adel gehabt.
"Ich meine, ich, äh, das wusste ich doch nicht und..."
"Er wusste es nicht!" schrie der Lord aufgebracht. "Ich könnte dich von meinem Diener verprügeln und niedermetzeln lassen, ist dir das klar, du elender Lakai?"
Frido McClown faltete zitternd seine Hände und betete, dass es nicht dazu käme.
"Aber ich sagte doch, dass ich nichts davon wusste..."
"Er wusste nichts davon", äffte McShredder den bulligen Lkw-Fahrer nach, "er wusste nichts davon. Er hat mich beleidigt, ist ihm das klar?"
"Wem?" fragte Ruud Kloetsack verwundert.
"Nun, dir natürlich, du Ausgeburt der Dummheit und Hässlichkeit!" keifte der Lord. "Ich sollte dich für alle Ewigkeiten in meinem Kerker verrotten lassen! McClown, schnappen Sie sich diese Missgeburt, aber lassen Sie ihn leben. Er soll vorher noch vor Gericht kommen!"
"Sir, ich...", begann McClown, doch der völlig überraschte Ruud Kloetsack trat einen Schritt zurück, warf einen Blick auf den Butler und fragte erstaunt: "Dieser Hänfling?"
"Du hast schon wieder einen Fehler gemacht, Monstergesicht! Du hast meinen Diener wütend gemacht, und das ist schlecht für dich, denn er hat Sawney Bean mit bloßen Händen gefangen!"
"Wen hat er gefangen?" fragte der riesige Lkw-Fahrer ungläubig.
"Du kennst Alexander Sawney Bean nicht? Er war das Monster der Highlands, ein Räuber und Menschenfresser. Eine ganze Armee hat ihn nicht zur Strecke bringen können, also sprich dein letztes Gebet, elender Sklave!"
Der Butler hob seine Hand, um den Lord darauf aufmerksam zu machen, dass Sawney Bean und seine Sippe in der Nähe von Galloway im Südwesten Schottlands gelebt hatten, und dass all das im 15. Jahrhundert stattgefunden hatte, und er, Frido McClown nicht das Geringste damit zu tun hatte. Ruud Kloetsack sah jedoch nur die erhobene Hand des vermeindlichen Monsterjägers und fiel auf die Knie: "Verzeihung, Mijnherr Lord, Verzeihung! Wie kann ich das wieder gutmachen?"
Der Lord trat ganz dicht an den auf dem Boden knienden Mann zu, drehte sich zu seinem Butler um und fragte: "Haben wir in unserem Kerker noch genug Platz, McClown?"
Frido McClown schien einen Moment nachzudenken, dann lächelte er und sprach: "Wir könnten die eine oder andere Hinrichtung vorziehen, Sir, dann hätten wir wieder ein paar Zellen frei."
"Sehr gut", erwiderte der alte Lord, "dann nehmen wir ihn gleich mit, was meinen Sie, Mr. van der Slampe?"
Vim van der Slampe hatte die ganze Zeit schweigend und verblüfft zugesehen, was sich hier so abspielte. Er hatte inzwischen sogar schon Mitleid mit seinem rauen Kumpel und daher sagte er: "Ach, Sir Lord, der Mann dort ist eigentlich kein schlechter Mensch. Er ist nur ein wenig grob und ungehobelt. Bestimmt tut er es nicht wieder."
Der Lord schwieg und holte seine Pfeife hervor, stopfte den darin befindlichen Tabak ein wenig nach und zündete sie an. Er ging langsam ein paar Schritte hin und her, zog an der Pfeife und blies den Rauch nach oben. Fast zehn Minuten ging dieses Spielchen nun, während der immer noch kniende Lkw-Fahrer Blut und Wasser schwitzte. Dann nahm der Alte die Pfeife aus dem Mund, zeigte auf den schwitzenden Lkw-Fahrer und sprach: "Nun gut, Sklave, danke deinem Kollegen, dass er sich für dich eingesetzt hat! Du bist begnadigt - verschwinde!"
Ruud Kloetsack ließ sich das nicht zweimal sagen. Eben noch den sicheren Tod vor den Augen, sprang er auf, lief auf Vim van der Slampe zu und umarmte ihn. "Vim, mein lieber Vim, das werde ich dir nie vergessen, ich werde für immer dein Freund sein!" Dann rannte er, ohne sich noch einmal nach dem Lord oder seinem Butler umzuschauen, zu seinem blauen Lastwagen, sprang hinein, und nach einer weiteren Minute war nur noch ein fernes Motorengeräusch zu hören.
"Tja", sprach der Lord und zog genüßlich an seiner Pfeife, "mit dem werden Sie wohl keinen Ärger mehr haben. Sie waren so freundlich und haben uns hierher gefahren, somit sind wir quitt. Ein Lord vergisst nie eine gute Tat!"
Vim van der Slampe schien wie vom Dommer gerührt zu sein und wusste nicht, was er sagen sollte. Der miese Ruud Kloetsack würde ihn endlich in Ruhe lassen! "Danke", stammelte er, "vielen Dank. In drei Tagen werde ich wieder hier Rast machen, wenn ich Sie dann mit zurück nach Amsterdam nehmen soll..."
Kurz darauf fuhr der Lkw-Fahrer fröhlich pfeifend wieder Richtung Westen; sein Ziel war nun der Käsemarkt in Alkmaar. Frido McClown hatte den Inhalt der Koffer wieder umgepackt und und folgte keuchend dem Lord. Der widerum regte sich mächtig darüber auf, dass die Hamster mit ihrem Wagen vorwegfuhren, während er, der Lord von vielen Dingen, völlig unangemessen zu Fuß gehen musste. Zu allem Unglück begann es zu regnen, der Himmel verfinsterte sich, und in der Ferne war Donnergrollen zu hören.
"Prächtig, McClown, da fühlt man sich doch gleich heimisch. Geben Sie mir mal einen Regenschirm aus dem Koffer!"
"Sir, wir haben keinen Regenschirm, Sir."
"McClown, Sie sind nutznutzig und nachlässig. Warum haben Sie keinen Regenschirm mitgenommen?"
"Nun, Sir, Sie hielten diesen überflüssigen Schnickschnack bisher für besonders überflüssig und daher haben wir nie einen gekauft."
Der Lord antwortete nicht, sondern folgte dem Hamsterwagen, der erstaunlich geschickt über den unebenen Waldboden gesteuert wurde. Der Regen nahm zu, und zu dem lauter werdenden Donnergrollen gesellten sich die ersten Blitze. Der Weg wurde nun immer schmaler und war bald nur noch ein Trampelpfad, bis er schließlich nicht mehr als ein Pfad zu erkennen war. Das kleine Hamsterauto jedoch fuhr unverdrossen weiter durch das Dickicht, blieb hin und wieder im aufgeweichten Boden stecken, und wurde von zwei Hamstern - einem größeren und einem kleineren - jedesmal angeschoben. Der Regen war nun so heftig geworden, dass die beiden Männer nur noch dem Wagen hinterherliefen, denn sie hatten schon lange die Orientierung verloren. Zwischendurch passierten sie eine Felswand, und McClown erinnerte sich dunkel, dass er hier schon einmal vor langer Zeit gewesen war. Dann war es endlich geschafft, der kleine Wagen stoppte und der Bürgermeister stieg aus.
"Mein Herren, ich darf Sie sozusagen im Namen aller Hamster in unserem wunderschönen Hamsterhausen begrüßen und wünsche Ihnen einen schönen Aufenthalt und möchten bei dieser Gelegenheit einmal darauf hinweisen..."
"Was will der mopsige Nager von uns, McClown?"
"Nun, Sir, er begrüßt uns in Hamsterhausen."
"Fein, fragen Sie ihn nach einer trockenen Unterkunft wo wir übernachten können!"
McClown ging vor dem immer noch redenden Bürgermeister in die Hocke. Als der mit seiner Rede aber immer noch nicht aufhörte, tippte ihm der Butler ein paar Mal mit dem Finger vorsichtig auf den Kopf und teilte ihm die Frage des Lords mit.
Während die beiden Männer nun unter einem Baum ein wenig Schutz vor dem heftigen Regen suchten, zogen sich die Hamster zu einer Beratung in ein nahe gelegenes Häuschen zurück. Es war das Haus mit der Nummer 1 der Hauptstrasse Hamsterhausens, und die Besitzerin, die vornehme Hamsterdame Minzie von Streu, war gerade im Begriff, sich ein wenig zur Ruhe zu begeben, da das Wetter auf jeden anständigen Hamster eine einschläfernde Wirkung hatte. Sie war daher zunächst verärgert, als es heftig an der Tür klopfte, und im nächsten Moment völlig aus der Fassung, als der Bürgermeister und eine ganze Gruppe von Hamstern vor ihr stand und Einlass begehrte. Als sie Bauleiter Murksel erkannte, verfinsterten sich ihre Züge, denn sie erinnerte sich noch gut daran, dass dieser rücksichtslose Hamster kürzlich ihre wunderschönen Brombeerbüsche zerstört hatte, als er bei der Reparatur ihres Daches abgestürzt war. Das Dach leckte übrigens immer noch, wie der Eimer in der Mitte ihrer geräumigen Stube deutlich zeigte.
"Meine liebe Dame", begann der Bürgermeister, "es wäre uns eine besondere Ehre, und damit spreche ich im Namen aller meiner Mitreisenden, für eine kurze Besprechung bei Ihnen Unterschlupf zu finden und ich möchte..."
"Ich möchte jetzt auch einmal etwas sagen, Herr Bürgermeister", unterbrach ihn die vornehme Hamsterdame, "mein Dach leckt immer noch, und wenn der Herr Murksel das nicht sofort repariert, kommt hier niemand rein!"
Zur gleichen Zeit hatte Lord McShredder den Versuch aufgegeben, sich im strömenden Regen unter dem Baum eine Pfeife anzustecken. Er zeigte auf das kleine Häuschen, das am Anfang einer ebenso kleinen Straße stand und rief verwundert: "Sehen Sie mal, McClown, der zerfledderte dicke Hamster mit dem angesengtem Fell sitzt auf dem Dach und klopft herum. Was soll denn das nun schon wieder?"
"Keine Ahnung, Sir, es muss sich um eine hamstische Sitte handeln, vielleicht wollen die damit den Regen vertreiben."
Unterdessen hatten es sich die Hamster gemütlich gemacht und ließen sich von Fräulein Minzie mit einem selbst gebackenen Sonnenblumenkuchen verwöhnen. Wenig später kam der völlig durchnässte Bauleiter dazu, nachdem er das Dach notdürftig geflickt hatte. Der Bürgermeister begann nun, die Tagesordnungspunkte zu bestimmen. Punkt 1 der Tagesordnung war natürlich die Frage, wo McShredder und McClown untergebracht werden sollten. Punkt 2 war allerdings für den Bürgermeister der weitaus wichtigere, nämlich die Frage, wie sah es in Hamsterhausen zur Zeit aus, vor allen Dingen: Was war aus dem Projekt 'Pleasure Dome' geworden? Zu Punkt 2 konnte Fräulein Minzie von Streu etwas sagen, und nachdem der Bürgermeister langatmig und ausführlich die Frage nach dem Stand der Bauarbeiten des neuen Vergnügungsparks gestellt hatte, sagte sie nach kurzem Nachdenken: "Nun, soweit ich weiß, hat der Baulärm der letzten Zeit aufgehört. Ich interessiere mich nicht sonderlich für solche modernen Sachen, aber meine Nachbarin Finchen sagte mir gestern, dass auf dem Rathausplatz etwas Neues gebaut worden ist."
Der Bürgermeister tippte mit seiner linken Pfote auf den Fussboden, Bauleiter Murksel, der ein Handtuch um den Kopf trug, schaute ungläubig Tuffi an. Tuffi zuckte mit den Schultern und sah fragend Trampel an, der sich gerade an einem Stück Kuchen verschluckt hatte und von Dodo so kräftig auf den Rücken geklopft wurde, dass er vom Stuhl flog.
"Hah", rief Flecki, "Hamsterhausen steht noch und es ist etwas Neues gebaut worden. Was sagt uns das, Goldi?"
"Das sagt uns, dass Bauleiter Murksel wohl in Urlaub gewesen ist."
"Da- das kann ich mir alles nicht vorstellen", stammelte Murksel, "da muss etwas schiefgegangen sein."
"Aber, aber, mein lieber Bauleiter, Sie haben doch sozusagen vor unserer Abfahrt genaue Instruktionen, wenn ich mich richtig an ihre Worte zu erinnern pflege, gewissermaßen erteilt, die einen korrekten Arbeitsablauf ermöglichten. War es nicht so, mein lieber Murksel?"
Der Bauleiter nickte stumm und knabberte an seinem Stück Kuchen.
"Hauptsache, mein Dach leckt nicht mehr!" rief Fräulein Minzie, "Sie hatten gesagt, Sie kommen am nächsten Tag. Das war vor 4 Monaten!"
Der Bauleiter nickte stumm und knabberte weiter an seinem Kuchen.
"Der Chef wollte ja auch kommen, doch dann kam ein Anruf, dass bei den städtischen Gaswerken ein Leck war, und da hat er gemeint, dass da mehr zu verdienen ist, und dann hat er..."
"Tuffi!"
"OK, Chef, alles klar. Ich wollte ja nur..."
"Ohm, vielleicht sollten wir nun zum 1. Tagespunkt kommen", unterbrach der Bürgermeister die peinliche Situation. "Wir brauchen eine Dings, äh, Unterkunft für den Lord und diesen McClown. Ich erwarte Vorschläge, meine lieben Hamsterfreunde!"
"Ich habe eine große Dingsunterkunft, " sagte Dodo.
"Ach hör auf, Dodo", meinte Flecki kopfschüttelnd, die beiden Riesen passen da doch niemals rein. Nach der letzten Fressparty hattest sogar du Schwierigkeiten, durch zu Haustür zu kömmen."
"Und wenn ich im Flur schlafe?"
Flecki schüttelte erneut den Kopf. "Ich sehe das sowieso nicht ein, warum sollen die nicht draußen schlafen? Schließlich mussten wir auch oft draußen schlafen!"
Nun folgte ein ausführliche Diskussion, und nach einer halben Stunde wüster Prügeleien und lautem Geschrei wurde über den ersten Tagesordnungspunkt abgestimmt. Die Abstimmung ergab im einzelnen:
1. Die sollen gefälligst am Strand pennen (8 Stimmen)
2. Wir stellen ein großes Zelt auf (2 Stimmen)
3. Wir sprengen ein Hotel in einen Felsen (1 Stimme)
4. Sie sollen bei Dodo übernachten (1 Stimme)
"Nun, öhm, da dieses Problem zu aller Zufriedenheit gelöst ist, sollten wir nun zum zweiten Tagesordnungspunkt..."
"Zu aller Zufriedenheit, Bürgermeister? Hast du das schon dem Lord mitgeteilt?"
"Nun, öh, liebe Flecki, da ist Diplomatie gefragt, und für das Projekt 'Pleasure Dome' sollte nichts unversucht bleiben, gemacht zu werden. Also, öhm, ich werde dann mit dem Butler sprechen."
Der Bürgermeister watschelte zur Tür. Zu aller Erleichterung hatte der strömende Regen aufgehört, und die Sonne schickte ihre wärmenden Strahlen auf Hamsterhausen hinunter. Nach einigen Minuten kam er mit hochrotem Kopf zurück. "Er ist, ähem, einverstanden."
"Und was hat er genau gesagt?" fragten Dasie und Sasie im Chor. Alle spitzen nun die Ohren, während der Bürgermeister verlegen im Türrahmen stand und mit der linken Pfote auf den Boden tippte. Dann brüllte er los: "Dieser alte Shredder-Sack hat gesagt, dass dieser komische, mopsige Hamster mit seiner Tippelpfote zusehen soll, dass es endlich losgeht!"
Grinsend stiegen die Hamster wieder in ihren Wagen, nachdem sie sich für Unterkunft und Kuchen bei Fräulein Minzie bedankt hatten, und Goldi gab Gas. Schon an der nächsten Kreuzung krachte es. Man brauchte kein Bauleiter oder Kfz-Mechaniker zu sein um zu erkennen, dass der Wagen nicht mehr zu gebrauchen war.
"Aber ich hatte doch freie Fahrt", sagte Goldi, und seine großen Knopfaugen blickten traurig auf den zerschmetterten Wagen, nachdem alle stöhnend aus dem Fahrzeug herausgekrochen waren. "Ich hatte auch freie Fahrt", ertönte eine matte Stimme aus dem rot-gelben Fahrzeug, mit dem sie mitten auf der Kreuzung zusammengestoßen waren. Der Bauleiter, der das gehört hatte, schüttelte den Kopf, ging zu dem Fahrzeug und rief:
"Wieso können beide Autos freie Fahrt haben?"
"Ach, das geht schon seit ein paar Tagen so", keuchte die Stimme aus dem rot-gelben Auto, "seitdem die Ampel abgeschaltet sind."
"Abgeschaltet?"
"Ja, weil es keinen Strom mehr gibt."
"Es gibt keinen Strom mehr?"
"Naja, bis auf eine Ausnahme. Es gibt übrigens auch kein Wasser, keine Schule, keine Verkehrspolizei, kein Fernsehen und nichts zu essen, weil die Geschäfte geschlossen haben..."
"Was ist hier los? Und was ist das für eine Ausnahme?" brüllte Bauleiter Murksel in das Schrottauto hinein.
"Die Ausnahme ist der Vergnügungspark, der hat Strom. Ansonsten arbeitet keiner mehr. Alle sind zum Karussellfahren und haben frei genommen."
"Ga- ga- ganz Hamsterhausen hat frei?" keuchte der Bürgermeister, der nun neben dem kaputten Wagen stand und kreidebleich geworden war.
"Genau. In der gesamten Stadt arbeitet schon seit Tagen niemand mehr", tönte es aus dem Fahrzeugwrack.
"Wir müssen sofort nach dem Rechten sehen, Leute", grölte Murksel. "Los kommt, wir gehen zu Fuß weiter!"
Die Hamster waren nur wenige Schritte gelaufen, da ertönte noch einmal die matte Stimme aus dem zerschmetterten rot-gelben Schrotthaufen:
"Falls ihr noch einen Moment Zeit habt, könntet ihr mich dann bitte hier rausholen? Es ist so ungemütlich hier drin."
"McClown, sollten Sie irgend eine Idee oder auch nur die entfernteste Vorstellung haben, was hier abgeht, dann lassen Sie es mich bitte sofort wissen, ja?"
"Nun, Sir, wir sind in Hamsterhausen, und da sind die Dinge ein klein wenig anders als bei uns."
Dann folgten sie den Hamstern und setzten ihren Weg zum Marktplatz von Hamsterhausen fort.
Kapitel 37
Der Pleasure Dome
"Sag mal, Bürgermeister, findest du das eine gute Idee, wenn wir die beiden jetzt in die Innenstadt schleppen? Wir sollten erst einmal alles vorbereiten, damit das keine Panik gibt."
Der Bürgermeister bliebt stehen und überdachte Fleckis Vorschlag. Nach einer Weile drehte er sich zu den beiden Männern um und tippelte auf McClown zu.
"Öhm, meine sehr verehrten Herren, in meiner Eigenschaft als Bürgermeister Hamsterhausens schlage ich vor, unter den gegebenen Umständen Sie zu bitten, sich zunächst in unseren, ähm, Empfangsraum zu begeben. Der Dings, äh, der Strand befindet sich nicht weit von hier. Aus Sicherheitsgründen, wenn Sie verstehen..."
"Was will der Mops, McClown?"
"Nun Sir, er sagt, dass wir es uns erstmal am Strand gemütlich machen sollen."
"Fragen Sie ihn nach meiner Münze, ich bin schließlich nicht zum Baden hergekommen!"
Der Butler beugte sich zu dem Hamster hinunter und sprach mit ihm. Nachdem der Bürgermeister mit vielen Worten erklärt hatte, dass er sich sofort persönlich darum kümmern würde, und nachdem er zweimal umgefallen war, weil er beim auf-dem-Boden-tippen mit seiner linken Pfote das Gleichgewicht verloren hatte, wurden McClown und McShredder zum Strand von Hamsterhausen geführt.
Der Lord sah sich missmutig um und setzte sich in den Sand. "Wir werden verrecken wie die Ratten, McClown, ein guter Butler hätte an Essen gedacht!"
"Nun, Sir, zum Glück bin ich das", grinste der Butler spöttisch und öffnete einen der Koffer. "Belegte Brote aus dem 'Blue Riband', Sir, schließlich gab es die ja umsonst."
Die Hamster waren unterdessen weiter in Richtung Marktplatz gegangen. Alle waren sehr aufgeregt, besonders Bauleiter Murksel konnte es nicht erwarten, zu sehen, was sich in seiner Abwesenheit getan hatte. Besonders ungewöhnlich war die Tatsache, dass niemand auf den Straßen zu sehen war; alles schien wie ausgestorben zu sein. Das sollte sich jedoch schnell ändern, denn als sich die Reisetruppe dem Marktplatz näherte, war schon von weitem Lärm zu hören. Musik und Gejohle, wie deutlich zu hören war. Mit vor Aufregung heftig klopfenden Herzen rannten die heimkehrenden Hamster, bis sie den Markplatz erreicht hatten. Dann blieben sie stehen und starrten auf das, was sich vor ihren Augen abbspielte.
Markt- und Rathausplatz waren überfüllt mit Hamstern. Zur linken Seite waren mehrere kleine Fressbuden zu erkennen; der leckere Geruch, der aus dieser Richtung kam, ließ gewissen Hamstern das Wasser im Munde zusammenlaufen. Aus einer kleinen Bude direkt vor ihnen waren Schüsse zu hören. Rechts daneben befand sich ein riesiges Gebäude mit mehreren Balkons, auf denen gefährlich aussehende Katzen aus Pappe standen, die fauchend ihre Pfoten hin- und herbewegten. Eine Tür, die auf den Balkon führte, öffnete sich, und ein Wagen mit kreischenden Hamstern fuhr um die fauchende Katze herum und verschwand wieder durch eine Klapptür. Neben dieser Geisterbahn befand sich ein riesiger Springbrunnen, doch das, was die staunenden Hamster am meisten in Aufregung versetzte, waren die beiden riesigen Konstruktionen in der Mitte des Marktplatzes. Das eine war ein hoher Turm, in dem mehrere Hamster angeschnallt auf Sitzen befestigt waren und katapultartig unter lautem Kreischen in die Luft befördert wurden. Das andere war das dahinter befindliche Karussell, in dem nicht minder kreischende Hamster ihre Runden drehten.
"Die Mondrakete und und der Turbo-Kreisel!" grölte Goldi begeistert.
"Gebackene Sonnenblumenkerne", rief Dodo.
"Ein riesiger Springbrunnen!" kreischte Sasie begeistert.
"Die Ga- ga- ga- Geisterbahn", keuchte der Bürgermeister.
"Plüsch- und Plunderbuden", frohlockte Flecki, "und dahinten sind die Grünanlagen!"
"Ein Schießstand", staunte Trampel.
"Nicht schlecht, was die auf die Beine gestellt haben, was, Herr Bauleiter?" trompetete Tuffi und klatschte begeistert mit ihren kleinen Pfoten.
Bauleiter Murksel stand mit weit geöffneten Augen da, sagte kein Wort und beobachtete, wie ein torkelnder Hamster vom Karussell weggetragen wurde.
"Das ist Mamsi", erklärte Tuffi. "Sie fährt so gerne Karussell, doch leider kann sie es nicht besonders gut ab."
In diesem Moment brachen Jubelschreie aus, als die daheimgebliebenen Hamster ihre zurückgekehrten Freunde entdeckten.
"Herr Bürgermeister, Herr Bürgermeister!"
"Öhm, ja, äh, Nafti?"
Nafti, ein kleines Hamstermädchen, stand völig atemlos vor dem Bürgermeister. Als eine der Rathausassistentinnen war sie mit der Aufgabe der Durchführung der Planungen beauftragt worden. Zweifellos war es ihr recht gut gelungen, wie man auf den ersten Blick sehen konnte.
"Herr Bürgermeister, Sie müssen unbedingt die Eröffnungsrede halten. Es hat sich leider viel zu schnell herumgesprochen, dass die Fertigstellung des Vergnügungsparks..."
"Pleasure Dings, äh, Dome, mein Kind, das heißt Pleasure Dome!"
"...dass der Pleasure Dome bereits geöffnet ist. Die Delegationen von Hamstercity, Hamsterhusen und so weiter sind bereits auf dem Weg hierher und...."
"Öh, äh, jemand muss sofort den alten Sack, äh, den Lord holen, damit das McShredder-Monster da ist!"
"Wo sind die denn jetzt?"
"Äh, Dings, äh, Hamstilidamst und Trampel, lauft schnell los und holt die beiden!"
Wahrend sich die beiden Hamster auf den Weg machten, Lord McShredder zu holen, hatte sich Bauleiter Murksel aus seiner Starre gelöst und deutete auf den riesigen Springbrunnen, der nicht weit entfernt von ihnen stand und riesige Wasserfontänen in die Luft spie.
"Was ist das?"
"Das haben wir nach der Bauanleitung gebaut, Chef", rief Purzel und rückte den Bleistift gerade, den er hinter seinem rechten Ohr trug. "Hier, schau mal, wir haben uns genau an die Vorgaben gehalten!"
Murksel nahm die Papierrolle, die Purzel ihm hinhielt, warf einen Blick darauf und bekam einen roten Kopf.
"Ihr schwachsinnigen Torfköppe, ihr habt die Bauzeichnung auf den Kopf gestellt, das sollte doch eine Wasserbahn werden!"
"Aber die Fressburger sind dafür lecker!" rief Goldi kauend und hielt sie dem Bauleiter hin. "Guck mal, ich habe den ersten Preis beim Schießen gewonnen - einen Dodoburger."
"Dodoburger?"
"Ja, Dodoburger, richtig schön saftig und fett. Übrigens, Bauleiter, der zweite und der dritte Preis ist fast genauso dick."
Murksel glotzte Goldi fragend an.
"Der zweite Preis", fuhr Goldi fort, "ist der Bürgermeisterburger, und der dritte Preis der Murkselburger, das sind leckere Fettklopse."
"Goldi und Flecki, da seid ihr ja wieder!"
"Dabi?" rief Flecki erstaunt. "Was machst du denn hier?"
"Je, nun, das darf ich eigentlich nicht verraten, aber da ihr nun mal hier seid... Euer Bürgermeister hat uns eingeladen."
"Jetzt schon?"
"Jedenfalls hat Balthasar die ganze Sache als dringende Chefsache unter strikter Geheimhaltung erklärt, nachdem euer Bürgermeister gesagt hatte, dass ihr in einer dringenden Mission unterwegs wart. Er sagte weiterhin, dass ihr mittels eines privaten Hochgeschwindigkeitsfahrzeugs, das er eigens besorgt hatte, ein Monster fangen wolltet. Er meinte, dass er sicher sei, die Sache in kurzer Zeit abzuschließen. Deshalb sind wir schon am übernächsten Tag mit Hamsterairlines hierhergeflogen."
"Aha", grinste Flecki spöttisch. "Dringende Mission, eigens besorgtes Hochgeschwindigkeitsfahrzeug, in kurzer Zeit ein Monster fangen. Der Bürgermeister ist so was von hohl.... Aber sag mal, Dabi, da wir von hohl sprechen, wo steckt denn dein Chef überhaupt. Oder ist das geheim?"
Nun grinste Dabi. "Nein, überhaupt nicht geheim, eher peinlich und dämlich. Nachdem mir der Kerl die letzten Tage mit seinen Sonderwünschen auf die Nerven gegangen ist, habe ich ihm einen Job im Rathaus verpasst."
"Im Rathaus?" riefen Goldi und Flecki verwundert.
"Je, nun, ich habe einen Schreibtisch und einen Sessel in den Fahrstuhl gestellt und habe ihm gesagt, das sei sein neues Arbeitszimmer. Er war begeistert. Jetzt fährt er den ganzen Tag rauf und runter, und jedes Mal, wenn die Tür aufgeht und jemand den Fahrstuhl betritt, fragt er: 'Haben Sie sich schon einen Termin bei meiner Sekretärin besorgt?'"
Die drei Hamster keckerten laut, als sich der Bürgermeister näherte.
"Äh, Fräulein Dings-Dabi, wie schön, Sie zu sehen! Bitte holen Sie doch meinen Bruder, den Präsidenten. Die Ansage, öhm, Ansprache wird in wenigen Minuten stattfinden."
"Gerne", brüllte Dabi zurück, denn der Lärm der sich nähernden Fahrzeuge aus den Hamstischen Nachbarländern hatte in den letzten Minuten erheblich zugenommen. "Der dürfte zur Zeit irgendwo zwischen dem 10. und 12. Stock stecken. Dort arbeitet er um diese Zeit gewöhnlich!"
"Gut, äh, Dings-Dodo", rief der aufgeregte Bürgermeister, "lauf doch eben mal zum Rathaus und hole meinen Bruder Balthasar herunter!"
"Ist gut, Herr Bürgermeister", entgegnete Dodo und verschwand Richtung Rathaus.
Öhm, Fräulein Nafti, gibt es irgendwelche Neuigkeiten oder Umfragen, ich, öhm, meine, weil ich so lange fort war, wenn Sie verstehen“, fragte der immer nervöser werdende Bürgermeister.
Nafti holte einen Notizblock hervor und blätterte. "Nein, nichts Besonderes, außer einer kürzlich erfolgten Umfrage des Verkehrsministeriums. Es wurde versucht, herauszufinden, ob die hamsterhausener Bürger aufgeschlossen gegenüber Touristen sind."
"Und?"
"Nun", entgegnete Naft, "bei der kürzlich erfolgten Umfrage: "Finden Sie, dass wir Hamster in Hamsterhausen freundlich und aufgeschlossen sind?" antworteten 71 Prozent mit 'Ja' und 29 Prozent mit 'Halt's Maul!"
"Öhm, ja, sehr schön. Danke", brummte der Bürgermeister geistesabwesend und wandte sich Dodo zu, der sich mit traurigem Blick näherte.
"Nun, ist mein Bruder bereit, Dodo?"
"Naja, nicht so richtig, ich meine, er muss sich noch ein wenig erholen."
"Erholen? Jetzt?"
"Ja, Bürgermeister, es war ganz schön laut, als der Fahrstuhl herunterkam, aber die HAMFE meint, dass er wohl in ein paar Tagen aus dem Krankenhaus entlassen wird, denn..."
"Der Bürgermeister drehte sich kopfschüttelnd um und vergrub sein Gesicht in seine Pfoten.
"Er hat tatsächlich den Fahrstuhl heruntergeholt", staunte Flecki.
"Genial", grölte Goldi. "Dodo macht eben keine halben Sachen!"
"Tja, heute flott und morgen Schrott", ergänzte Dabi grinsend.
"Wie lautet ein altes Hamstisches Sprichwort?" lachte Flecki. "Es macht nichts, wenn etwas schiefgeht. Hauptsache, du findest einen, der schuld ist."
"Aber das habe ich doch nicht gewollt", heulte Dodo.
Dabi klopfte ihm aufmunternd aufs Fell. "Aber das ist doch nicht so schlimm, Dodo. Hauptsache, ansonsten ist niemanden etwas passiert."
"Vielleicht ist es nicht schlecht", warf Nafti aufgeregt ein, "wenn unsere Gäste auch einmal die Gelegenheit haben, unsere vielfältigen medizinischen Einrichtungen zu bewundern."
"Aber was macht ihr denn ohne diesen Balthasar?" fragte Dodo mit immer noch traurigem Gesicht. "Ich meine, wenn keiner eure geheimen Abteilungen mehr leitet?"
Dabi grinste und entgegnete: "Wer glaubt, daß ein Abteilungsleiter eine Abteilung leiten kann, glaubt sicher auch, dass ein Zitronenfalter Zitronen falten kann."
Inzwischen waren die Delegationen der umliegenden Hamsterländer samt Begleitung eingetroffen. Von allen Seiten ertönten nun die 'Negnafna, negnafna!'0-Rufe der ungeduldigen Besucher, denn der Marktplatz war zum Bersten mit ungeduldigen Hamstern gefüllt. Der Bürgermeister hatte sich inzwischen zu dem großen Podium begeben, wo er zusammen mit Bauleiter Murksel, Dasie, Tuffi, Tati, Teeblättchen, Goldi, Sasie, Flecki und Dodo den tosenden Beifall der Zuschauer entgegennahm. Das Podium war wunderschön geschmückt worden, und überall standen Körbe mit frischem Obst und Schalen mit Sonnenblumenkernen.
"Liebe Bürger Hamsterhausens", begann der Bürgermeister, räusperte sich und wollte fortfahren, als Tuffi ihn auf die Schulter tippte.
"Nicht jetzt, Tuffi", zischte der Bürgermeister verärgert.
"Herr Bürgermeister?"
"Was ist denn, Tuffi?"
"Herr Bürgermeister, Sie sprechen mit einer Honigmelone. Das Mikrophon ist das große Ding da drüben!"
"Öhm, ja, äh, danke", keuchte der Bürgermeister und bewegte sich mit einem verlegenen Lächeln ein Stück nach links.
"Öhm, meine lieben Bürger-Dingse Hamsterhausens..."
"Jetzt sabbelt er mit einer Gurke", stöhnte Flecki während Tuffi unter dem Gelächter der Zuschauer ihn erneut auf seinen Fehler aufmerksam machte.
Mit knallrotem Kopf stand der Bürgermeister nun völlig durcheinander vor dem johlenden Publikum und sprang kreischend zu Seite, als sich plötzlich der Himmel verdunkelte. Das Johlen verstummte, als zugleich Hamstilidamst und Trampel auf das Podium kletterten, und zwei Menschen vor dem Pleasure Dome standen: Lord McShredder und sein Butler McClown.
"Sind wir nun da, McClown?" ertönte eine krächzende Stimme, die die Hamster vor Schreck erzittern ließ.
"Nun, Sir, es sieht so aus. Da vorne scheint die Geisterbahn zu sein, wenn Sie sich also etwas kleiner machen würden..."
"Ein Lord macht sich niemals klein, merken Sie sich das, McClown! Lassen Sie sich etwas Anderes einfallen!"
"Nun, dann halte ich es für sinnvoll, Sir", grinste McClown, "wenn Sie sich einfach hinter die Geisterbahn legen und hin und wieder 'Buh' machen."
"Ein Lord legt sich nicht einfach hin, McClown!"
"Schade, Sir, dann wird es wohl nichts mit der seltenen Shu-Münze!"
"Wo, sagten Sie, ist die Geisterbahn, McClown?"
Während der Lord es sich nun äußerst schlecht gelaunt hinter der Geisterbahn gemütlich machte, hatte Nafti geistesgegenwärtig das Mikrophon genommen und rief: "Liebe Freunde und Besucher, hier ist es: das McShredder-Monster!" Sie wollte das Mikrophon an den Bürgermeister weiterreichen, doch der war unglücklicherweise in die Weintrauben gefallen und hielt krampfhaft eine Banane in der Hand, der er gerade einige interessante Dinge erzählte.
"Hierher bitte, Herr Bürgermeister", zischte ihm Nafti zu, während Dodo ihm beim Aufstehen half.
Der Bürgermeister wirkte immer noch völlig verwirrt und machte keine Anstalten, auf Nafti und das Mikrophon zuzugehen.
"Schnell, Dodo", rief Nafti, "schiebe den Herrn Bürgermeister zu mir rüber!"
Kurz darauf krachte es laut, und Nafti puzelte samt Bürgermeister über die Brüstung des Podiums in die vor Freude grölende Menge. Es dauerte eine Weile, bis es den hamstischen Sicherheitsteams, die das Podium absichern sollten, gelungen war, den Bürgermeister wieder auf die Bühne zu schieben. Endlich war es geschafft, und sämtliche 12 Hamster, die die aufregende Reise nach Schottland mitgemacht hatten, standen nun vor der jubelnden Menge. Alle genossen den Beifall und waren unendlich stolz in diesem Moment. Zumindest fast alle, denn der Bürgermeister stand mit völlig verwirrtem Blick da und starrte ungläubig auf das Mikrophon in seiner Pfote. Es war Bauleiter Murksel, der sich neben ihn stellte und ihm zuflüsterte: "Nun sagen Sie schon etwas, die Leute warten!"
Der Bürgermeister schien zunächst nichts verstanden zu haben, doch dann grinste er mit wirrem Blick in die Menge, schnupperte kurz am Mikrophon, leckte genüßlich daran und rief: "Wir nehmen den Wagen...!"
"Ich kann nicht mehr", keuchte Flecki, "das ist ja sowas von oberpeinlich!"
"Der Mann ist genial", grölte Goldi, "der hat ein Gefühl für feinsinnige Ansprachen!"
"Wir sollten uns was einfallen lassen", stammelte Bauleiter Murksel.
"Ach ja, und was, bitte schön?" riefen Sasie, Dasie, Tati und Teeblättchen im Chor.
"Natürlich den Wagen nehmen, was, Bauleiter? Los Dodo, schieb die beiden mal in den Turbokreisel!" rief Goldi entzückt, und Dodo schob den protestierenden Bauleiter samt verwirrten Bürgermeister in einen der Wagen des Turbokreisels. Ein Assistenzhamster des Reparaturteams verriegelte den Wagen mit einem Sicherheitsbügel. Dann gab er ein Zeichen und der Wagen setzte sich in Bewegung. Die Menge auf dem Marktplatz war nicht nicht mehr zu halten, und alles jubelte und grölte durcheinander, als Bürgermeister und Bauleiter sich immer schneller und höher im Kreise drehten. "Haben Sie irgendwo mein Mikrophon gesehen, mein lieber Bauleiter?" fragte der Bürgermeister mit wirrem Blick. "Vielleicht sollte ich ein paar beruhigende Worte sprechen, irgendwie scheinen alle etwas durcheinander zu sein. Sehen Sie mal, wie die alle herumrasen!" Der Bauleiter glotzte verständnislos zurück. "Was mich viel mehr beunruhigt, ist die Tatsache, dass diese Idioten für die Absicherung der Sperre des Sicherheitsbügels 32er Schrauben genommen haben. Jeder Blödmann weiß doch, dass die nichts taugen!" Der Bauleiter fummelte an der Schraube herum. "Sehen Sie mal, die lässt sich ganz leicht herausdrehen!"
Der Bürgermeister drehte kurz den Kopf herum. glotzte auf die vorbeirasende Umgebung und seufzte mit glücklichem Gesichtsausdruck: "Ach, mein lieber Bauleiter, Sie sind einfach viel zu misstrauisch. Ich jedenfalls habe volles Vertrauen in meine Hamster, auch wenn sie jetzt alle ein wenig durchgedreht sind."
"Vertrauen? In diese Luschen? Hah, sehen Sie doch, Bürgermeister, eine Drehung nach links, und schon ist die Sperre gelöst!"
Was danach folgte, ist bis heute durch die hamstische Untersuchungskommission nie ganz geklärt worden. Jedenfalls flogen Bauleiter und Bürgermeister unter frenetischem Beifall und Jubel der Zuschauer aus dem Turbokreisel heraus und landeten einige Hundert Meter entfernt im städtischen Dorfteich, der praktischerweise nicht weit entfernt vom Allgemeinen Hamstischen Krankenhaus entfernt liegt. Die Feier wurde daraufhin für wenige Minuten unterbrochen und anschließend für die nächsten Wochen wieder aufgenommen. Lord McShredder erhielt von Flecki noch am selben Abend die wertvolle japanische Shu-Münze und kehrte mit Frido McClown zur Raststätte zurück. Es dauerte eine Weile, bis wie versprochen Vim van der Slampe mit seinem Lkw erschien und beide mit nach Amsterdam nahm. Dort bestiegen Lord und Butler die nächste Fähre nach Newcastle, wobei es dem Lord gelang, sich mit dem gesamten Personal des Schiffes anzulegen und allen eine unvergessliche Überfahrt bescherte. Von Newcastle aus schlugen sie sich bis Edinburgh durch und besuchten die Bank of Scotland, wo der Lord seine seltene Münze in einem Tresor verschließen ließ und zugleich eine beträchtliche Menge an Geld abhob, um ein neues Schloss zu kaufen. George war es übrigens tatsächlich gelungen, die Pferde ihrem Besitzer zurückzubringen, allerdings hatte er fünf ganze Tage dafür gebraucht. Kaum war er wieder zu Hause, da meldete sich Lord McShredder bei ihm und wies ihn an, sofort zum Kings House Hotel zu kommen, um dort solange mit ihm und McClown zu wohnen, bis sie ein passendes Schloss gefunden hatten. Lisa McGyer war natürlich entzückt über diese Tatsache, mal abgesehen davon, dass der Lord ebenfalls anwesend war.
Vim van der Slampe hatte tatsächlich in Ruud Kloetsack einen neuen, treuen Freund gewonnen und war froh, endlich in Frieden leben zu können. Und Finnegan McDudle? Nun, der wurde von seiner Frau wieder aufgenommen, allerdings erst, nachdem er dem Saufen abgeschworen hatte. Danach hatte er sich selbstständig gemacht und arbeitet jetzt als Fremdenführer für Abenteuerreisen.
Die Hamster jedoch feierten die größte Party, die es je in Hamsterhausen gegeben hatte und das zu Recht. Hatten sie doch wieder einmal der ganzen Welt gezeigt, dass nichts und niemand Hamster aufhalten kann, und dass hamstische Intelligenz eben unschlagbar ist.
EDNE
